Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
unverhohlen, blickte dann verschlafen blinzelnd zu der Wyvern hoch, streckte einen Finger in ihre Richtung aus und krabbelte in den Wagen zurück, um das Verdeck wieder hinter sich zuzuziehen. Kaum jemand dürfte es mitbekommen haben, da die meisten hoch zum Himmel starrten.
Wir sahen schweigend zu, wie die Wyvern samt Reiter wie ein Stein vom Himmel stürzte, dann kratzte sich Ragnar am Hinterkopf.
»Ich bin froh, dass mein Weib das nicht kann«, meinte er mit einem Blick zu Aselas Wagen. »Ich lebe ja auch so schon in Furcht vor ihr.« Als er dorthin eilen wollte, wo die Wyvern aufgeschlagen war, hielt ich ihn zurück.
»Wie lange hast du Esire jetzt schon nicht mehr gesehen?«
»Zu lange«, meinte er betrübt. »Deshalb scheue ich mich ja auch, ihr unter die Augen zu treten, sie wird erbost darüber sein.«
»Es hinauszuzögern, ergibt nicht viel Sinn.«
»Ja«, sagte er betreten. »Das weiß ich.«
Der Wyvernreiter, ein junger Ser von kaum mehr als fünfzehn Jahren, hatte den Aufprall überlebt, nur war sein Rücken zerschmettert und seine Lunge von den eigenen Rippen durchbohrt. Er konnte kaum mehr reden, stieß stattdessen rote Blasen aus und sah uns ängstlich an. Zokora ritt vorbei, zügelte ihr Pferd, sah auf ihn herab, glitt wortlos aus dem Sattel, um ihm den Gnadenstoß zu geben, und ritt zum Wagenzug zurück.
Mit Wagen zu reisen, stellte ich fest, hatte seine Vorteile. Die Torplatten mochten schwer sein, aber sie nahmen nicht viel Raum ein. Wenn man einmal nicht reiten wollte, oder einem allgemein der Sinn danach stand, träge durch die Welt geschaukelt zu werden, fand sich in diesen Wagen Platz dafür. Asela hatte sich in ihrem Wagen fast schon gemütlich eingerichtet. Nachdem sie nach fast zwei Tagen Schlaf wieder aufgewacht war, bot es sich an, sie dort zu besuchen. An einem schönen Tag wie diesem konnte man die Stangen aus ihren Verankerungen lösen und das Verdeck entfernen und sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Genau das taten wir dann auch ab und an.
Asela schien das Gespräch nicht zu suchen, sie saß oft da, den Rücken an die Ladewand gelehnt, und starrte über das weite Land hinaus, aber sie hatte wohl nichts dagegen, wenn man ihr Gesellschaft leistete.
Es hatte bis zum vierten Tag gebraucht, bis Serafine sich zu ihr gesellte. Am Anfang schienen sie sich nicht viel zu sagen zu haben, jedes Mal, wenn ich an dem Wagen vorüberritt, saßen sie nur da und schwiegen, aber als ich an diesem Abend mein Pferd am Wagen festband und mich zu ihnen gesellte, fand ich sie tief ins Gespräch versunken vor.
Am Morgen war Asela bei dem Schmied gewesen und hatte sich zwei dünne Eisenstangen geben lassen, jetzt sah ich auch, wofür sie diese gebraucht hatte. Sie hatte das Eisen mit bloßen Händen zu dünnen Bändern und zu zwei Ringen geformt und das Ganze in einen Dreifuß aufgehängt, zwei der Füße in den Spalt zwischen den beiden Torplatten eingehängt. Der obere Ring hielt nun eine Teekanne aus Ton, im kleineren darunter war ein Stück Kohle eingefasst, das rauchlos glühte … und sosehr der Wagen auch schaukelte, aus dieser Kanne entfloh kein Tropfen. Sie schien selbst dann nicht leer zu werden, wenn die Eule großzügig den Tee ausschenkte.
Als ich ihr meine Bewunderung für die Konstruktion ausdrückte, lachte Asela. »Ihr müsst mal im Zeughaus schauen, ob sich dort die Reisewagen meines Vaters noch finden lassen. Das, Ser Roderik, waren wundersame Konstruktionen, mit klaren Fenstern, einem Ofen, der nicht rauchte und keine Kohlen brauchte, einer Wand voller Bücher, bequemen Sesseln und anderen Dingen, die einem auf der Reise gefallen können. Der größte dieser Wagen war fast so groß wie ein Schiff, und als er fertiggestellt war und Vater mit ihm auf Reisen gehen wollte, stellte er fest, dass er zu breit geraten war, um praktikabel zu sein. Götter, was war das für ein Ungetüm … es brauchte sechzehn Pferde, um ihn zu ziehen, einen sehr geschickten Kutscher und vier, die auf den Zugpferden ritten … Ich glaube, Vater hat ihn nur ein einziges Mal benutzt.«
»Ich habe Euch selten über den Kaiser sprechen hören«, sagte ich zu ihr, als ich mich neben Serafine setzte und erleichtert meine Beine ausstreckte; den ganzen Tag im Sattel zu verbringen, hinterließ doch seine Spuren.
»Balthasar war ein paar Jahrzehnte älter als Asela«, teilte sie mir mit. »Dass Asela die Enkelin des Kaisers war, war ein Geheimnis. Nun gut, dass ich sein Sohn war, wurde nicht mit
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