Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
zusammen.
Guillaume stand über ihm, das Gesicht mit roten Sprenkeln übersät und am ganzen Körper bebend, berauscht vom Blutdurst und dem Gefühl der Allmacht. Doch wenn er geglaubt hatte, dass der Widerstand mit de Villefort verstummen würde, so hatte er sich geirrt.
Die Blicke der übrigen Sektierer wechselten zwischen Guillaume und ihrem Mitbruder, der leblos in seinem Blut lag. Hin und wieder huschten sie auch in Eleanors Richtung. In ihrer dunklen Robe unheimlich anzusehen, stand sie schweigend bei Eustace, der auf die Geschehnisse noch nicht einmal reagiert hatte.
»Sie ist eine Hexe«, raunte es durch die Reihen.
»Sie treibt dunklen Zauber!«
»Sie soll sterben.«
Mit Unbehagen sah Guillaume, wie sich Hände um die Griffe von Dolchen und Schwertern legten, wissend, dass er der Übermacht nicht gewachsen sein würde. Wenn nicht rasch etwas geschah …
»Brüder!«
Einer der Ritter, die aufgeregt nach draußen geeilt waren, kehrte in diesem Augenblick zurück, ein gelöstes Lächeln im Gesicht.
»W as ist?«, fragte jemand.
»Die Sonne ist zurück! Für kurze Zeit war sie verloschen, aber nun ist sie zurückgekehrt und strahlt so hell wie zuvor. Es ist alles in Ordnung, meine Brüder!«
Die Furcht, die die Männer eben noch in ihren Klauen gehalten hatte, legte sich schlagartig, und ihre Entschlossenheit, mit Waffengewalt gegen Guillaume und seine Mutter vorzugehen, schwand augenblicklich. Ihre Mienen entspannten sich, die Klingen blieben in den Scheiden – und Guillaume wusste, dass seine Stunde gekommen war.
Der Moment, auf den er sein Leben lang gewartet hatte.
» W ie steht es?«, wollte er wissen, indem er sich um seine Achse drehte, das blutige Schwert noch in der Hand. »Ist immer noch jemand der Ansicht, dass meine Mutter verbotene Künste betreibt? Gibt es noch jemanden, der glaubt, dass wir unserem geliebten Bruder Eustace absichtlich geschadet haben? Oder der meine Führerschaft in Frage stellen möchte?«
Niemand meldete sich – und Guillaume konnte nicht anders, als seiner Mutter ein triumphierendes Lächeln zuzuwerfen.
Acre
Zur selben Zeit
Auch Bahram al-Armeni hatte zum Himmel geblickt.
Zusammen mit den Soldaten der jüdischen Miliz, die seinem Befehl unterstellt worden waren, hatte er auf dem Marktplatz des Judenviertels Waffenübungen durchgeführt – als sich unvermittelt ein dunkler Fleck vor die helle Sonnenscheibe schob und sie scheinbar verlöschen ließ.
Von einem Augenblick zum anderen brach die Dämmerung herein, beklemmende Stille legte sich über das Viertel und die ganze Stadt. Die Menschen hielten in ihrer Arbeit inne, Gespräche verstummten, und selbst die Tierwelt schien für einen Moment den Atem anzuhalten.
Einige der jungen Juden, die unter seinem Befehl standen, hatten in Panik ausbrechen wollen, aber Bahram hatte sie beruhigt. Als Mann der Wissenschaft wusste er genug über die Vorgänge am Himmel, um seinen Schützlingen erklären zu können, dass es weder ein gefräßiges Ungeheuer war, das den Sonnenball verschlungen hatte, noch eine unheimliche Macht.
Als Besiegter war Bahram nach Acre gekommen und hatte sich, nachdem seine Wunde gutenteils geheilt war, bei der dortigen fatimidischen Garnison gemeldet. Da er nicht der e inzige Kämpfer war, der einst in seldschukischen Diensten stand und sich nun als Soldat des Kalifen zu verdingen suchte, hatte man nicht gezögert, ihm ein eigenes Kommando zu übertragen. Auch die Tatsache, dass er christlichen Glaubens war, hatte keine Rolle gespielt – wohl weil man in Acre die Gefahr, die von den Kreuzfahrern ausging, noch nicht am eigenen Leibe zu spüren bekommen hatte.
Nach der askar , die er im Auftrag Duqaqs befehligt hatte, war es für Bahram freilich einem Abstieg gleichgekommen, anstelle der schwer bewaffneten ghulam nun einem Haufen zwar heißblütiger, jedoch völlig unerfahrener junger Männer vorzustehen, die noch nicht einmal die Grundprinzipien des Schwertkampfs beherrschten. Aber er hatte die Aufgabe angenommen, und mit der Zeit war es ihm gelungen, aus dem versprengten Häuflein einen schlagkräftigen Trupp zusammenzustellen, der im Fall eines Angriffs auf die Stadt seinen Mauerabschnitt zuverlässig verteidigen würde. Einer der jungen Männer, ein gewisser Caleb Ben Ezra, tat sich durch ganz besonderen Einsatzwillen hervor, und nachdem er zuletzt gezweifelt hatte, dass dem Vormarsch der Eroberer jemals Einhalt geboten werden konnte, war Bahram nun wieder ein wenig zuversichtlicher
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