Das Bourne Imperium
erklärt das Ihre Anwesenheit im Krankenhaus. Niemand stellt dann noch Fragen.«
»Warum? Was steht auf dem Schein?« Es gab einfach nichts, was der Analytiker ohne Erklärung hinnehmen konnte.
»Ganz einfach: dass Sie völlig mittellos sind und ich Sie großzügigerweise ohne Berechnung in meiner Klinik behandelt habe. Gegen Gonorrhöe, um genau zu sein. Natürlich enthält der Schein die Beschreibung Ihrer Person – Größe, Gewicht, Haar- und Augenfarbe, Nationalität. Ihre Beschreibung ist etwas ausführlicher, fürchte ich, da ich ja Ihrem Freund bisher nie begegnet war. Natürlich gibt es Duplikate in meinen Akten, und dass Sie das sind, ist ja nicht zu übersehen, Sir.«
»Was?«
»Sobald Sie auf der Straße sind, glaube ich, dass meine Schulden Ihnen gegenüber beglichen sind. Sind Sie da nicht auch meiner Ansicht?«
»Gonorrhöe?«
»Bitte, Sir, Sie haben doch selbst gesagt, dass wir uns beeilen müssen. Alles muss auf die Minute klappen.« Der Arzt öffnete die Tür, drängte die vier Männer hinaus und bog sofort mit den zwei Assistenten nach links ab, auf den Seitengang und den wartenden Helikopter zu.
»Gehen wir«, flüsterte Bourne, griff nach McAllisters Arm und zog ihn nach rechts
»Haben Sie da noch Worte?«
»Sie haben gesagt, er sei ein Dieb.«
»Das war er. Das ist er!«
»Manchmal sollte man die Redensart, dass Stehlen von einem Dieb kein Diebstahl ist, nicht zu wörtlich nehmen.«
»Was soll das jetzt wieder bedeuten?«
»Ganz einfach«, sagte Jason Bourne und blickte auf den
Analytiker neben sich herab. »Er hat Sie jetzt in der Hand. Bestechung, korrupte Amtsführung und Gonorrhöe.«
»Ach du liebe Güte.«
Sie standen ganz hinten in der Menschenmenge am Drahtzaun und sahen zu, wie der Helikopter von seinem Landeplatz in die Höhe donnerte und dann am Nachthimmel davonbrauste. Die Scheinwerfer erloschen; der Parkplatz war jetzt nur noch beleuchtet wie immer. Die meisten Polizisten stiegen in einen Mannschaftswagen; die wenigen, die zurückblieben, schlenderten zu ihren Posten zurück, und ein paar zündeten sich Zigaretten an, wie um zu demonstrieren, dass alles vorbei war. Die Menge begann sich zu zerstreuen, und Fragen flogen hin und her. Wer war das denn? Jemand sehr Wichtiges, wie? Was meinst du denn, dass passiert ist? Glaubst du, das erfahren wir je? Wen interessiert das schon? Wir haben ja unser Schauspiel gehabt, also gehen wir noch einen trinken, ja? Hast du diese Frau gesehen? Eine erstklassige Nutte, finde ich. Meinst du nicht auch? Das ist meine Cousine, du Schwein!
Alles war vorbei.
»Hauen wir ab«, sagte Jason. »Wir müssen weiter.«
»Wissen Sie, Mr. Webb, Sie haben da zwei Befehle, die mir langsam auf die Nerven gehen. ›Ab‹ und ›weiter‹.«
»Beide sind aber genau richtig.« Sie überquerten die Do Amaral.
»Mir ist genauso klar wie Ihnen, dass wir uns beeilen müssen, nur dass Sie mir noch nicht erklärt haben, wo wir hingehen.«
»Das weiß ich schon«, sagte Bourne.
»Ich glaube, das wird auch langsam Zeit.« Im Weitergehen beschleunigte Bourne die Schritte. »Sie haben mich einen Zuhälter genannt«, fuhr der Staatssekretär fort.
»Das sind Sie auch.«
»Weil ich einverstanden damit war, was getan werden muss?«
»Weil die Sie benutzt haben. Die Kerle am Drücker haben Sie benutzt und werden Sie ohne Skrupel fallen lassen. Sie
haben an Ihre Karriere gedacht, an Staatskarossen und Gipfelkonferenzen, und konnten dem nicht widerstehen. Sie waren bereit, mein Leben einfach wegzuschmeißen, ohne nach einer Alternative zu suchen – und genau dafür bezahlt man Sie. Sie waren bereit, das Leben meiner Frau aufs Spiel zu setzen, weil das Ihren Zwecken nutzte. Ein Dinner mit dem Rat der Vierzig, vielleicht sogar Ratsmitglied; vertrauliche Zusammenkünfte im Oval Office mit dem gefeierten Botschafter Havilland. Für mich heißt das, dass Sie ein Zuhälter sind. Man wird Sie, wiederhole ich, ohne Skrupel fallen lassen.«
Schweigen. Fast einen Häuserblock lang. »Und Sie glauben, ich weiß das nicht, Mr. Bourne?«
»Was?«
»Dass die mich fallen lassen.«
Wieder blickte Jason auf den Bürokraten an seiner Seite. »Das wissen Sie?«
»Natürlich. Ich gehöre nicht zu denen, und die wollen mich auch nicht bei sich haben. Oh, die Voraussetzungen dazu hätte ich und den Verstand, aber nicht den Leistungsdruck, unter dem die stehen. Ich mache mir nichts vor. Vor einer Fernsehkamera würde ich vor Aufregung erstarren – obwohl ich immer
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