Das Daemonenschiff
die Höhe und glühendes Holz, und inmitten
der roten Glut richtete sich eine grell lodernde Gestalt auf.
Der Gesang verstummte und machte einem Chor gellender
Schreckens- und Entsetzensschreie Platz. Menschen stürzten
schreiend durcheinander, und noch bevor sich die brennende
Gestalt zur Gänze aufgerichtet hatte und von ihrem Scheiterhaufen gesprungen war, brach überall ringsum kopflose Panik aus.
Männer und Frauen wandten sich ziellos zur Flucht und rissen
einander von den Füßen, und selbst Abu Dun und er wurden von
der Menge mitgerissen, wie Treibholz von einer plötzlichen
Behandlungswelle.
Der Einzige, der die Nerven behielt, war Thure. Ohne das
mindeste Zögern versetzte er seinem Bruder einen Stoß, der ihn
haltlos in Urds Arme stolpern ließ, sprang auf die brennende
Gestalt zu und rammte ihr seinen Schild ins Gesicht. Der
lodernde Mann stolperte zurück und sein lichterloh flammender
Arm schlug nach dem Nordmann, versengte sein Haar und
seinen Bart und setzte seinen Mantel in Brand. Thure stürmte so
unbeeindruckt weiter, als wäre nichts geschehen, rammte seinen
Gegner endgültig zu Boden und ließ Axt und Schild fallen, um
stattdessen mit beiden Händen nach dem gewaltigen Schwert zu
greifen, das er auf dem Rücken trug. Als der brennende Geist
mit einer sonderbar torkelnden Bewegung unaufhaltsam wieder
auf die Beine kam, schwang er die Klinge in einem gewaltigen,
rasend schnellen Bogen. Jemand kreischte. Ein Mann taumelte
brüllend zurück und umklammerte mit der Rechten seine
verstümmelte Linke, der plötzlich die letzten Glieder sämtlicher
Finger fehlten, und die monströse Klinge beendete ihren
Schwung und traf die brennende Gestalt dicht oberhalb der
Hüfte, um sie scheinbar vollkommen mühelos in zwei Hälften
zu teilen. Der Oberkörper des Mannes fiel Flammen schlagend
nach hinten, während die Beine – grässlich genug – noch zwei
ungelenk stolpernde Schritte machten und dann ebenfalls fielen.
Der albtraumhafte Kampf hatte kaum länger als zwei oder drei
Atemzüge gedauert.
Thure riss sich den brennenden Mantel von den Schultern und
schrie: » Hierbleiben! Hört sofort auf, wegzulaufen, ihr Feiglinge! «
Tatsächlich blieben einige Männer stehen und sahen unschlüssig oder verängstigt zu ihm zurück, der Großteil aber setzte
seine panische Flucht fort. Der Platz hallte wider von gellenden
Schreien und den Geräuschen kopflos durcheinanderstürzender
Menschen, und Thure wirbelte wütend herum und stieß mit
seinem Schwert in den Scheiterhaufen.
» Das ist nicht König Harald, ihr Dummköpfe! « , schrie er.
» Hier! Seht! «
Er musste noch einmal zustoßen, aber dann rutschte der brennende Holzstapel Funken sprühend und polternd auf die Seite,
und ein in Flammen gehüllter Körper rollte aus dem Feuer
heraus. »Das ist nicht Harald!«, schrie Thure noch einmal. »Das
war ein –«
» Dauger! «
Der Schrei hallte vom anderen Ende des Dorfes herüber, und
nur einen halben Atemzug später hörte man auch von dort einen
Chor gellender Schreckensschreie, und dann das Klirren von
Waffen.
Dann brach die Hölle los. Auch am anderen Ende des Dorfes
wurden Schreie und Kampfgeräusche laut, und als Andrej
herumfuhr, sah er etwas, das ihm auf schreckliche Weise
bekannt vorkam: Die Tür des Langhauses flog auf, und zwei,
drei, schließlich vier behelmte Gestalten mit Schwertern und
schartigen Rundschilden stürzten heraus und griffen unverzüglich jeden an, der das Pech hatte, sich in ihrer unmittelbaren
Nähe zu befinden. Zwei Männer fielen sofort, ein dritter
versuchte sich schützend zwischen die Angreifer und zwei junge
Frauen zu werfen, die vor Schreck wie gelähmt dastanden, und
bezahlte diese Tapferkeit mit dem Leben.
»Abu Dun!« Andrej zog seine Waffe und machte eine befehlende Kopfbewegung hinter sich. Abu Dun fuhr mit einem
Knurren herum und stürmte in die Richtung, aus der die Schreie
und das Waffengeklirr kamen, wobei er kurzerhand jeden über
den Haufen rannte, der nicht schnell genug zur Seite sprang.
Andrej stürmte auf das Langhaus zu, und Thure bewies ihm zum
wiederholten Male, dass er vielleicht nicht das Zeug zum König,
sehr wohl aber das zum Krieger hatte, indem er seine Männer
mit raschen Gesten zum anderen Ende des Dorfes befahl und
selbst an seine Seite sprang. Andrej schickte ein Stoßgebet zu
allen Göttern, von denen er je gehört hatte, dass er mit seiner
monströsen Waffe nicht immer so ungeschickt umging wie
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