Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
Gleichzeitig trat ihm bitter riechender Schaum über die Lippen.
»Gift«, stieß Baldric hervor. »Er hat sich vergiftet!«
»Musste es tun«, sagte Berengar. »Bin eine Gefahr, solange ich lebe … gelungen, Buch von Ascalon ganz zu entschlüsseln … w eiß, wo die Lade zu finden … nicht in falsche Hände gelangen … niemand.« Er machte eine hilflose Armbewegung, wie ein Ertrinkender kurz vor dem Untergehen. »Bitte, Conwulf! Vergib mir«, flehte er, während sein Körper infolge des Gifts in immer heftigere Zuckungen verfiel. »W ill nicht … zum Allmächtigen gehen … ohne Wort der Versöhnung …«
Conn biss sich auf die spröden Lippen.
Sein Zorn auf Berengar hatte sich in nichts aufgelöst angesichts des elenden Häufleins Mensch, zu dem der Mönch geworden war. Berengar mochte gesündigt haben, aber im letzten Moment hatte er sich seiner Herkunft und seiner wahren Pflichten besonnen und das Wohl anderer über sein eigenes gestellt.
Conn holte tief Luft, um dem reuigen Sünder die Absolution zu erteilen, nach der er so dringend verlangte, um ihm zu sagen, dass er ihm seine Untaten vergeben hatte – als er sah, dass Berengar sich nicht mehr regte. Jäh hatten die Zuckungen ausgesetzt. Der Blick des Mönchs war starr und glasig, sein Brustkorb hob sich nicht mehr.
»Berengar?«
Conn sprach ihn an, berührte ihn sanft am Arm, als wollte er einen Schlafenden wecken – doch aus dem Schlaf, in den der Mönch gefallen war, gab es kein Erwachen.
Nicht in dieser Welt.
»Ich vergebe Euch«, sagte Conn leise und in der vagen Hoffnung, der Mönch – oder zumindest seine unsterbliche Seele – könnte ihn noch hören. Dann schloss er Berengar die Augen, während die letzten Worte des Mönchs noch in seinem Bewusstsein nachhallten:
Ich bin den Weg des Verräters bis zum Ende gegangen und werde auch den Preis des Verräters bezahlen – nur dass meine Belohnung nicht dreißig Silberlinge gewesen wären, sondern der Ruhm der Eitelkeit.
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28.
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Vor den Toren von Jerusalem
8. Juli 1099
Vier Wochen waren vergangen – das Entsetzen über den Tod Berengars wirkte bei Conn jedoch noch immer nach.
Gewiss, er hatte dem Mönch gezürnt und ihm seinen Verrat nachgetragen. Als Berengar jedoch starb, von eigener Hand vergiftet und mit der Bitte um Vergebung auf den farblos werdenden Lippen, hatte Conn ihm alles verziehen und nicht mehr den reuigen Sünder, sondern nur noch den Freund in Armen gehalten – dass es dem Mönch versagt geblieben war, die so dringend erhoffte Vergebung zu erlangen, war bittere Ironie.
Conn würde Berengar nie vergessen.
Von allen Menschen, denen er auf seiner langen Reise begegnet war, hatte der Benediktiner ihn Gott wohl am nächsten gebracht, während er selbst sich gleichzeitig immer weiter von Ihm entfernt hatte. Dies war zugleich Berengars Verdienst und seine Tragik, und Conn hoffte, dass der Herr ihm seine Verfehlungen vergeben und seiner Reue den Vorzug geben würde. Das Buch von Ascalon jedoch, dessentwegen der Mönch zum Verräter geworden war, blieb verschwunden – und mit ihm auch jede Möglichkeit, den kostbaren Schatz aus alter Zeit zu bergen.
Die Belagerung unterdessen dauerte weiter an.
Einen ganzen Monat lang hatte man vergeblich versucht, d ie Mauern von Jerusalem in einem Sturmangriff zu nehmen. Nicht nur die Jahrtausende alten Bollwerke machten den Kreuzfahrern zu schaffen; auch die Hitze des Sommers trug dazu bei sowie ein erbarmungsloser Feind, der ihnen immer dann auflauerte, wenn sie an einer der wenigen Quellen Wasser zu schöpfen suchten. Der unablässige Streit der Fürsten, die sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen konnten, erschwerte die Lage noch zusätzlich, sodass sich Conn, der als einer von Roberts Rittern an den Versammlungen des Fürstenrats teilnehmen durfte und auf diese Weise Zeuge der Auseinandersetzungen wurde, unwillkürlich an Baldrics mahnende Worte erinnert fühlte.
Herzog Godefroy, Raymond von Toulouse und der Normanne Tankred belagerten die Nordseite der Stadt sowie die Westflanke bis hin zu dem nach König David benannten Turm, der sich als drohendes Bollwerk aus den Mauern erhob und Sitz des fatimidischen Statthalters war; Herzog Robert und seine normannischen Truppen hingegen hatten weiter nördlich Stellung bezogen und riegelten die Straße nach Nablus ab. Dazu kamen behelfsmäßige Siedlungen, die all jene beherbergten, die den Feldzug als Pilger begleiteten, jedoch nicht kämpften. Ihre genaue Anzahl zu bemessen
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