Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
war schon wach«, sagte sie.
    »Blöde Methode, Eindruck auf dich zu machen«, murmelte er.
    »Du brauchst keinen Eindruck auf mich zu machen«, erwiderte Kaye. »Möchtest du darüber reden?«
    »Nein«, antwortete er. »Es war schließlich nur ein Traum.«
51
    Richmond, Virginia
    Dicken stieß die Tür des Dodge auf und stieg aus. Dr. Denise Lipton gab ihm ein Namensschild. Er hielt sich angesichts der blendenden Sonne die Hand über die Augen und blickte nach oben zu dem kleinen Schild an der nackten Betonwand der Klinik: VIRGINIA CHATHAM WOMEN’S HEALTH AND FAMILY CENTER.
    Ein Gesicht spähte kurz durch das winzige Drahtglasfenster in der schweren blauen Eisentür. Die Sprechanlage knackte, und Lipton nannte ihren Namen sowie ihre Kontaktperson im Krankenhaus.
    Die Tür öffnete sich.
    Im Eingang stand, die dicken Beine breit aufgepflanzt, Dr. Henrietta Paskow. Ihr wadenlanger grauer Rock und die weiße Bluse betonten ihre kraftvolle, stämmige Schlichtheit und ließen sie älter aussehen als sie tatsächlich war. »Danke, dass Sie gekommen sind, Denise. Wir hatten sehr viel zu tun.«
    Durch den gelbweiß gestrichenen Korridor, an acht Wartezimmern vorbei, folgten sie ihr zu einem kleinen Büro im hinteren Bereich. Hinter dem einfachen Holzschreibtisch hingen messinggerahmte Bilder einer großen Familie mit kleinen Kindern an der Wand.
    Lipton setzte sich auf einen Metallklappstuhl. Dicken blieb stehen. Paskow schob zwei Kisten mit Aktenordnern in ihre Richtung.
    »Seit dem Säugling C hatten wir dreißig«, erklärte sie. »Dreizehn Mal Abrasio, siebzehn mit Pille danach. Die Pille wirkt in den ersten fünf Wochen nach der Abstoßung des Primärfetus.« Dicken blätterte in den Fallberichten. Sie waren einfach und prägnant und trugen Anmerkungen der behandelnden Ärzte und Krankenschwestern.
    »Schwere Komplikationen hat es nicht gegeben«, sagte Paskow.
    »Das Laminagewebe schützt gegen die Auswaschung mit Salzwasser. Aber gegen Ende der fünften Woche löst es sich, und dann ist die Schwangerschaft offenbar Risiken ausgesetzt.«
    »Wie viele Anfragen bisher?«, fragte Lipton. »Wir hatten sechshundert Beratungstermine. Fast alle Frauen waren zwischen zwanzig und vierzig und lebten mit einem Mann zusammen, verheiratet oder auch nicht. Die Hälfte haben wir an andere Kliniken überwiesen. Es ist eine deutliche Zunahme.« Dicken legte die Ordner mit der Vorderseite nach unten auf den Schreibtisch.
    Paskow sah ihn prüfend an. »Sie billigen das nicht, Mr. Dicken?«
    »Ich bin nicht hier, um es zu billigen oder zu missbilligen.
    Dr. Lipton und ich führen Befragungen durch, weil wir wissen wollen, ob unsere Zahlen wirklich realistisch sind.«
    »Die Herodes-Grippe wird eine ganze Generation dezimieren«, bemerkte Paskow. »Ein Drittel der Frauen, die zu uns kommen, sind noch nicht einmal SHEVApositiv und hatten keine Fehlgeburt. Trotzdem wollen sie jetzt das Baby wegmachen lassen und dann erst mal ein paar Jahre abwarten. Wir machen hier ein Bombengeschäft mit Geburtenkontrolle. Unsere Aufklärungsgruppen sind überfüllt. Wir haben im oberen Stockwerk einen dritten und vierten Seminarraum eingerichtet. Die Männer kommen mit ihren Ehefrauen und Freundinnen. Das ist vielleicht das einzig Gute an der Sache. Die Männer haben Schuldgefühle.«
    »Es besteht kein Anlass, jede Schwangerschaft abzubrechen«, sagte Lipton. »Der SHEVATest ist sehr zuverlässig.«
    »Das sagen wir ihnen auch, aber es kümmert sie nicht«, erwiderte Paskow. »Sie haben Angst und trauen uns nicht zu, dass wir über den Ablauf Bescheid wissen. Gleichzeitig stehen draußen jeden Dienstag und Donnerstag zehn bis fünfzehn selbsternannte Lebensschützer und schreien, die Herodes-Grippe sei ein Mythos der gottlosen Humanisten. Es gebe gar keine Krankheit, und wir würden nur sinnlos hübsche Babys ermorden. Angeblich ist es eine weltweite Verschwörung. Sie werden immer lauter, und sie haben schreckliche Angst. Das Jahrtausend ist noch jung.«
    Paskow hatte wichtige Statistiken kopiert und gab Lipton die Blätter.
    »Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben«, sagte Dicken.
    »Mr. Dicken«, rief Paskow ihnen nach, »ein Impfstoff würde den Menschen viel Kummer ersparen.«
    Lipton brachte Dicken zu seinem Auto. Eine schwarze Frau zwischen dreißig und vierzig ging hinter ihnen her und blieb an der blauen Tür stehen. Obwohl es warm war, hatte sie sich in einen langen Wollmantel gehüllt. Sie war mindestens im sechsten Monat.
    »Für

Weitere Kostenlose Bücher