Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)
kommen und ich bin rund und lebenssprühend und fruchtbar wie die Göttin selbst. Es war interessant zu sehen, wie die Schwangerschaft sich auf meine Magie auswirkt: In mancher Hinsicht bin ich viel machtvoller, doch es gibt einige unvorhergesehene Nebenwirkungen. Auf nichts kann man sich verlassen. Es ist witzig – meistens. Aber in den letzten sieben Monaten habe ich meinen Beitrag für Amyranth nicht leisten können. Doch sie waren verständnisvoll – sie wissen, dass ich ihnen bald ein perfektes Amyranth-Baby schenken werde, eines, das buchstäblich dank ihres Wirkens zur Welt kommen wird.
Die nächsten Worte aufzuschreiben fällt mir schwer. Ich habe herausgefunden, warum Daniel so oft nach England fährt: Er hat dort eine Freundin. Er hat es mir sogar selbst gesagt. Zuerst war ich überzeugt, er würde Witze machen – welche Frau, ob Hexe oder nicht, kann mit mir konkurrieren? Doch er schwafelte immer weiter, und allmählich drang das, was er sagte, in mein Bewusstsein. Als Nächstes war ich amüsiert, dann entsetzt und dann wütend. Er und diese andere Frau, deren Namen er mir nicht nennt, kennen sich seit Jahren und hatten eine Jugendromanze. Doch eine Affäre haben sie erst seit sechs Monaten, kurz nachdem ich schwanger geworden bin. Ich bin so schockiert, mir fehlen die Worte. Die Vorstellung, dass Daniel so etwas vor mir geheim hält, ist unglaublich. Es bedeutet, dass er stärker ist, als ich dachte, und wie kann das sein?
Ich überlege, was ich als Nächstes tun soll. Dass diese andere Frau aufgespürt und vernichtet werden muss, versteht sich von selbst. Daniel sagt, ihre Affäre wäre vorbei. Er hat sogar jämmerlich geweint, als er es mir erzählt hat. Was für ein Wurm! Er ist zu mir zurückgekommen, weil wir ein Kind erwarten, aber er will nicht mehr mit mir schlafen und auch nicht so tun, als wären wir noch ein Paar. Das geht auf keinen Fall. Er gehört mir oder niemandem. Ich muss seinen Willen brechen und ihn an mich binden. Jetzt muss ich los, um Nachforschungen anzustellen und Leute zu Rate zu ziehen.
– SB
Obwohl es bis zu Selenes und Cals altem Haus noch gut anderthalb Kilometer waren, fuhr Hunter an den Straßenrand, machte den Motor aus und sah mich an.
» Warum hältst du an?«, fragte ich hektisch. » Fahr weiter! Wenn sie Mary K. hat…«
» Ich weiß und wir fahren auch gleich weiter. Aber schick Sky und Alyce zuerst eine magische Botschaft«, sagte er. » Ich würde es ja tun, aber deine ist sicher stärker. Sag ihnen, sie sollen Kontakt mit dem Rat aufnehmen, und der soll so schnell wie möglich Verstärkung zu Selenes Haus schicken. Es wird bestimmt ein paar Stunden dauern, aber vielleicht sind sie rechtzeitig da, um uns zu helfen.«
» Soll ich Sky und Alyce bitten, sich jetzt gleich mit uns dort zu treffen?«, fragte ich. » Wir könnten alle unsere magischen Kräfte zusammentun…«
Er schüttelte den Kopf. » Nein, die beiden sind für diese Schlacht nicht gerüstet«, sagte er sanft. » Genauso wenig wie du übrigens. Aber hier geht es um dich und was Selene von dir will.«
» Ich bin stark genug«, sagte ich, auch wenn ich mir nicht ganz sicher war, ob das stimmte. » Wenn sie Mary K. etwas getan hat…«
» Wichtig ist, dass du deine Kräfte nutzt«, sagte Hunter und sah mich eindringlich an. » Nutz deine magischen Kräfte zusammen mit Alyce’ Wissen. Spür die Kraft in dir. Sei dir ihrer gewiss. Selene wird mit Illusions- und Angstzauber arbeiten, um dich zu brechen. Lass nicht zu, dass es funktioniert.«
Beim Blick in seine Augen überkam mich große Angst. » Okay«, sagte ich mit zittriger Stimme.
Er warf den Motor an und bog fünf Minuten später in die Straße zu dem großen Steinhaus, wo Cal und Selene ihre Magie gewirkt hatten.
Wir waren von Dunkelheit umgeben. Es war noch keine fünf Uhr, doch es war Winter, und die Sonne war hinter dem Horizont verschwunden, verdeckt von drohend schwarzen Wolken. Ich spürte, dass sich der Himmel bald öffnen und Schnee und Eis auf uns herabstürzen würden.
Mary K., dachte ich, als Hunter am Straßenrand parkte, außer Sichtweite des großen Hauses. Meine süße Schwester. Obwohl wir keine leiblichen Geschwister waren, hatte ich das Gefühl, dass wir im Geiste immer Schwestern gewesen waren: dazu bestimmt, miteinander verwandt zu sein, einander als Familie zu lieben. In gewisser Weise war sie viel gewitzter als ich– sie wusste, wie man sich kleidete, mit wem man abhing, wie man flirtete und fröhlich und
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