Das Blut der Berge (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
Rogar winkte ab. "Im Dunkeln ist ihr Vorteil zu groß. Wir wissen nicht, wer sie sind und wie viele, kennen nicht ihre Absicht. Aber wir sollten diese Nacht sehr wachsam sein. Und morgen darüber nachdenken, ins Lager zurückzukehren." Gemans Gesicht spiegelte seine Enttäuschung über diese Anweisung wieder, aber er nickte und bereitete sich darauf vor, die erste Wache zu übernehmen.
Er hätte gern herausgefunden, welches Geheimnis die Sippe in den Bergen hütete. In seiner Gruppe gab es keine Händler. Sie suchten nur nach Dingen, die sie selbst gebrauchen konnten. Aber was auch immer das Geheimnis war, es musste wertvoll sein. Sie hielten es gut versteckt. Und vermutlich hatte es den Streit mit der anderen Sippe ausgelöst. Und wenn es für die Sippen wertvoll war, konnte seine Gruppe es sicher auch gut gebrauchen. Dann hatte es sich gelohnt, so lange zu warten. So lange an einem Ort zu verweilen. Und so viel Vorbereitung in einen einzigen Überfall zu stecken. Er wollte wissen, was es war. Aber sie waren schon misstrauisch. Sie hatten bemerkt, dass er sie verfolgte. Das passierte selten und er ärgerte sich über sich selbst. Er hatte nicht gut genug auf seine Bewegungen geachtet, hatte die Verfolgten und ihre Aufmerksamkeit unterschätzt. Sie waren nichts Besonderes, aber er hätte trotzdem besser aufpassen müssen. Nun musste er die Verfolgung abbrechen. Er musste zurück. Und er hatte das Gefühl, dass er sich beeilen sollte. Wenn sie Verdacht schöpften, war alles umsonst gewesen. Die vielen Tage des Wartens. Das würde ihm die Gruppe nicht verzeihen. Sie mussten noch diese Nacht zuschlagen. Alle Vorbereitungen waren getroffen, sie hätten jetzt sowieso nicht mehr lange gewartet. Er bewegte sich langsam und geräuschlos von seinem Beobachtungsposten weg, den Körper bis in den letzten Muskel angespannt und die beiden Männer am Feuer stets im Auge behaltend. Als der Abstand groß genug war, rannte er los. Er rannte durch die zunehmende Dunkelheit. Er hatte sich auf dem Hinweg alles genau eingeprägt und konnte jeden Umriss einordnen. Er würde sie rechtzeitig erreichen. Und dann würden sie der Sippe ihren Besitz entreißen so, wie sie es immer taten. Und auch ihr Geheimnis.
Kapitel 4 - Versöhnung
Irgendetwas stimmte nicht. Taro, der auf der Plattform vor Telgars Hüte lag, hob den Kopf und schnüffelte. Nichts. Es war mitten in der Nacht, sehr dunkel und sehr ruhig. Er sah sich um. In der hinteren Feuerstelle loderte nur noch eine kleine Flamme. Der Jäger, der vor einer Weile noch mit einer Fackel eine Runde durch das Lager gedreht hatte, war nicht zu sehen. Taro stand langsam auf und streckte sich. Er ging bis an den Rand der Plattform und blickte in alle Richtungen. Er spürte Anspannung, wusste aber nicht, woher sie kam. Sein Fell sträubte sich. Er lief unruhig zur anderen Seite der kleinen Plattform und schnüffelte erneut. Jetzt nahm er kurz eine Witterung auf. Menschen. Fremde Menschen? Er hatte sie wieder verloren. Angestrengt lauschte er in die Nacht. Plötzlich tauchte der Schein einer Fackel hinter der nächsten Hütte auf. Taro versteifte und entspannte sich sofort wieder. Es war der Jäger. Er war wieder auf einer Runde. Er würde sich sicher auch gleich um das ausgehende Feuer kümmern. Taro wollte sich gerade wieder hinlegen, als er erneut den fremden Geruch in die Nase bekam. Hinter dem Jäger sah er nun eine weitere Gestalt auftauchen. Lautlos und schnell näherte sie sich mit erhobener Waffe dem ahnungslosen Mann. Taro erkannte die Gefahr für sein Rudel und zögerte keinen Augenblick. Er stieß ein lautes und lang gezogenes Heulen aus, sprang mit einem Satz von der Plattform und raste auf den Angreifer zu.
Lassan zuckte kurz zusammen, als das Wolfsgeheul unmittelbar vor ihm erklang, reagierte dann aber sofort. Er drehte sich alarmiert in alle Richtungen und seine Fackel erhellte das wilde mit dunkler Erde bemalte Gesicht eines fremden Mannes. Der Mann, der mindestens einen Kopf größer als Lassan war und eine riesige Axt zum Schlag erhoben hatte, war offenbar selbst kurz erschrocken und in seinem Angriff erstarrt. Bevor einer der beiden Männer etwas tun konnte, hatte Taro den Gegner erreicht. Der Mann riss erstaunt die Augen auf, als ihm der große rote Wolf an die Kehle sprang. Er fiel gurgelnd nach hinten und ließ die Axt fallen. Mit beiden Händen umschloss er keuchend Taros Hals, doch Lassan trieb ihm seinen Speer tief in den Bauch.
Die meisten Sippenmitglieder waren bereits
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