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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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geschworen, und statt unser Leben in Reue und Scham zu beenden, wie der Verräter es tat, werden wir diesem unserem Schwur gemäß mit unserem Leben und unserem Blut dafür einstehen, dass das Banner der Christenheit wieder über Jerusalem wehe und aller Welt beweise, dass unser Gott über den der Heiden triumphiert …«
    Conn hörte nicht mehr zu.
    Die Worte des Kaplans hatten Erinnerungen geweckt. Erinnerungen an das, was Berengar kurz vor seinem Tod gesagt hatte.
    Hatte sich nicht auch Berengar als Verräter bezeichnet? Hatte er nicht ebenfalls von dreißig Silberlingen gesprochen? Hatte er damit den Verrat des Judas gemeint und somit in einem biblischen Rätsel gesprochen …?
    Bislang hatte Conn eher geglaubt, dass es der Einfluss des Gifts gewesen war, das den Mönch dergestalt hatte sprechen lassen – aber was, wenn es mehr war als das?
    Wenn Berengar, der doch überaus gebildet und belesen gewesen war, diese Worte mit Bedacht gewählt hatte?
    Wenn er ihm etwas damit hatte sagen wollen?
    Conn spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Während alle anderen den mitreißenden Worten der Predigt lauschten, versuchte er sich fieberhaft zu entsinnen, was Berengar sonst noch gesagt hatte. Hatte er nicht behauptet, den Weg des Verräters bis zum Ende gegangen zu sein? Was, wenn er damit einen konkreten Ort gemeint hatte? War der Weg des Judas nicht genau hier auf dem Ölberg zu Ende gewesen, wo er zum Verräter am Herrn geworden war?
    Spontan erhob sich Conn aus der knienden Haltung, die er wie die meisten Zuhörer eingenommen hatte, und schaute sich um. Das Erste, was ihm ins Auge fiel, war die alte, halb verfallene Kapelle, und ohne dass er den genauen Anlass dafür hätte benennen können, verspürte er plötzlich das drängende Bedürfnis, sich ihr zu nähern.
    » Conn«, flüsterte Baldric ihm zu, »wohin …?«
    Aber Conn schüttelte den Kopf und bedeutete ihm nur, ihm zu folgen. Sie bahnten sich einen Weg durch die dichten Reihen der Streiter, die der Predigt mit verklärtem Blick lauschten, und gelangten zu der Kapelle, die lediglich aus einer von einer brüchigen Kuppel überdachten Apsis sowie einem kleinen Vorraum bestand. Eine Tür gab es längst nicht mehr, die Bilder waren zerstört und der Altar entfernt worden. Dennoch ging etwas Ehrfurchtgebietendes von der Stätte aus, sodass sich Baldric bekreuzigte, als er die Schwelle überschritt.
    »W as willst du hier?«, fragte er Conn leise, während von draußen weiter die Rede des Predigers zu hören war.
    »Nur einen Augenblick.« Conn suchte die brüchigen Wän­de der Vorkammer nach einem Hinweis ab, nach etwas, das ihm bestätigte, dass seine Überlegungen richtig waren. Er fand jedoch nichts, und so drang er in die Apsis vor, durch deren löchriges Kuppeldach helle Sonnenstrahlen einfielen.
    Plötzlich ein hohles Geräusch, Stein auf Stein.
    Conn verharrte und schaute zum Boden.
    Eine der von Sandstaub bedeckten Steinplatten, auf die er soeben getreten war, war lose. Conn bückte sich und wischte einen Teil des Sands mit der Hand beiseite, den Rest blies er fort. Zu seiner Verblüffung kam ein Emblem zum Vorschein, das in das Gestein geritzt worden war.
    Ein Kreis, bestehend aus vier Labyrinthen, die in ihrer Mitte ein Kreuz formten!
    Conn sog scharf Luft ein. Mit bebenden Händen befreite er die Fugen der Steinplatte von Sand und nahm sein Schwert zu Hilfe, um sie anzuheben. Baldric ging ihm zur Hand, und gemeinsam hoben sie den flachen Quader an, unter dem ein Hohlraum zum Vorschein kam. Darin lag ein längliches Behältnis aus Leder, das mit Wachs versiegelt war.
    Conns Herzschlag pochte ihm in den Ohren. Rasch griff er nach dem Köcher und öffnete ihn, aber noch ehe er den Inhalt in der Hand hielt, wusste er, dass es das Buch von Ascalon war.
    D ie vollständige Schriftrolle, die Berengar an diesem Ort verborgen hatte. Sie selbst herumzutragen war dem klugen Mönch wohl zu gefährlich gewesen, und vermutlich war das Rätsel, das er Conn aufgetragen hatte, zugleich auch eine Prüfung gewesen, die seinen Scharfsinn auf die Probe hatte stellen sollen. Bestand er sie, so war er würdig, die Schriftrolle zu bekommen …
    Schweigend vor Staunen starrten Conn und Baldric auf das Pergament, das im einfallenden Sonnenlicht wie Bernstein leuchtete. Dabei stellten sie fest, dass es verändert worden war und zusätzliche Notizen enthielt, die wohl von Berengar stammten. Anmerkungen in lateinischer Sprache, die sich auf einzelne Abschnitte des

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