Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)
nachgereist.
„Ruhig jetzt, Sophia!“, zwang Barbara ihre Tochter zur Ordnung.
Sophia bog und wand sich, wollte runtergelassen werden.
Lehrer Baumann nickte und fragte: „Mit dem Fuhrwerk geht alles klar?“
„Gib sie mir“, sagte Cornelius und streckte die Arme nach seiner Halbschwester aus. „Komm her, Plaggeist!“ Sophia strahlte und streckte ihrerseits die Ärmchen nach ihm aus. Cornelius nahm sie auf seinen Schoß und hielt ihr den Fuchsschwanz hin, den er am Gürtel festgebunden hatte. Damit hatte er sie eine Weile beschäftigt. Barbara lächelte zu den beiden hinüber und sagte: „Ja, Markward wird euch sein Fuhrwerk leihen.“
Markward war ein Freund von Barbaras Ehemann.
Baumann nickte. „Gut, ich komme mit dem Mietpferd herübergeritten, wir treffen uns am Hohen Stein.“
Matthias sagte: „Wir müssen sehr früh los. Wollen wir um die Mittagszeit in Heidelberg sein, sollten wir gegen acht Uhr aufbrechen. Eher früher. Vier Stunden brauchen wir sicher, erst recht bei diesem Schnee!“ Er wandte sich an seine Schwester. „Ich kann das Fuhrwerk heute Abend bei Markward abholen?“
Barbara nickte zustimmend.
„Dann komme ich mit Gundel und Michel morgen früh zu euch. Etwas nach sieben Uhr. Cornelius, nicht dass du dann erst anfängst, den Rappen aufzuzäumen! Du bist mit David und Sebastian bereit!“
Er blickte zu Baumann. „Am Hohen Stein. Halb acht.“
„Gut“, sagte der Lehrer.
„Und denkt an ein Licht. Euer Heimritt, Magister Baumann, wird im Dunkeln stattfinden. – Cornelius?“
„Ja, Oheim Großhans, ich vergesse die Leuchte nicht.“
Matthias nickte zufrieden. „Dann ist alles geschwätzt. Magister Baumann, ich denke, Ihr werdet mit drei Halbwüchsigen fertig beim Heimritt.“
Das meinte er scherzhaft, und der Lehrer verstand es auch so und lächelte.
Cornelius würde seinen Bruder David, Baumann deren Vetter Sebastian mit aufs Pferd nehmen und am Nachmittag den Heimritt antreten. Er selbst würde mit seiner Familie zwei Tage länger in der Stadt bleiben. Gundel wollte Hedwig und Juliana nicht so schnell wieder verlassen und schauen, wo sie ihrer Tochter helfen konnte. Michel wollte unbedingt den Marstall sehen, dieses neue Prachtgebäude, von dem man so viel hörte. Und da Hedwigs Ehemann einen Freund im Marstall hatte, konnte man da sicher etwas abmachen, denn im vergangenen Sommer, als sie zur Taufe in Heidelberg gewesen waren, war dafür keine Zeit mehr geblieben. Na, wenn er ehrlich war, freute er sich selbst auf diese Reise. Auch er wollte seine Tochter samt Enkeltochter wiedersehen. Und ein Erlebnis war die große Stadt allemal, man kam ja nicht alle Tage hin. Und nachdem man gehört hatte, dass der Lehrer Baumann zu seinem Heidelberger Buchhändler wollte, war man rasch einig geworden, den Weg gemeinsam zu machen. Zumal sie jemanden brauchten, der mit den Jungen heimkehren würde, wenn er, Gun-del und Michel noch in der Stadt blieben.
So war nun alles geregelt – morgen in der Früh konnte man also gen Heidelberg aufbrechen.
Zehn
Runde weiße Brüste.
Das war das Bild, das die abgeholzten, schneebedeckten Hügel südöstlich von Heidelberg in ihm wachriefen. Er hatte sie längst hinter sich gelassen, durchstapfte lichten Wald gen Süden, doch weiße Brüste hatte er noch immer im Kopf. Wollüstiger Zeitvertreib an diesem kalten, schneegrauen Morgen. Außerdem waren die Kopfschmerzen so erträglicher. Eindeutig hatte er zu viel gesoffen.
Ryss leckte sich über die Lippen, zog die Kapuze tiefer, brummte mit sich selber. Die hatten aber auch einen Wein hier in der Gegend!
Nefoedd Wen
, sogar gesungen hatte er! Lieder seiner Heimat, die er längst vergessen wähnte. Nun, es hatte ja Spaß gemacht. Die jungen Gesellen an seinem Tisch waren leutselig und freundlich gewesen und hatten ausgelassen gefeiert. Jener, der ihm gegenübersaß, hatte ihm immer wieder aufmunternd zugelächelt und ihn letztlich angesprochen. Ob er ein Gelehrter sei, seine schwarze Gewandung ließe darauf schließen? Auch die Färbung in seiner Aussprache, sein fremdländisches Aussehen wiesen auf einen Magister hin? Nein? So hielt er sich also schlicht an die spanische Mode, man sähe ja auch hierzulande viel schwarze Kleidung? Auch nicht, es gefiele ihm lediglich? Diese Pfälzer aber auch, neugierig und einem Schwatz nie abgeneigt. Er hatte ausweichend geantwortet, auch, weil er zuerst nicht hatte einschätzen können, ob der Jüngling etwa ein Auge auf ihn geworfen hatte, etwas, das
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