Das Büro
gibt im Augenblick genügend freie Stellen.“
„Weil ich das katastrophal fand. Als würde ich bei lebendigem Leib begraben.“
„Ich finde es im Gegenteil sehr inspirierend.“
„Ja, du! Du glaubst an den Umgang mit der Jugend.“ Klaas’ Reaktion ärgerte ihn. Er hatte das Gefühl, sie hätten dieses Gespräch bereits hundertmal geführt, mehr oder weniger mit denselben Argumenten. Von der Illusion, dass man jung bleibt, indem man einem durch und durch unkritischen Publikum erbauliche Vorträge über dessen Zukunft hält, war nach seinem Jahr als Lehrer nichts übrig geblieben – wenn er diese Illusion überhaupt jemals gehabt hatte. Außerdem war er zu der Überzeugung gelangt, dass die pflichtgemäße Verabreichung maßgeschneiderten programmierten Wissens mehr Schaden als Nutzen bringt, ein Standpunkt, der bei Klaas jedes Mal, wenn er ihn in ihren Gesprächen zu erläutern versuchte, großen Ärger verursachte.
„Sonst wäre ich nicht Lehrer geworden.“
„Und deshalb will ich kein Lehrer mehr sein.“
„Dann mal tschüss“, sagte Klaas launisch. „Mach’s gut.“ Der Hörer wurde aufgelegt.
„Was hat er gesagt?“, fragte Nicolien.
„Er meint, dass ich wieder Lehrer hätte werden sollen.“ Er versuchte, Klaas’ Reaktion einzuordnen, doch es gelang ihm nicht. Von seinen Freunden war gerade Klaas derjenige, der den Kontakt mit Beerta gepflegt hatte. Es fiel ihm wieder ein, dass er ihm noch hatte erzählen wollen, dass Beerta nach ihm gefragt hatte. Durch die unerwartete Wendung des Gesprächs war das unterblieben. „Da war etwas, was ihm nicht passte“, sagte er nachdenklich.
„Telefongespräche mit Klaas gehen immer daneben. Man kann mit Klaas nicht telefonieren.“
Das schien ihm eine annehmbare Erklärung.
*
„Du kannst über Mittag wohl nicht nach Hause kommen?“, fragte sie.
Das erschien ihm unwahrscheinlich. Er hatte vergessen, wie lange er Mittagspause hatte, aber bestimmt nicht mehr als eine Stunde, und von ihrer Wohnung zum Büro waren es mindestens zwanzig Minuten.
„Wieviel Brote willst du dann mitnehmen?“
„Vier Stullen“, entschied er, „und ein Stück Kuchen.“
Sie schnitt sie ab, belegte sie mit Käse, strich Apfelsirup darauf und steckte sie in kleine Tüten.
„Und einen Apfel.“ Er stand auf und nahm einen Apfel aus der Obstschale auf dem Kaminsims.
„Wie willst du sie eigentlich verstauen? In deiner Schultasche?“
Das war für ihn das Allerletzte. Mit einer Aktentasche in der Hand zur Arbeit, das war
zu
deprimierend. „Ich stecke sie in meine Jackentaschen.“
„Beult das nicht aus?“
Er fand, dass es so ging, auch wenn es keine ideale Lösung war. Den Apfel musste er in der Hand tragen.
„Und wie machst du es dann mit dem Trinken?“
Das wusste er auch nicht. Das Problem irritierte ihn. „Das werde ich dann ja sehen“, schnitt er das Gespräch ab.
Sie begleitete ihn zur Tür. Ein bisschen verlegen standen sie sich gegenüber. Er lachte. „Tschüss, Knöllchen.“ Er tippte kurz auf ihren Kopf und gab ihr einen Kuss. Sie hatte Tränen in den Augen. „Nicht weinen, hörst du?“
„Nein, ich weine auch nicht. Ich finde es nur für dich so schrecklich. Und auch noch an deinem Geburtstag!“
„Das macht es nur noch festlicher.“ Doch als er die Tür hinter sich schloss und sich abwandte, war ihm traurig zumute. Geistesabwesendund ohne etwas zu sehen lief er durch den Jordaan, wo sie wohnten, kreuzte die vier Grachten, überquerte den Voorburgwal und den Dam und bog in die Damstraat ein. Es war Hochsommer. So früh am Morgen, einem Montagmorgen, war es noch still in den Straßen, eine sommerliche Stille, der er sich vage bewusst war.
De Bruin öffnete ihm die Tür. Im ersten, vorderen Raum war noch niemand, im zweiten auch nicht, doch die Tasche von Fräulein Haan stand auf ihrem Schreibtisch, und als er auf Beertas Tür zuging, kam sie gerade aus dessen Zimmer. Als sie ihn sah, ließ sie die Tür halb offen. „Tag, Fräulein Haan“, sagte er.
„Tag, Herr Koning“, sagte sie, ohne eine Spur von Freundlichkeit.
„Maarten Koning“, verbesserte er, in einem ungeschickten Versuch, ihr das Du anzubieten. Sie ignorierte es und ging an ihm vorbei zu ihrem Schreibtisch. Verwirrt, erniedrigt durch seine eigene Freundlichkeit, die er als Unterwürfigkeit empfand, betrat er Beertas Zimmer.
Beerta stand aufrecht neben seinem Schreibtisch und sah ihn streng an. „Ich gratuliere dir zum Geburtstag“, sagte er, während er ihm die Hand
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