Das Dante-Ritual (German Edition)
eine Rolle. Wollen Sie etwa andeuten -?“
Auch der Polizist war aufgesprungen. Er hielt seine Dienstwaffe in der Faust. „Drehen Sie sich um und strecken Sie die Arme nach hinten - die Handflächen aneinander.“
*
Der Haftprüfungstermin hätte nicht besser für mich laufen können. Die Morde an Beekmann und Stefan Marcks waren noch nicht publik gemacht worden. Nicht ein einziger Reporter lag vor dem Gerichtgebäude auf der Lauer. Es dauerte keine halbe Stunde, bis alles Notwendige gesagt war. Die Münsteraner Staatsanwaltschaft pochte auf dringenden Tatverdacht, aber Richter van der Felde würgte die Argumente schon im Keim ab und verwies gelassen auf die Hauptverhandlung. Man würde Anklage gegen mich erheben, natürlich, damit war nun wirklich zu rechnen gewesen. Anwalt Giebel schloss eine Fluchtgefahr unter Verweis auf meinen festen Wohnsitz und meine Reputation als AStA-Vorsitzender kategorisch aus. Da sich auch Rensing auf Rückfrage van der Feldes dieser Auffassung anschloss und keine Verdunkelungsgefahr ersichtlich war, stand einer Freilassung auf Kaution nichts entgegen – wenn auch gekoppelt an die Auflage, mich zweimal die Woche bei der Polizei melden zu müssen. Gut, damit konnte ich leben. Im Geiste hatte mich schon mit einer elektronischen Fußfessel umherspazieren sehen. Richter van der Felde setzte die Kautionssumme auf fünfundzwanzigtausend Euro fest. Hinterlegt wurde der Betrag von Bernhard Laurenz, der mit Annette zum Haftprüfungstermin gekommen war.
Am Nachmittag, nachdem wie zuvor in einer Pizzeria Halt gemacht hatten, saßen Eva, Bernhard und ich an meinem Küchentisch. Annette Laurenz war zu ihrem Bruder Uwe gefahren. Auch die liebe Verwandtschaft wollte schließlich informiert werden.
„Auf Ferdinand Giebel kannst du dich verlassen“, versicherte Bernhard. „Wenn dich einer da raushauen kann, dann er.“
„Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.“
„Du brauchst dich nicht zu bedanken“, wiegelte Franks Vater ab.
„Wird auch gegen Sie ein Verfahren eingeleitet werde?“, fragte Eva.
Bernhard hatte uns reinen Wein eingeschenkt. Als er uns erzählte, was wirklich in Papes Wohnung geschehen war, hatten wir ihm regelrecht an den Lippen gehangen, Niemand machte ihm einen Vorwurf, aber die Gewissheit, einem Mann gegenüberzusitzen, der einer Leiche die Augen ausgestochen hatte, war zumindest für Eva ein Schock. Ich hingegen ertappte mich bei dem Gedanken, so etwas wie Hochachtung für ihn zu empfinden.
„Ich weiß es nicht, Kind“, entgegnete Bernhard. „Es ist mir auch nicht mehr wichtig. Wenn ich mir Sorgen mache, dann um Annette, nicht um mich.“
Ich schenkte Kaffee nach. Noch immer wartete ich auf den richtigen Moment. Aber der schien nicht kommen zu wollen. „Sei mir bitte nicht böse, wenn ich dir damit zu nahe trete, aber ich muss das einfach wissen. Es ist wichtig. Was kannst du mir über Deus Ex Machina sagen?“
„Ich hätte nicht ‚Walter‘ sagen dürfen, stimmt´s?“ Bernhard schmunzelte. „Wieso interessierst du dich für die Bruderschaft?“
„Frank hat einen Schnellhefter mit belastendem Material über Deus Ex Machina angelegt.“
Bernhard schien verwirrt. „Belastendes Material? Wie kommst du darauf? Walter Beekmann hatte dafür gesorgt, dass Frank ein von Ehemaligen finanziertes Stipendium bekam. Ich spende selbst einen gewissen Prozentsatz meines Einkommens für derlei Förderungen. Was soll daran falsch sein? Ich kann ja verstehen, dass dir die Geheimniskrämerei sauer aufstößt, aber Deus Ex Machina ist eine vollkommen harmlose Institution, die auf tadellosen Werten beruht.“
„Das sehe ich aber anders. In Franks Mappe ist von Gesinnungen die Rede, die alles andere als tadellos sind.“
„Zeig sie mir.“
„Was?“
„Zeig mir die Mappe.“
„Das kann nicht sein“, murmelte Bernhard eine halbe Stunde später. „Das ist völlig unmöglich. Deus Ex Machina beruht auf christlicher Weltanschauung und Tradition. Mit Rassismus oder gar Fanatismus hat das nicht das Geringste zu tun. Jedenfalls nicht, als ich selbst noch aktives Mitglied war. Wir hatten nie eine Revolution im Sinn, Philip. Während der Großteil der Studenten durch die Straßen marschierte und nach Anarchie krakelte, haben wir mit der Bruderschaft eine gewaltfreie Alternative schaffen wollen.“
„Du bist ein Gründungsmitglied“, begriff ich. „ Deshalb war auch Frank in der Bruderschaft. In welcher Position sind die anderen Altgedienten
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