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Das Dante-Ritual (German Edition)

Das Dante-Ritual (German Edition)

Titel: Das Dante-Ritual (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Lütke-Bohmert
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Informationsquelle werden. „Karl, was sind die klassischen Motive für einen Mord?“
    Hagner überlegte. „Schwer zu sagen. Eifersucht und Habgier würde ich meinen.“
    „Was ist mit Angst? Hass? Neid?“
    „Dürften auch weit oben auf der Hitliste stehen.“
    „Macht?“
    Hagner zuckte die Schultern. „Denkbar.“
    „Ist eines dieser Motive auf alle Morde anwendbar? Was meinst du, Karl?“
    „Sieht nicht danach aus. Wieso fragst du?“
    „Ist es denkbar, dass der Täter für die Morde unterschiedliche Beweggründe hatte? Eifersucht oder Neid bei Frank Laurenz?
    Angst vor Verrat bei Stefan Marcks und Henning Geerts? Machtzuwachs bei Walter Beekmann?“
    „Scheint mir ziemlich abwegig zu sein.“
    „Und wenn es mehrere Täter sind? Eine Gruppe Gleichgesinnter mit jeweils rein persönlichen Motiven, aber einem gemeinsamen, übergeordneten Ziel? Einer ist eifersüchtig oder neidisch, ein zweiter wird von Hass getrieben, ein dritter strebt nach Macht. So was in der Art. Wäre dann nicht alles viel einfacher? Vergleich doch nur mal die Taten: Henning Geerts ist mit äußerster Brutalität zusammengedroschen worden. Die Kölner haben mir inzwischen den Befund gefaxt. Ich sag dir, Karl, der Täter hat das genossen. Der hat das regelrecht zelebriert. Der Mord an Walter Beekmann war anders. Der erste Stich ist beinahe zaghaft geführt worden, danach werden die Wunden tiefer und tiefer. Da hat sich jemand in einen Blutrausch gesteigert. Eine lange unterdrückte Wut rausgelassen. Und dann der Mord an Stefan Marcks. Wieder eine andere Methode. Fast gewinnt man den Eindruck, der Täter habe sich diesmal nicht die Finger schmutzig machen wollen.“
    „Wie hätten die sich denn finden sollen?“
    „Guter Einwand, Karl. Und wenn sie sich gar nicht erst finden mussten? Was, wenn sie sich bereits vor den Morden getroffen haben und ihr großes gemeinsames Ziel schon lange im Verborgenen schlummerte?“
    „Ein Komplott?“
    „Komplott. Verschwörung. Nenn es, wie du willst. Ich würde es Deus Ex Machina nennen.“
    „Diese Bruderschaft?“ Hagner lachte auf. „Glaubst du ernsthaft, dass es in Münster so viele Studenten mit krimineller Energie gibt, dass man mit ihnen einen Verein gründen könnte?“
    „Wie vielen Studenten würdest du denn eine kriminelle Energie zutrauen, Karl? Zehn Prozent?“
    „Quatsch. Weniger.“
    „Ein Prozent?“
    „Mach null Komma eins draus, dann könnte es hinkommen.“
    „In Münster leben bis zu fünfzigtausend Studenten, Karl. Null Komma eins Prozent von fünfzigtausend ist fünfzig.“
     
    *
     
    Ich hatte katastrophal geschlafen. Heute in einer Woche würde meine Verhandlung beginnen, und wenn Rensing bis dahin keine neuen Erkenntnisse zusammentragen konnte, drohte mir eine Verurteilung. Ferdinand Giebel hatte daran nicht den geringsten Zweifel gelassen.
    „Ich frage Sie nur einmal, Herr Kramer. Haben Sie Walter Beekmann getötet?“, hatte der Anwalt gefragt.
    „Nein. Das habe ich nicht“, war meine Antwort gewesen.
    „Gut. Das heißt, schlecht . Einen Unschuldigen zu verurteilen ist eine ärgerliche Angelegenheit, doch genau dazu wird es kommen, Herr Kramer. Ich sehe da kaum eine Chance. Wenn die Polizei den wahren Mörder nicht dingfest machen kann, sieht es schlecht für Sie aus. Die Staatsanwaltschaft hat alles, was sie braucht“ Er zählte die Indizien an den Fingern ab. „Sie haben den Dekan vor Zeugen angegriffen. Sie haben kein Alibi. Sie sind am Tatort festgenommen worden. Ihre Fingerabrücke waren auf der Mordwaffe. So schnell, wie der Richter den Hammer fallen lässt, werden Sie gar nicht gucken können.“
    Giebel und Professor Nachtweih dürften ein gutes Komikerduo abgeben.
    Ich zog meine Jacke an, griff nach dem Weidenkorb und verließ die Wohnung. Eva hatte sich für elf Uhr zum Brunch angekündigt, und ich musste vorher noch einkaufen. Als ich zum Supermarkt schlenderte, fiel mir ein schwarzer Mercedes Sprinter auf, der am Straßenrand parkte. Ich hatte mich schon bis auf zehn Meter genähert, als der Transporter plötzlich losfuhr und um die Ecke verschwand.
    Die Brüder schienen mich nicht aus den Augen zu lassen.
    Zurück in der Wohnung setzte ich Kaffee auf, deckte den Küchentisch und blätterte in den Westfälischen Nachrichten. Erwartungsgemäß waren die Morde an Walter Beekmann und Stefan Marcks der Aufhänger des Tages. Im Lokalteil der Zeitung nahmen sie gleich zwei Seiten in Anspruch, wobei sich die journalistische Aufmerksamkeit

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