Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
aber im Moment genoss ich diese Ruhe.
Obwohl … ich beugte mich vor und suchte die Mauer ab, die tief unter mir im Graben endete. »Du kannst dich zeigen, Zokora«, sagte ich und bemühte mich, wenigstens eine Bewegung zu erhaschen. Umsonst natürlich.
»Warum bemühst du nicht dein Schwert, um mich zu finden?«, fragte sie mich, als sie aus dem Schatten trat.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich hatte keine Lust dazu.« Ich lehnte mich zurück und drückte die Glut in meiner Pfeife mit dem Daumen nieder, jetzt zog sie besser. »Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, dass du mich belauschst. Vielleicht biete ich dir das nächste Mal einen Platz in der ersten Reihe an.«
»Ich hatte es bequem genug«, meinte sie mit einem Lächeln. »Ich saß hinter ihm, dort oben auf der Zinne, und mein Schwert berührte fast schon seinen Nacken. Das war dumm von dir, Havald«, fügte sie sanft hinzu. »Du hast nicht wissen können, dass er dich verschont.«
»Dann war es auch dumm von dir«, teilte ich ihr mit.
»Wahrscheinlich hast du recht damit«, sagte sie und schenkte mir ein leichtes Lächeln. »Ich befürchte, du färbst schon auf mich ab.«
»Du hast ihm die Stücke gegeben, und er zog ab?«, fragte Serafine ungläubig. »Woher hast du wissen wollen, dass er sich darauf einlässt?«
»Wir hatten wenig zu verlieren«, erinnerte ich sie. »Doch es gab einen Hinweis. Als er sich in dem alten Gasthof das Stück von dem Kartenspieler nahm, tat er nichts weiter, erst als man ihn angriff, schlug er zurück.«
»Das ist eine sehr dünne Hoffnung, um darauf ein Leben zu wetten«, sagte Varosch dazu.
»Wie gesagt«, meinte ich, »er hätte sich die Stücke so oder so geholt.«
»Ich bin froh, dass es vorbei ist«, meinte Serafine leise und trat an mich heran, um mich so fest zu umklammern, als wollte sie mich nie mehr gehen lassen. »Auch wenn er jetzt die Stücke hat.«
Über ihre Schulter hinweg sah ich Zokoras Augen, die mich fragten, warum ich dieses Geheimnis nicht mit Serafine teilte.
Später dann, als wir uns zum Bett fertig machten, sah Serafine mich vor dem Regal mit den Figuren stehen. »Hast du es ihr sagen können?«, fragte sie mich leise und sah mir zu, wie ich die Figur von Lenere wieder an ihren Platz stellte.
»Ja.«
»Wie hat sie es aufgenommen?«
»Sie ist nicht meine Enkeltochter. Sie konnte es auch beweisen.«
»Oh«, meinte Serafine. »Wie geht es dir dabei? Du hast so lange geglaubt, …«
»Es ist eine Erleichterung«, gestand ich ihr. »Ich hatte Gefühle für sie, die nicht sittlich waren, es war ein ewiger und vergeblicher Kampf, und ich fühlte mich beschmutzt davon. Mit ein Grund, weshalb ich vor ihr floh.« Ich seufzte. »Es vermag niemand zu sagen, was gewesen wäre, Serafine. Es ist. Jetzt hoffe ich nur, dass sie mir verzeihen kann.«
»Das hoffe ich auch, Havald. Für dich«, sagte sie mit belegter Stimme. »Ich könnte es nicht.« Sie musterte mich suchend. »Hast du dich noch mit Leandra besprechen können?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Auf dem Fest gab es kaum Gelegenheit dazu. Sie will uns morgen sprechen, dann sehen wir weiter.«
»Wir sollten also sehen, dass wir die eine oder andere Kerze Schlaf finden«, meinte sie und zog mich ins Bett. »Wie geht es deiner Schulter?«
»Gut genug.«
Ein Ratschlag für die Königin
27 »Ach, Havald«, sagte Leandra müde und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Wir befanden uns in ihrem Solar, einem offenen, lichten Raum, in den die Sonne einen Vorgeschmack des Sommers schickte. Es war der Lieblingsort von Eleonora gewesen, aber außer dem Raum selbst erinnerte kaum mehr etwas an sie. Es war mir sofort aufgefallen, als Leandra uns kurz vor der dritten Glocke zu sich bat, sie hatte alle Möbel entfernen lassen und sich neu eingerichtet. »Warum ist es immer so mit dir? Jetzt hast du mir ein Ungeheuer an meinen Hof gebracht, das schlimmer ist als alle anderen.«
Wir hatten uns bei ihr zum Frühstück eingefunden und saßen alle an einem Tisch, Blix und Grenski fehlten, dafür war Sieglinde da, Janos hingegen hatte sich entschuldigen lassen, er überprüfte wohl die Mauern darauf, wie sehr sie bei der Unterminierung gelitten hatten. Von Ragnar wusste ich, wo er war. Bevor wir zu Leandra gingen, suchte ich ihn auf und fand ihn vor seinem Bett liegend und laut schnarchend vor. Auch mit am Tisch saß Yoshi. Er sagte nicht viel und lächelte … und tat, was Beobachter tun. Er beobachtete … so unauffällig, dass man ihn fast
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