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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Wasserman
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1 Wahrscheinlich sollte ich mit dem Blut anfangen.
    Blut ist schließlich immer für eine Schlagzeile gut, stimmt’s? Und es fragen ja sowieso alle nach dem Blut. Wie hat es ausgesehen? Wie hat es sich angefühlt? Warum war es an meinen Händen? Und das Blut selbst, mit seinen rätselhaften Antikörpern und namenlosen DNS-Korkenziehern – von wem stammte das?
    Aber wenn ich mit jener Nacht anfange, mit dem Blut, bedeutet das, dass Chris nur eine Leiche ist, die auf dem Travertinboden im Haus seiner Eltern ausblutet, und Adriane nur eine Irre mit toten Augen, die stöhnend vor- und zurückschaukelt, die Kleidung blutdurchtränkt, das Gesicht weiß wie Papier, mit diesem dünnen Streifen Rot, der in ihre Wange geschlitzt ist. Wenn ich damit anfangen würde, wäre Max nur ein Nichts. Leerer Raum. Vakuum und Wind.
    Dieser Teil würde vermutlich stimmen.
    Aber der Rest nicht. Weil das nicht der Anfang war und das Ende war es auch nicht. Es war – man beachte die brillante logische Schlussfolgerung – die Mitte. Es war das Gravitationszentrum, um das wir uns alle drehten, das aber keiner von uns sehen konnte. Die Mitte hält nicht mehr, sagte Max immer, damals, als alles noch so neu war und Gedichte wie die von Yeats eine gewisse Ironie hatten, die uns für Liebeserklärungen geeignet schien. Die Welt zerfällt.
    Aber die Welt zerfällt nicht einfach. Sie wird von Menschen kaputt gemacht.
    2 Am Anfang war Das Buch.
    Â»Siebenhundert Jahre alt.« Der Hoff knallte es so heftig auf den Tisch, dass dieser zu wackeln begann. »Stellen Sie sich das vor.«
    Anscheinend spürte er unsere fehlende Ehrfurcht, denn er ließ seine mit Leberflecken übersäte Faust fast genauso heftig auf Das Buch niedersausen. »Jetzt.« Sein Kopf bewegte sich hin und her, um uns einen nach dem anderen anzustarren, vor Anstrengung traten die Adern an seinem Hals hervor. »Schließen Sie die Augen. Stellen Sie sich einen Schreiber in einem dunklen, fensterlosen Raum vor. Stellen Sie sich vor, wie seine Schreibfeder über die Seite kratzt, wie sie seine Geheimnisse aufzeichnet – seinen Gott, seine Zauberkraft, seine Macht, sein Blut. Stellen Sie sich für einen kurzen Moment vor, dass Sie derjenige sind, der diesem Manuskript nach so vielen Jahrhunderten sein Geheimnis entreißt.« Er zog ein babyblaues Taschentuch aus seiner Brusttasche und rotzte einen dicken Schleimklumpen hinein. »Stellen Sie sich vor, wie es sein würde, wenn Ihr armseliges kleines Leben tatsächlich etwas wert wäre.«
    Wie befohlen schloss ich die Augen. Und dann stellte ich mir in schöner Ausführlichkeit vor, mit welchen Foltermethoden ich Chris quälen würde, sobald wir diesem modrigen Kerker mit verrückten Professoren und alten Büchern entkommen waren.
    Â»Vertrau mir«, hatte Chris gesagt und mir einen netten alten Herrn mit zwinkernden Großvateraugen und dem Lachen eines Weihnachtsmanns versprochen. Chris zufolge war der Hoff ein Weichei mit Bart, das kurz vor der Senilität stand und nicht die geringste Absicht hatte, seine studentischen Hilfskräfte zu pünktlichem Erscheinen oder überhaupt zum Erscheinen zu zwingen.
    Das Ganze war als Geschenk gedacht, von mir an mich, zu meinem letzten Jahr an der Highschool. Dreimal in der Woche wollte ich aus den einengenden Fluren der Chapman Prep in den liberalen Schoß der efeuberankten akademischen Welt flüchten, zu einer Reihe von faulen Nachmittagen mit Snacks, Abhängen und einem Nickerchen ab und zu. Ganz zu schweigen von, wie Chris betont hatte, als mein Stift über dem Anmeldeformular schwebte, »der Gelegenheit, Zeit mit deiner absoluten Lieblingsperson zu verbringen, besser bekannt als ich«. Was jetzt nicht heißen soll, dass wir diesbezüglich Nachholbedarf hatten, schließlich war das Wohnheim der Erstsemester nur etwa hundert Meter von meinem Schließfach in der Highschool entfernt. Das einzige Problem mit dem Wohnheim bestand darin, dass wir die Anwesenheit seines Zimmergenossen in Kauf nehmen mussten, der sich zwar brav in seiner Hälfte des Zimmers hielt, uns aber die ganze Zeit mit seinen Eulenaugen anglotzte.
    Und jetzt starrte mich genau dieser Zimmergenosse von der anderen Seite des Tisches an, denn er gehörte ebenfalls zu unserem »furchtlosen Team der Dokumentenanalyse«. Noch ein kleines Detail, das Chris vergessen hatte zu erwähnen. Er

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