Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
bahnte, um sich wieder zu Janos zu gesellen, der über etwas lachte, das Varosch ihm erzählte. Vor wenigen Monden noch war sie eine Wirtstochter gewesen, mit einer ungewissen Zukunft, die versprach, dass sie ihre Tage damit verbringen würde, Tische und den Boden aufzuwischen … und jetzt war sie eine Kriegerin, eine Adelige an Leandras Hof und eine ihrer Vertrauten. Und mit Janos, Agent der Königin, Mörder und Halunke, und manchmal auch ein Dorn in meiner Seite, hatte sie den Mann gefunden, den sie suchte. Ich sah zu Leandra hin, die gerade mit Ragnar scherzte, begegnete dabei auch dem Blick unseres Beobachters und fragte mich, ob auch Yoshi Lippen lesen konnte. Eben noch hatte ich erfreut festgestellt, wie sehr Leandras Lachen diese alten Hallen verändern konnte und mich an dem Fest erfreut, doch jetzt war es mir zu viel.
Ein kleiner Schwatz
26 Serafine fand mich in der Küche, wo die alte Köchin, die die großen Herde mit eiserner Hand regierte, einst ein Küchenmädchen gewesen war und sich noch gut daran erinnerte, wie sie mich dabei ertappt hatte, Küchlein aus dem Herd zu stehlen; eine Geschichte, die sie nun lachend zum Besten gab, während ich von dem Braten stahl, den sie soeben zerteilte.
»Havald«, sagte Serafine, ohne auch nur ein Lächeln zu verschwenden. »Du musst kommen, es ist etwas passiert.«
Er lag hinter den Stallungen, in einem alten Fass, und nur weil man wegen des Fests noch Wasser brauchte und es an Fässern mangelte, hatte man ihn gefunden. Zokoras Licht schwebte über dem ausgetrockneten Leichnam, dessen Lippen so verdorrt waren, dass er sie zu einem schrecklichen Lachen zu blecken schien. »Erkennst du ihn wieder, Havald?«, fragte Zokora.
Ich schüttelte den Kopf.
»Der Page, Havald«, sagte sie mit unbewegter Stimme. »Es ist der Page, der uns zu dem Fest gerufen hat.«
»Also hat er uns gefunden«, stellte Serafine mit rauer Stimme fest und sah sich in der schmalen Gasse hinter den Stallungen um, als ob er dort in den Schatten lauern würde. Wenn er es tat, war er nicht zu sehen. »Er kam nahe genug an uns heran, um uns sogar noch Wein einzuschenken … und keiner von uns hat etwas bemerkt. Götter«, hauchte sie. »Wie soll man so etwas aufhalten?«
»Gar nicht«, antwortete ich ihr und atmete tief durch. »Vielleicht sollten wir es auch nicht versuchen.« Ich sah sie der Reihe nach an. »Geht zurück zum Fest und entschuldigt mich bei Leandra. Aber erwähnt nichts davon.«
»Zu spät, sie weiß es bereits«, sagte Varosch. »Sie war es, die uns unterrichten ließ.«
»Ich bleibe bei dir«, beharrte Serafine.
»Das wirst du nicht«, sagte ich leise und sah Zokora flehend an. Sie nickte.
»Havald weiß, was er tut«, sagte sie. »Wenn du bleibst, gefährdet es nur seinen Plan.«
»Welchen Plan?«, fuhr Serafine auf.
»Er wird einen haben. Komm«, bat Zokora sie überraschend sanft. »Mach es ihm nicht schwerer.«
Es war bereits deutlich nach Mitternacht, doch noch immer war das Fest in vollem Gang, drängten sich überall diejenigen, die sich noch nicht den Magen voll genug geschlagen hatten, um die Tische und die Spieße. Es brauchte ein wenig, bis ich einen Ort gefunden hatte, an dem man mich leicht finden konnte und der dennoch abgeschieden war. Oben auf den Zinnen, am Burgtor, das heute nicht geschlossen werden würde.
Ich machte es mir dort bequem, sah hinaus über die alte und die neue Stadt, hin zu den fernen Lagerfeuern unserer Feinde, die gewiss nicht so gut speisten, wie wir es in dieser Nacht taten. Wie Stofisk mir sagte, hatte man über die letzten Tage fast dreihundert gut gemästete Schweine durch das Tor getrieben, damit Leandra mit diesem Fest den Leuten in der Stadt Hoffnung geben konnte. Ohne Hoffnung boten die höchsten Mauern keinen Schutz.
Ich zündete mir die Pfeife an und setzte mich in eine der Zinnen, sah hinunter zu dem Graben, in dem Eleonora ihre Gesundheit verloren hatte, wenn er ihr auch das Leben bewahrte.
Selbst wenn ich ihn dort hinunterstürzen konnte, würde ihn das nicht aufhalten. Eigentlich, dachte ich, war ich froh darum, dass der Verschlinger nur die Stücke des Tarn wollte. Würde er die Stadt belagern, müssten wir uns ihm ergeben.
Es gab eine Bewegung im Schatten, und als ich aufsah, stand dort Korporal Hanik und musterte mich mit einem nachdenklichen Blick.
»Da seid Ihr ja«, sagte ich und wies auf die Zinne neben mir. »Gesellt Ihr Euch auf einen Schwatz zu mir?«
»Warum nicht?«, meinte der
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