Das Daemonenschiff
entging einem weiteren
Hieb buchstäblich um Haaresbreite und brachte endlich selbst
einen Treffer an, der diesmal nicht nur den Mantel seines
Gegenübers zerfetzte. Ein eher wütendes als schmerzerfülltes
Knurren erklang, aber einer der Männer wankte ein Stück weit
zur Seite, und endlich hatte er Luft. Ohne auch nur daran zu
denken, dass es ihn durchaus einige Finger oder auch die Hand
kosten konnte, packte er die Streitaxt des anderen und verdrehte
sie mit einem so harten Ruck, dass er hören konnte, wie das
Handgelenk brach, das sie hielt, und damit war es vorbei. Andrej
tötete den Mann, indem er ihm mit aller Wucht das Knie ins
Gesicht stieß, als er wimmernd vor Schmerz vor ihm zu Boden
sank, tänzelte herum und durchbohrte den zweiten Angreifer mit
seinem Schwert.
Und hörte Urd hinter sich schreien.
Der Kampf konnte allerhöchstens ein paar Sekunden gedauert
haben, auch wenn es ihm wie eine kleine Ewigkeit vorgekommen war, doch von Thures im Entstehen begriffener
Schlachtordnung war nichts mehr zu sehen. Überall rings um
ihn herum tobten verbissene Zweikämpfe, und flüchtig bemerkte
er mit kaltem Entsetzen, dass die unheimlichen Angreifer die
meisten dieser Zweikämpfe gewannen; Thures Männer schienen
gleich reihenweise zu fallen, und die Nacht spie immer noch
mehr und mehr riesige, dämonische Gestalten aus, die wie die
Berserker unter die Krieger des Nordmannes fuhren und sie
dezimierten.
Und auch Urd wehrte sich verzweifelt gegen gleich zwei
Angreifer.
Andrej war so schnell bei ihr, dass sogar er selbst das Gefühl
hatte, es wäre keine Zeit vergangen, und dennoch war er nicht
sicher, schnell genug gewesen zu sein. Urd hatte es nicht
rechtzeitig geschafft, den Schild vom Rücken zu nehmen, und
schwang ihr kurzes Schwert mit beidhändigen, kraftvollen
Hieben, mit denen es ihr bisher gelungen war, die beiden Piraten
auf Distanz zu halten. Doch sie blutete aus einer tiefen Wunde
in der Schulter, und ihre Bewegungen verloren mit jedem
Atemzug mehr von ihrer Geschmeidigkeit und Kraft. Andrej
war endlich bei ihr, stieß einem der Piraten das Schwert in den
Rücken und tötete den zweiten, indem er ihm die geballte Faust
in den Nacken schlug, dann ließ er das Schwert fallen und
konnte gerade noch zugreifen, als Urd mit einem erschöpften
Seufzen gegen die Felswand stürzte und zusammenzubrechen
drohte.
»Urd!«, schrie er. Sie reagierte nicht auf seine Stimme. Ihre
Schulter blutete entsetzlich stark, und er konnte ihren Schmerz
und ihre Schwäche wie seine eigenen fühlen. Behutsam ließ er
sie zu Boden gleiten, bettete ihren Hinterkopf und die Schultern
an der harten Wand und löste erst dann den Schild von ihrem
Rücken. Warmes, klebriges Blut besudelte seine Finger, und tief
in ihm regte sich etwas, als der Geruch des warmen Lebenssaftes in seine Nase stieg. Beinahe entsetzt kämpfte Andrej das
Gefühl nieder, hörte ein Geräusch hinter sich und reagierte ganz
instinktiv, indem er herumfuhr und Urds Schild, wie einen zu
großen Teller nur am Rand haltend, in weitem Bogen herumschwang. Der mit Bronze verstärkte Rand des Schildes
enthauptete einen der beiden Angreifer, die sich auf sie stürzen
wollten, so mühelos wie ein Schafott, und Andrej schaltete den
zweiten aus, indem er auf ihn zusprang und ihm den Knauf
seiner Damaszenerklinge gegen die Kehle schlug. Der Mann
ließ Schwert und Schild fallen, schlug beide Hände gegen den
Hals und brach ebenso verzweifelt wie vergebens nach Atem
ringend auf die Knie. Andrej schleuderte ihn mit einem Fußtritt
endgültig zurück und fuhr erneut zu Urd herum.
Sie war weiter zusammengesunken und stützte sich mit dem
linken, unverletzten Arm ab, um nicht endgültig zu stürzen. Die
Wunde in ihrer Schulter blutete immer heftiger, und als Andrej
in sie hineingriff, spürte er, wie schnell und unaufhaltsam das
Leben aus ihr herauslief.
Was er nun tat, war ein Akt bloßer Verzweiflung, für den er
sich niemals entschieden hätte, hätte er auch nur einen Sekundenbruchteil Zeit gehabt, darüber nachzudenken. Rings um ihn
herum tobten die Kämpfe weiter, immer wütender und erbarmungsloser, und ein Teil von ihm registrierte sehr wohl, dass die
wenigen von Thures Männern, die überhaupt noch standen,
erbarmungslos an die Felswand zurückgedrängt wurden – aber
nichts davon war in diesem Moment wichtig. Ohne selbst zu
wissen, was er tat, fiel er endgültig neben Urd auf die Knie,
ergriff ihre Hand und presste ihre
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