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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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gestellt.
    »Immer schön locker bleiben und strahlen«, hatte sie gesagt. »Lassen Sie sich von der Tagung nicht zermürben.«
    Kaye fühlte sich wie eine Schaufensterpuppe. Es war ihr alles andere als angenehm.
    Um halb sechs fuhr sie mit dem Aufzug ins Erdgeschoss und stieg in den Pendelbus zum Eröffnungsempfang. Die von Americol gesponserte Veranstaltung fand im Zoo von San Diego statt.
    Als sie vor dem Zooeingang aus dem Bus stieg, sog sie den Duft von Jasmin und die erdige Feuchte der abendlichen Rasenbewässerung ein. Vor dem Kassenhäuschen stand eine lange Schlange. Sie stellte sich an einem Seiteneingang an und zeigte dem Wächter ihre Einladung.
    Vor dem Eingang marschierten vier schwarz gekleidete Frauen mit Transparenten auf und ab. Auf einem der Spruchbänder stand: UNSER KÖRPER, UNSER SCHICKSAL: RETTET UNSERE KINDER.
    Drinnen herrschte warmes, magisches Zwielicht. Kaye hatte seit über einem Jahr nichts gehabt, was man als Urlaub hätte bezeichnen können; beim letzten Mal war Saul noch dabei gewesen. Seitdem hatte es nur Arbeit und Kummer gegeben, manchmal auch beides zusammen.
    Eine Mitarbeiterin des Zoos übernahm eine Gruppe der AmericolGäste und machte mit ihnen eine kurze Besichtigungsrunde.
    Kaye betrachtete kurz die rosa Flamingos, die durch ihren Teich wateten. Sie bewunderte vier hundertjährige Gelbhaubenkakadus, darunter Ramses, das derzeitige Maskottchen des Zoos, der die abziehenden Massen der Tagesbesucher mit schläfriger Gleichgültigkeit betrachtete. Anschließend brachte die Führerin alle zu einem Pavillon in einem von Palmen umgebenen Hof.
    Dort spielte eine mittelmäßige Band beliebte Hits aus den Vierzigerjahren, während die Besucher sich Essen auf Pappteller luden und an den Tischen Platz nahmen.
    Kaye blieb an einem Büffettisch mit Obst und Gemüse stehen, nahm sich eine großzügige Portion Käse mit Cherrytomaten, Blumenkohl und eingelegten Champignons und bestellte sich an der nicht gesponserten Bar ein Glas Weißwein.
    Als sie das Geld für den Wein aus dem Portemonnaie nahm, bemerkte sie aus dem Augenwinkel Christopher Dicken. Er hatte einen großen, schäbig aussehenden Mann im Schlepptau, der eine Jeansjacke und verblichene graue Jeans anhatte und eine abgeschabte Ledertasche unter dem Arm trug. Kaye holte tief Luft, verstaute das Wechselgeld und wandte sich gerade rechtzeitig um, sodass sie Dickens verschwörerischen Blick auffangen konnte. Zur Antwort legte sie den Kopf verstohlen ein wenig schief.
    Kaye musste kichern, als Dicken seinen Begleiter am Ärmel zupfte. Wie zufällig schlenderten sie aus dem geschlossenen Innenhof hinaus. Der Zoo war fast leer. »Ich fühle mich richtig gemein«, sagte sie. Sie hatte immer noch ihr Weinglas in der Hand, aber es war ihr gelungen, den Teller loszuwerden. »Was glauben wir eigentlich, was wir hier tun?«
    Mitchs Lächeln wirkte wenig überzeugend. Seine Augen, jungenhaft und traurig zugleich, verwirrten sie. Der kleinere, stämmige Dicken wirkte direkter und zugänglicher, und deshalb konzentrierte sie sich auf ihn. Er hatte eine Einkaufstüte dabei und zog daraus schwungvoll einen zusammengefalteten Plan des größten Zoos der Welt hervor.
    »Wahrscheinlich sind wir hier, um die Menschheit zu retten«, sagte Dicken. »Da sind kleine Gemeinheiten gerechtfertigt.«
    »Mist«, sagte Kaye, »ich dachte, es wäre etwas Vernünftigeres.
    Ob uns hier jemand hört?«
    Dicken machte eine ausladende Handbewegung in Richtung des im spanischen Stil mit Rundbögen erbauten Reptilienhauses, als schwenke er einen Zauberstab. Auf dem Zoogelände befanden sich nur noch ein paar versprengte Touristen. »Die Luft ist rein«, sagte er.
    »Ich meine es ernst, Christopher«, gab Kaye zu bedenken.
    »Wenn das FBI die Komodowarane verwanzt oder seine Leute in Hawaiihemden steckt, sind wir erledigt. Mehr kann ich nicht tun.«
    Die Brüllaffen quittierten das Schwinden des Tageslichts mit lautem Geschrei. Mitch führte sie auf einem asphaltierten Weg durch einen tropischen Regenwald. Der Weg war von niedrigen Lampen erleuchtet, und über ihnen sprühten die Düsen der Luftbefeuchter. Die angenehme Umgebung tat ihnen allen gut, und keiner wollte den Zauber brechen.
    Für Kaye schien Mitch nur aus Armen und Beinen zu bestehen.
    Er war der Männertyp, der nicht in geschlossene Räume passt.
    Sein Schweigen beunruhigte sie. Er drehte sich um und sah sie mit seinen ruhigen, grünen Augen an. Seine Schuhe fielen ihr auf: Wanderstiefel mit ziemlich

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