Das Beste aus 40 Jahren
unbegründeten Beschuldigung. „Was soll das heißen?“
„Ich glaube, das weißt du.“ Ihre Freude, ihn wiederzusehen, war vergangen. „Ich kann mir nicht denken …“
„Ach, warum denken wir überhaupt“, rief er, zog Nina an sich und küsste sie, bis ihr der Atem ausging. Zuerst wollte sie sich gegen seine ungestüme Umarmung zur Wehr setzen, denn sie war wirklich ärgerlich. Dann stieg die wohlbekannte Wärme in ihr auf und erfüllte sie ganz. Sie hob sich auf die Zehenspitzen und erwiderte seinen Kuss, die Arme um seinen Hals.
„Alles wieder gut?“, fragte er zärtlich. „Hör mal, ich glaube, wir hatten unseren ersten Streit.“ Er lachte und hielt sie in seinen Armen fest.
„Den ersten?“, sagte sie zweifelnd.
„Die geschäftlichen Auseinandersetzungen waren etwas anderes“, tat er ihren Einwand ab. „Da wusste ich noch nicht, was du mir bedeutest.“
Das wusste sie zwar immer noch nicht, aber sie wollte es auch gar nicht ergründen – jedenfalls nicht jetzt, denn das Geräusch des Fahrstuhls kündigte an, dass Tracy und Jason auf dem Weg nach oben waren.
„Sei nicht nervös“, sagte Adrian, als er ihre Unruhe bemerkte. „Es wird alles großartig klappen.“ Beide gingen zum Lift, um die Gäste zu begrüßen.
Jason Dillman, ein gut aussehender Mann mit braunen Augen, konnte seine Überraschung, Nina hier vorzufinden, kaum unterdrücken. Das bedeutete, dass Adrian ihm nicht mitgeteilt hatte, dass er sie heute hier treffen würde. Gleich darauf musste Nina staunen über die außergewöhnliche Art, wie Adrian sie seinen Gästen vorstellte.
„Jason, du kennst Nina Faulkner. Das ist meine Schwester Tracy. Tracy, das ist meine Tischdame und – eine sehr vertraute Freundin.“
Betroffen sah sie zu ihm auf. Sein Arm lag besitzergreifend um ihre Schultern, so als wollte er aller Welt zeigen: Sie gehört mir, ich bin ihr Liebhaber. Dabei hatte er sich vor zwei Tagen geweigert, es zu werden.
6. KAPITEL
Nina spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg, als sie nach dieser Vorstellung die neugierigen Blicke von Tracy und Jason bemerkte. Jasons Miene war zudem deutlich sarkastisch. Nina versuchte, an ihm vorbeizuschauen.
Adrian hatte den Eindruck vermittelt, Nina sei seine neueste Eroberung. Sie fand die Art, wie er ihre Verbindung vor dem Ehepaar Dillman darstellte, nicht gerade taktvoll.
Sie nahm das Glas, das Adrian ihr reichte, wandte sich aber sofort an Tracy. Die Geschwister waren sich sehr ähnlich. Beide hatten schwarzes Haar und intensiv blaue Augen. Nur die Härte, die manchmal in Adrians Zügen lag, war bei Tracy nicht vorhanden, sie wirkte sanft.
Nina hatte täglich mit blendend aussehenden eleganten Frauen zu tun – jede war wie eine Schönheitskönigin. Auch Judith gehörte zu ihnen. Aber Tracy Dillman war von durchsichtiger Schönheit, beinahe unwirklich. Nina beobachtete sie, wie sie mit ihrem Bruder sprach. Jede Bewegung war von vollendeter Anmut, ihr Lachen wohlklingend.
Es gab Augenblicke, in denen Tracy sehr jung wirkte, dann war sie wieder ganz ernst. Ihre Frische, ihr lebhaftes Mienenspiel zeigten, wie unverdorben sie war.
Wie war es möglich, dass Jason sich nach anderen Frauen umsah, warum hatte er mit Judith ein Verhältnis? Tracy betete ihren Mann doch offensichtlich an. Ab und zu berührte sie ihn oder streichelte ihn. Warum war er ihr nicht treu?
Wenn Adrian etwas zu seinem Schwager sagte, konnte Nina erkennen, dass er die gleichen Gedanken wie sie hatte. Jason schien allerdings von alldem nichts zu merken oder nichts merken zu wollen. Er trank viel und schnell.
Bruder und Schwester unterhielten sich lebhaft. Auch Tracy schien die gespannte Atmosphäre nicht zu bemerken.
„Ich hatte ja keine Ahnung, dass Sie es auf den Chef der Firma abgesehen haben“, hörte sie neben sich Jasons Stimme.
Nina fuhr herum.
Jason saß auf einer Sessellehne und trank. Adrian und Tracy befanden sich am anderen Ende des Zimmers und waren mit Schallplatten beschäftigt.
Nina war es gewöhnt, ihre Gefühle im Zaum zu halten, und sah Jason kühl an. „Was meinten Sie?“
„Ich meinte Adrian, den großen Boss der Thornton Cosmetics. Mit mir wären Sie weiter gekommen, Nina“, lächelte er spöttisch. „Adrian vergibt für private Beziehungen keine Aufträge.“ Jason ließ sich von ihrer Zurückhaltung nicht beeindrucken. „Während ich …“
„Ihre Geschäftspraktiken kenne ich sehr gut“, sagte sie kühl. „Adrian übrigens auch.“
Jason blieb unbekümmert
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