Das bisschen Haushalt
Sandkasten. Töchterlein hat offenbar den Streit angezettelt und ich muss schlichten, was nur dadurch gelingt, dass ich Rebecca in Schutzhaft nehme und zu mir auf den Schoß setze.
Indessen werden die Kontrahenten von ihren Müttern mit Butterkeksen, Gummibärchen, Milchschnitten und ungeschälten Apfelschnitzen versorgt. Was habe ich zu bieten? Nichts. Nicht einmal einen Kaugummi habe ich dabei. Ich nehme mir vor, gleich morgen das Tupper-Vollsortiment zu bestellen und im Baumarkt eine 32-Liter-Kühlbox zu erstehen. Diese werde ich in Zukunft mit Apfelsaft, Karotten, Schokoriegeln und anderen Leckereien füllen - meinen Sprösslingen soll es an nichts fehlen! Für heute beschließe ich, nach Hause zu gehen, Carola müsste auch schon zu Hause sein. Hätte mir ja auch jemand mal sagen können, wie das auf dem Spielplatz so wirklich ist. Auf dem Heimweg summe ich leise vor mich hin: „Dass ich auf Knien meinem Schöpfer danken kann, wie gut ich’s habe als Hausmann!“
Mittwoch, 2. Juli
Tag zwei meines neuen Lebens beginne ich wie den ersten, nämlich mit einer Tasse Kaffee vor dem Computer. Bevor ich einen Artikel mit dem überaus reizvollen Thema „Umsetzung eines wertorientierten Steuerungskonzeptes für Zinsänderungsrisiken“ überarbeite, ergänze ich noch mein „Grundgesetz“ - einige neue Aspekte und Themen sind mir eingefallen, als ich gestern nicht einschlafen konnte.
Unser Grundgesetz, Ergänzungen von Papa am 2. Juli
• Wir diskutieren nicht mehr als zweimal wöchentlich über die Sinnhaftigkeit von Hausaufgaben.
• Wir kacken nicht in das Rosenbeet (gilt nur für Kater Don).
• Wir wischen uns Küsse von Oma und Großtante Elfriede nicht demonstrativ ab. Und wir machen dabei auch kein angewidertes Gesicht.
• Wir erzählen unseren Freunden nicht, dass Papa immer so viel pupsen muss, wenn er Sauerkraut gegessen hat.
• Wir antworten nicht: „So ein Mist“, wenn jemand zu uns sagt: „Bist du aber groß geworden.“
• Wir kommentieren Papas Kochkünste nicht mit den Worten: „Willst du uns vergiften?“
Der Vormittag vergeht viel zu schnell, aber diesmal schaffe ich es, rechtzeitig für Paul und mich einen Milchreis zu kochen und später pünktlich im Kindergarten aufzutauchen. Zu Hause erläutere ich Paul und Rebecca den Tagesplan für heute: Da der Kühlschrank, das Nudelfach und der Obstkorb leer sind, gehen wir zunächst zum Supermarkt. Danach werden die Hausaufgaben erledigt und anschließend ist „Freispielzeit“. Bevor ich mit dem Kochen anfange - das wird um 17:35 Uhr der Fall sein -üben wir noch Klavier.
„Hey, Dad, mach’ doch nicht so ’nen Stress!“, motzt Paul. „Ich mache keinen Stress, ich bringe jetzt Struktur in unsere Tage!“ „Papa, was ist Stugur?“ „Also, Rebecca, das ist, wenn alles nach einem festgelegten Plan passiert.“ „Aber ich will keinen Stugur.“ „Das heißt nicht Stugur, sondern Struktur. Und außerdem ist das nicht schlimm, sondern hilft uns, die Zeit vernünftig einzuteilen. So, und jetzt ab zum Auto, wir wollen einkaufen.“
Die Fahrt zum Supermarkt verbringen wir diskutierend über die Vorteilhaftigkeit durchstrukturierter Tage. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass a) Paul anderer Ansicht ist und b) Rebecca überhaupt nicht verstanden hat, was ich eigentlich meine. Das ist mir jetzt auch egal - die werden das noch kapieren.
Am Supermarkt angelangt, stelle ich fest, dass im Geldbeutel alle Münzsorten vertreten sind, nur kein 50-Cent-Stück, um den Einkaufswagen auszulösen. Klasse Auftakt. „Wartet ihr bitte hier, ich geh’ nur schnell wechseln.“ Was sich jedoch schwierig gestaltet, weil man, um an die Kassen zu gelangen, den ganzen Markt durchqueren muss. Bei Rückkehr zum Auto stelle ich fest, dass sich die beiden aus purer Langweile den Autoatlas geschnappt und die Übersichtskarten für das Rhein-Main-Gebiet mit Blumenwiesen- und Weltraummonster-Zeichnungen dekoriert haben. Ich lasse nie mehr einen Kuli im Auto liegen!
Wieso gibt es hier nur ein Kindereinkaufswagenauto? Gibt es nur Ein-Kind-Familien in Deutschland? „Ich will fahren!“ „Nein, ich!“ „Du spinnst wohl, ich bin der Ältere!“ „Du bist viel zu groß dafür!“ „Du alte Zicke!“
Beide quetschen sich auf den Sitz, was natürlich nicht geht. Ich zerre sie wieder heraus und verfüge, dass nun keiner fahren dürfe. Ich schiebe den Einkaufswagen durch die Eingangs-schiebetüre, links und rechts
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