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Das Chagrinleder (German Edition)

Das Chagrinleder (German Edition)

Titel: Das Chagrinleder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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in einer düsteren Ruhe, stumpf, wie ein Mensch am Pranger. Als ich zu Hause angelangt war, unterbrach mich Pauline bei den ersten Worten, die ich stammelte, und sagte: »Wenn es Ihnen an Geld fehlt...?« Oh! Rossinis Musik war nichts gegen diese Worte. Aber zurück zum Theâtre des Funambules. Um die Comtesse dort hinführen zu können, wollte ich den goldenen Rahmen vom Bild meiner Mutter verpfänden. Das Leihhaus stelle ich mir von jeher wie eins der Tore zum Bagno vor; aber es war immer noch besser, sogar mein Bett dahin zu tragen, als Almosen zu erbetteln. Der Blick eines Menschen, den man um Geld bittet, tut so weh! Manche Darlehen kosten uns unsere Ehre, wie manch abschlägiger Bescheid aus Freundesmund uns eine letzte Illusion raubt. Pauline arbeitete, ihre Mutter hatte sich zur Ruhe begeben. Nach einem flüchtigen Blick auf das Bett, dessen Vorhänge leicht zurückgezogen waren, glaubte ich Madame Gaudin fest eingeschlafen, da ich ihr gelbes ruhiges Profil auf dem Kopfkissen wahrnahm. – »Sie haben Kummer?« fragte Pauline und legte den Pinsel auf ihre Malarbeit. – »Gutes Kind, Sie können mir einen großen Gefallen erweisen«, erwiderte ich ihr. Sie sah mich so beglückt an, daß ich erzitterte. »Sollte sie mich lieben?« dachte ich. »Pauline«, begann ich von neuem und setzte mich nun nahe zu ihr, um sie auszuforschen. Sie erriet, was ich wollte, so eindringlich fragend war mein Ton; sie senkte die Augen, und ich sah sie prüfend an. Ich glaubte in ihrem Herzen lesen zu können wie in meinem eigenen, denn der Ausdruck ihres Antlitzes war rein und unschuldig. – »Sie lieben mich?« fragte ich endlich. – »Ein bißchen, über alle Maßen, gar nicht!« rief sie. Sie liebte mich nicht. Ihr neckischer Ton und ihre possierlichen Gebärden zeugten nur von der mutwilligen Dankbarkeit eines jungen Mädchens. Ich gestand ihr also meine schlimme Lage, die Verlegenheit, in der ich mich befand, und bat sie, mir zu helfen. – »Wie, Monsieur Raphael«, rief sie, »Sie wollen nicht aufs Leihhaus gehen und schicken mich!« Ich errötete. Ihre kindliche Logik setzte mich in Verlegenheit. Dann ergriff sie meine Hand, als wolle sie die Wahrheit ihres Ausrufs durch eine Zärtlichkeit wiedergutmachen. – »Oh!« fuhr sie dann fort, »ich ginge schon gern, aber der Gang ist unnötig. Heute morgen habe ich hinter dem Klavier zwei 100-Sous-Stücke gefunden, die Sie wohl aus Versehen zwischen Wand und Scheuerleiste rollen ließen; ich habe sie Ihnen auf ihren Tisch gelegt.«
    »Sie werden gewiß bald Geld bekommen, Monsieur Raphael«, sagte nun die gute Mutter und steckte den Kopf durch die Vorhänge, »ich kann Ihnen inzwischen gut und gern ein paar Taler leihen.« – »O Pauline!«, rief ich und drückte ihr die Hand, »ich wollte, ich wäre reich!« – »Bah! Warum denn?« rief sie keck. Ihre Hand zitterte in meiner und erwiderte alle Schläge meines Herzens; sie zog ihre Finger rasch zurück und betrachtete prüfend meine Hand. »Sie werden eine reiche Frau heiraten«, sagte sie dann, »aber sie wird Ihnen viel Kummer machen. O mein Gott! sie wird Sie töten! Das weiß ich sicher.« In ihrem Aufschrei lag ein gewisser Glauben an die närrischen Prophezeiungen ihrer Mutter. – »Sie sind sehr leichtgläubig, Pauline!« – »Oh, ganz sicher«, versetzte sie und sah mich entsetzt an, »die Frau, die Sie lieben, wird Sie töten!« Sie griff wieder zu ihrem Pinsel, tauchte ihn, tiefbewegt, in die Farbe und sah mich nicht mehr an. In diesem Augenblick hätte ich schon an derlei Hirngespinste glauben mögen. Ein Mensch ist nicht so elend dran, wenn er abergläubisch ist. Der Aberglaube ist oft eine Hoffnung. In meinem Zimmer sah ich in der Tat zwei prächtige Taler auf dem Tisch liegen, deren Dasein mir unerklärlich schien. In den wirren Gedanken während des Einschlafens ging ich meine Ausgaben durch, um diesen unerhofften Fund zu rechtfertigen, aber in vergebliche Rechnereien verloren, schlief ich ein. Am nächsten Morgen kam Pauline, als ich gerade ausgehen wollte, um eine Loge zu bestellen. »Vielleicht reichen Sie mit zehn Francs nicht aus«, sagte das liebe, holde Kind errötend, »im Auftrag meiner Mutter soll ich Ihnen dieses Geld anbieten. Nehmen Sie, nehmen Sie!« Sie legte drei Taler auf den Tisch und wollte eiligst hinaus; aber ich hielt sie fest. Bewunderung trocknete die Tränen, die mir in die Augen traten. »Pauline«, rief ich, »Sie sind ein Engel! Dieses Darlehn rührt mich nicht so tief wie das

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