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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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schneller. Und wusste der Himmel was nicht noch alles. Immerhin war er kein Mensch. Er war ein Lamia! Ebenso wie sein Zwilling. Wer die Unterschiede nicht kannte, hätte sie und ihresgleichen vielleicht als Vampire bezeichnet. Tatsache war: Lamia wurden wie normale Menschen geborenund machten meist um ihr zwanzigstes, fünfundzwanzigstes Lebensjahr den Wechsel zu einem richtigen Lamia durch, in dessen Anschluss sie sich nur noch von Blut ernährten. Vampire wurden von ihnen geschaffen – und standen in der Hierarchie ihrer Welt offenbar deutlich unter ihren Erschaffern.
    Ganz nebenbei gehörten Adrien und Julien zu den Vourdranj, jenen gefürchteten Killern, die für den Rat der Fürsten die Jäger und Henker spielten, wenn irgendeiner der übrigen Lamia und Vampire sich etwas zuschulden kommen ließ. Wenn er wollte, könnte er mir vermutlich mit einer Hand das Genick brechen, ohne dass ich es im ersten Augenblick überhaupt bemerkte. Er brauchte kein Kissen, um mich umzubringen. Wahrscheinlich rangierte das unter Fingerübung . Und trotzdem lag ich hier und atmete, war ich immer noch am Leben. Ich sollte Angst haben. Aber vielleicht war das in den letzten Wochen einfach ein bisschen zu viel für mich gewesen, denn seltsamerweise war da nur die dumpfe Frage Warum? – Warum hatte er mich töten wollen? Warum war ich noch am Leben? Und einmal mehr: Warum war er hier?
    Ob er bei mir im Raum war? Ich konnte es nicht sagen. Und selbst wenn, würde tot stellen mir nicht viel nützen. Lamia waren nicht nur schneller und stärker als Menschen, sie verfügten auch über die feinen Sinne von Raubtieren. Vermutlich hatte er gehört, dass mein Atem anders ging oder mein Herzschlag seinen Rhythmus beschleunigt hatte. Abgesehen davon hatte ich mich, seit ich zu mir gekommen war, garantiert unbewusst bewegt oder irgendwelche Laute von mir gegeben.
    Dennoch öffnete ich die Augen ziemlich zögerlich. Über mir war die Decke meines Zimmers. Dem Licht nach zu urteilen musste es später Nachmittag sein. Allzu lange war ich demnach wohl nicht bewusstlos gewesen. Es war still. Langsam wandte ich den Kopf. Adrien saß in meinemRattan-Schaukelstuhl und sah durch die Glastüren zum Balkon hinaus. Er schien mich überhaupt nicht zu beachten. Die dunkle Brille, die er in der Schule getragen hatte, baumelte an einem Bügel von seinem Finger. Ich lag wie erstarrt. Die Angst, auf die ich bis eben vergeblich gewartet hatte, war plötzlich da. Schnürte mir die Kehle zu, nahm mir den Atem und machte meine Hände feucht.
    Als er irgendwann zu mir hersah, erstarrte ich ein Stück mehr – sofern das überhaupt möglich war. Dieses Mal war ich mir sicher, dass ich mich weder bewegt noch einen Laut von mir gegeben hatte. Fühlte sich so ein Kaninchen im Angesicht einer Kobra? Doch sein Blick ruhte nicht auf mir, sondern auf meinem Nachttisch. Genauer gesagt auf meiner Ausgabe von Oscar Wildes Das Bildnis des Dorian Gray , die ich – nachdem ich heute Morgen an ihrer Stelle Melvilles Moby Dick in meine Tasche gestopft hatte – achtlos dort liegen gelassen hatte. Sehr, sehr vorsichtig wagte ich es, mich aufzusetzen.
    »Er hat ihr immer vorgelesen. – Dorian Gray war ihr Lieblingsbuch.« Seine Stimme klang, als würde er nicht mit mir sprechen. Ich krallte die Finger in meine Decke. Er, Julien, und ihr konnte nur Cathérine sein. »Poe, Dumas, Wilde, Dunsany, Stevenson, Verne, Zola, Hugo, Barrie … Sie lagen eigentlich jeden Abend vor dem Kamin im privaten Salon und er hat ihr vorgelesen. Und immer wieder hat sie um den Dorian Gray gebettelt. – Er war ihr Held, ihr Ritter in weißer Rüstung. Egal was sie angestellt hat, wenn er konnte, hat er sie jedes Mal rausgehauen und obendrein noch gedeckt.« Adrien schüttelte den Kopf, als könne er es nach all der Zeit noch immer nicht glauben. »Hat er dir gesagt, dass er es war, der sie gefunden hat? Am Seil? Mit gebrochenem Genick? Lass mich raten: Hat er nicht. Natürlich. – Sie hatte seit Wochen kein Wort mehr mit ihm gesprochen. An diesemTag wollten Freunde von der Résistance uns aus Marseille schmuggeln. Alles war vorbereitet. Sie war … seltsam. Schon seit Stunden. Hat Julien sogar die Hand an die Wange gelegt. Dann ist sie noch einmal auf den Dachboden. Sie wollte noch irgendetwas erledigen . Wir dachten, sie wolle sich von der Katze verabschieden, die sich dort oben versteckt hatte. Sie hat manchmal Stunden bei dem Tier verbracht. – Sie kam nicht zurück. Eigentlich wollte ich ihr

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