Das Blut-Haus
nickte nur.
Damit war die Sache erledigt. Mit einem schleimigen Lächeln auf den Lippen schlich der Pfarrer als erster davon. Die anderen Bewohner folgten ihm.
Manch einer warf noch einen neuen Blick auf das Grab, das sich ziemlich deutlich abzeichnete, weil der Lehm einen kleinen Hügel auf dem Rechteck bildete.
Zwei blieben zurück, und sie fühlten sich beide nicht wohl, was ihren Gesichtern anzusehen war. Sie sagten nichts. Erst als die letzten verschwunden waren, steckten sie ihre Köpfe zusammen und flüsterten miteinander.
Zu verschwinden, hatte keinen Sinn. Sie mußten einfach bleiben, so verlangte es der Brauch, auch wenn er ihnen persönlich überhaupt nicht gefiel.
»Die Nacht geht auch vorbei, Quinn.«
»Und dann?«
»Kann weiter am Friedhof gearbeitet werden.«
Quinn ging einige Schritte zur Seite. Er blieb dicht neben dem Hügel stehen und schaute auf dessen Oberfläche, die ihm, dunkler als die Nacht es war, entgegenwellte.
Der Himmel über ihnen sah aus, als hätte ihn jemand gezeichnet und dabei eine dunkelblaue Farbe genommen. Sterne waren zu sehen, ebenso der halbe Mond.
Es war nicht still in der Umgebung. Ein Großteil des Waldes stand noch, und er offenbarte sein nächtliches Leben.
Überall raschelte es, manchmal erklang ein schrilles Zirpen, wenn Mäuse über den Boden huschten und nach Nahrung suchten.
Ein Igel huschte über die Wiese und jagte einer Maus hinterher, die er noch erwischte.
Er fraß sie mit großem Appetit.
Die jungen Männer blieben nicht an einer Stelle stehen, das war ihnen zu langweilig.
Sie umrundeten das Grab, fühlten sich unwohl, sprachen kaum und merkten beide, wie lang die Zeit doch werden konnte, wenn man auf etwas Bestimmtes wartete.
Quinn merkte es als erster. Er hatte sich stets näher am Grab aufgehalten als sein Freund. Er blieb plötzlich stehen, als hätte er den Befehl bekommen, sich nicht von der Stelle zu rühren. Das fiel dem anderen auf, der an einem Baumstamm lehnte und gegen Quinns Rücken starrte. »Hast du was?«
»Ja — komm mal her.« Er winkte. Der Freund hörte Quinn schnüffeln, worüber er sich wunderte. »Riechst du es auch, George?«
»Nein.«
Quinn drehte ihm den Kopf zu. »Aber ich rieche es. Und wenn du es riechen willst, beuge dich vor und halte deine Nase über das Grab. Ist das klar, verdammt?«
»Ja, das ist klar.«
»Mach schon.«
George war zwar verwundert, er wollte nicht als Feigling gelten und beugte sich vor, schnüffelte und richtete sich dann ruckartig auf. Seine Handfläche schnellte dem Mund entgegen und blieb auf den Lippen liegen. Nur durch die Nase holte er Luft.
»Jetzt hast du es gerochen.« George nickte. Er nahm seine Hand weg, damit er sprechen konnte. »Ja, da strömt etwas aus der Erde. Direkt aus dem verdammten Grab dringt es. Das stimmt.«
Quinn putzte Schweiß von seinen Wangen. »Jetzt brauchst du mir nur noch zu sagen, wonach es riecht.«
»Das weißt du doch selbst.«
»Ich will aber wissen, ob du auch…«
»Nach… nach Moder und Verwesung riecht es. Das ist widerlich. Aus dem Grab strömt der Geruch von Moder. Als wäre die Leiche schon längst verwest.«
Quinn grinste verzerrt. »Genau, George. Das ist genau der Geruch, den ich wahrgenommen habe.«
»Und jetzt?«
»Nichts.«
»Wie kommt das denn?« rief George.
Quinn trat zurück. »Ich weiß nicht. Es… es ist ja unmöglich, verstehst du?«
George nickte. »Ja. Cabot liegt unter der Erde und verwest. Aber jetzt schon?«
»Das ist nicht möglich!« hauchte Quinn. »So schnell verwest niemand, ich weiß das.«
»Woher kommt dann der Geruch?«
Quinn trat wieder an das Grab heran. Mit zitternden Bewegungen weiteten sich seine Augen, denn er hatte gesehen, daß aus der hügeligen Erde etwas hervorstieg. Es sah aus wie Qualm oder Rauch, und es besaß einen widerlichen und scheußlichen Geruch. Als würde der Körper dort unten allmählich verkokein und den Rauch absondern.
»Ich bleibe nicht mehr hier!« keuchte George. »Ich kann das nicht riechen.«
»Ja, klar.« Quinn zog sich ebenfalls zurück. Bis zum Dorf hatten sie es nicht weit. Trotzdem rannten sie, als wäre der Teufel hinter ihnen her.
»Wohin denn?« schrie George.
»Zum Pfarrer.«
»Der Pfaffe wird dich jagen!«
»Das soll er mal versuchen!«
Der Geistliche wohnte in einem schmalen Haus nicht weit von der Dorfkirche entfernt. Er brauchte nur durch ein Tor zu gehen, um den Kirchhof zu erreichen.
Zuerst schauten sie durch die Fenster, konnten nichts
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