Das Buch Der 1000 Wunder
Neuzeit (Känozoikum) um 11 Uhr 55 Minuten 27 Sekunden.
Das Auftreten des Menschen würde nur 55 Sekunden vor Mitternacht erfolgen! Bevor also der Mensch auf Erden erschien, war selbst das organische Leben schon Riesenzeiträume vorhanden, denn es ist nach dieser Rechnung etwa 360mal so alt wie der Mensch.
Um nun wenigstens eine Zahl für die ungeheure Dauer der einzelnen Perioden zu geben, sei mitgeteilt, daß auf verschiedenen Wegen das Alter der Quartärzeit, während deren der Mensch auf Erden wandelt, ziemlich übereinstimmend auf 500 000 Jahre errechnet worden ist. Dem gegenüber – also den kurzen 55 Sekunden der auf 24 Stunden angesetzten Erdentwicklung – ist wieder die Zeitdauer der geschichtlichen Periode der Menschheit verschwindend gering. Unsere ältesten geschichtlichen Nachrichten, diejenigen über die Priesterkönige von 305 Girsu in Südbabylonien gehen nur etwa 7000 Jahre hinter die Neuzeit zurück. Die Überlieferungen aus den ersten 3000 Jahren sind zudem noch äußerst dürftig.
Ein frommer Mann, der englische Bischof Usher, war dagegen, wie Snyder in seinem Werk »Die Weltmaschine« erzählt, noch zur Zeit Shakespeares an Hand der jüdischen Erzählungen der Meinung, daß die Welt 4400 Jahre vor unserer Zeitrechnung in der ersten Januarwoche erschaffen worden sei. Man kann seine Berechnungen noch heute in englischen Bibeln gedruckt finden. Die ältesten Gegenstände, die sicher durch Menschenhand bearbeitet wurden, sind aber schon 100 000 Jahre alt. Bischof Usher dürfte sich also um eine Kleinigkeit, um ein paar Milliarden Jahre, verrechnet haben.
219. Das Pendel im Weltenraum
Quelle: Bruno H. Bürgel: »Aus fernen Welten«. Verlag Ullstein & Co., Berlin, Wien, 1910. Z.
Heutzutage leuchtet es jedem Tertianer ohne weiteres ein, daß die Erde sich in 24 Stunden einmal um sich selbst dreht. Aber bevor Kopernikus seine in jedem Betracht weltbewegende Lehre aussprach, schien es ein ganz unfaßbarer Gedanke, daß der Erde Grund nicht etwas im Weltenraum absolut Feststehendes sein sollte. Man hatte die heute geradezu absurd erscheinende Vorstellung, daß der ungeheure Sternenhimmel sich an jedem Tag einmal um die Erde herumschwänge. Denn das mußte doch geschehen, weil die Fixsterne nach 24 Stunden immer wieder an demselben Ort stehen. Wenn man die ungeheuren Entfernungen der Fixsterne von der Erde in Betracht zieht, so mußte dieser Umlauf mit einer Geschwindigkeit erfolgen, die selbst innerhalb der kosmischen Dimensionen etwas abenteuerliches hat. Da ist es doch wirklich einfacher, das an sich so seltsame anzunehmen, nämlich daß die Erde sich dreht, und der Sternenhimmel ihr gegenüber in Ruhe ist.
Aber hierbei handelt es sich ja heute garnicht mehr um eine Annahme. Unzählige astronomische Beobachtungen beweisen die Rotation der Erde, und, was noch viel schöner ist, man kann sie sogar direkt dem Auge sichtbar machen.
Alles Materielle auf Erden macht die Drehung des Planeten mit, kann also nicht zu ihrem Nachweis dienen. Doch glücklicherweise gibt es auch Immaterielles, was wir sehen können, und dies vermag im Weltenraum zu ruhen. Solch ein immaterielles Ding, das unser Auge aufzufassen vermag, ist z. B. die Schwingungsebene eines Pendels. Eine solche ist benutzt worden, um in einer der großartigsten Demonstrationen die Erdrotation aufs deutlichste nachzuweisen.
Wenn man ein Pendel frei beweglich aufhängt, so behält es, einmal 306 angestoßen, die Richtung seiner Schwingung bei, auch wenn man den Aufhängungspunkt herumdreht. Je länger das Pendel ist, desto sicherer schwingt es unverändert im Raum. Ist der Aufhängungspunkt drehbar an der Decke irgend eines Raums befestigt, so dreht sich die Decke zwar mit der Erde herum, die Schwingungsebene des Pendels aber bleibt unverändert im Weltenraum stehen. Der französische Physiker Léon Foucault ließ im Jahre 1851 für seinen berühmten Versuch in der hochragenden Kuppel des Pantheons zu Paris ein mächtiges Pendel aufhängen, das aus einem Draht von 67 Metern Länge und einer daran befestigten Metallkugel von 25 Kilogramm Gewicht bestand. Unter dem Pendel war eine wagerechte Kreisscheibe aufgestellt, an deren Einteilung man die Schwingungsrichtung des Pendels deutlich verfolgen konnte. Zu jeder Schwingung brauchte das Riesenpendel acht Sekunden.
Viele Gelehrte und eine große Volksmenge wohnten dem Versuch in der prächtigen Halle des Pantheon bei. Und es war eine tiefe Offenbarung, die plötzliche feierliche
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