Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blut Von Brooklyn

Das Blut Von Brooklyn

Titel: Das Blut Von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
Vom Netzwerk:
mich, Joe, ob es möglich ist, dass du wirklich so bescheuert bist, wie manche Leute behaupten. Ich frage mich, ob ich mich all die Jahre in dir getäuscht hab, und ob du wirklich der Blödmann bist, als den dich die Leute, na ja, hinter deinem Rücken bezeichnen.
    Er packt mich und schleudert mich durch die Küche. Ich krache in die Regale und dann auf den Boden. Kaputtes Geschirr regnet auf mich herab.
    Er geht auf mich zu.
    – Ich meine, hey, Mann, glaubst du, irgendjemand interessiert sich noch für diesen Scheiß?
    Er packt mich am Knöchel meines kaputten Beins und wirbelt mich herum. Mein Rücken prallt auf den Tisch, der zersplittert, und die Wucht des Aufpralls ist so groß, dass der Kühlschrank eine Delle abbekommt und acht meiner Rippen brechen.
    Er geht auf mich zu.
    – Denk doch mal nach, Mann. Die Society ist das Produkt einer Revolution gegen die Koalition! Weißt du, wer Revolutionen anfängt? Die Bürger! Ja, ich war in der Koalition. Jeder war in der Koalition. Glaubst du, das ist ein Geheimnis?
    Er packt mein Haar und schlägt mir zweimal ins Gesicht und schüttelt die blutige Faust.
    – Das ist kein Geheimnis. Ja, ich hab für die Koalition die Drecksarbeit gemacht. Ich, na ja, ich muss das ja nicht groß ausposaunen, aber ein Geheimnis ist es nicht. Was meinst du, Joe, von wem hab ich alles über Macht gelernt? Und nachdem ich diese Lektionen gelernt hatte, was hab ich dann getan? Also ich bin reifer geworden. Hab mich geändert. Wie jeder stinknormale Mensch. Glaubst du, Lydia weiß das nicht? Sie weiß es. Aber sie hat sich die Mühe gemacht, mal ne Geschichtsstunde zu nehmen. Sie kennt sich aus mit Hegel und der Dynamik der Revolution. Sie weiß, dass zu jeder These eine Antithese gehört und dass es eine Synthese braucht, wenn man irgendwie weiterkommen will. Und das, also, Mann, das passiert nicht einfach von selbst. Das ist harte Arbeit. Und man braucht das richtige Werkzeug. Ich bitte dich, Joe, und das ist mein bitterer Ernst, ich bitte dich, lass den Scheiß, bevor ich die Beherrschung verliere.
    Er reißt meinen Kopf hin und her.
    – Sag mir, wo der Graf ist.
    Eine Flasche im Kühlschrank ist zerbrochen. Ich beobachte, wie Orangensaft auf den Boden tropft.
    – Ja, okay. Ich hab’s kapiert, ich hab’s kapiert. Ich sag’s dir.
    Ich sehe meinen ältesten Freund durch das Blut in meinen Augen an..
    – Er ist zur Enklave übergewechselt, Terry. Also, jetzt weißt du’s. Jetzt musst du nur noch zu ihnen rübergehen und ihn da rausholen.
    Er lässt meine Haare los.
    Dann lässt er sich auf den Hintern fallen.
    Er starrt auf den Boden zwischen seinen Beinen.
    – Joe. Oh Mann.
    Er blickt auf.
    – Peilst du eigentlich gar nichts? Geht das alles nicht in dein Hirn oder wie?
    Er wedelt mit der Hand über seinem eigenen Kopf.
    – Ist da nur heiße Luft drin? Dann erklär ich dir mal was. Wir befinden uns im Krieg, Mann. Wir sind im Krieg, und bald geht es richtig zur Sache. Diese neuen Gesichter aus Brooklyn, was glaubst du, warum wir uns die rauspicken, die was taugen? Weil wir sie brauchen. Die Situation wird instabil. Die ganze Insel wird instabil. Wir müssen uns, und darum geht’s, Mann, wir müssen uns nach neuen Ufern umsehen. So, wie es jetzt läuft, wird es nicht ewig bleiben. Neue Ufer, Mann. Wir brauchen jeden Mann. Und wir brauchen, und ich wünschte wirklich, das wäre nicht so, aber wir brauchen Geld. Der Graf hat Geld. Und noch etwas anderes.
    Er berührt das Blut auf seinen Knöcheln. Das Vyrus.
    – Sie versuchen, das hier zu erforschen.
    Er hält mir die Hand vor die Nase.
    – Predo und die Koalition. Sie studieren es. Und sie haben Ressourcen, die wir nicht haben. Wir brauchen den Grafen, um den Scheiß ebenfalls rauszufinden. Wir benötigen seine Fachkenntnisse. Wenn man wirklich eine Synthese haben will, wenn man zwei Dinge zu einer neuen, besseren Sache verschmelzen will, müssen die beiden im Gleichgewicht stehen. Sonst frisst eins das andere auf. Und scheißt es wieder aus.
    Er lässt die Hand sinken.
    – Also, Mann, bitte. Sag mir, dass du mich nur verarschst. Sag’s mir.
    Ich betrachte ihn. Dieser Mann hat mich aufgenommen. Hat mich sterbend auf dem Boden einer Toilette gefunden, mich aufgepäppelt, mir das Leben gerettet. Er hat mir beigebracht, was ich wissen musste. Ohne ihn wäre ich schon hundertmal gestorben. Ohne ihn wäre ich schon seit Jahren tot und Evie würde jetzt im Krankenhaus liegen.
    Aber das ist nicht seine Schuld, so sehr ich mir das

Weitere Kostenlose Bücher