Das Darwin-Virus
zu!«
Bis zu diesem Augenblick war sie fast still gewesen, und er sah sie überrascht an. Sie wandte das Gesicht ab und zog ihn an sich, zog ihn nach unten, umschlang ihn mit den Beinen und rieb sich heftig an ihm. Er wollte sich zurückziehen, bevor das Kondom auslief, aber sie bewegte sich immer weiter, und er gab nach, bis sie, diesmal mit aufgerissenen Augen, einen kleinen Schrei ausstieß, das Gesicht wie vor heftiger Lust oder Schmerzen verzerrt.
Dann erschlafften ihre Züge, ihr Körper entspannte sich, und sie schloss die Augen. Mitch löste sich von ihr und sah nach: Das Kondom hatte gehalten. Er nahm es ab, verknotete es energisch und ließ es über die Bettkante fallen, um es später zu entsorgen.
»Ich kann jetzt nicht reden«, flüsterte Kaye.
Mitch blieb neben ihr liegen und genoss den Duft ihrer vereinten Körpersäfte. Er war wunschlos glücklich – zum ersten Mal seit Jahren.
»Was für ein Gefühl war das, ein Neandertaler zu sein?«, fragte Kaye. Draußen wurde es dunkler. Bis auf das entfernte Rauschen des Verkehrs, das gedämpft zu ihnen heraufdrang, war es still in der Wohnung.
Mitch stützte sich auf den Ellenbogen. »Darüber haben wir doch schon gesprochen.«
Kaye lag, von der Taille aufwärts nackt, auf dem Rücken. Sie hatte das Laken bis zum Nabel hochgezogen und lauschte auf etwas, das viel weiter entfernt war als der Verkehr.
»In San Diego«, sagte sie, »ich weiß. Wir haben uns über ihre Masken unterhalten. Über den Mann, der bei ihr geblieben ist.
Du hast gesagt, er müsse sie wohl sehr geliebt haben.«
»Stimmt«, sagte Mitch.
»Er muss ein seltenes Exemplar gewesen sein. Etwas Besonderes.
Im Fall der Frau auf dem NIH Gelände wollte ihr Freund nicht glauben, dass es sein Kind war.« Ihre Worte sprudelten jetzt immer schneller. »Laura Nilson, die PRLeiterin von Americol, hat uns gesagt, die meisten Männer wollten nicht glauben, dass es ihr Kind ist. Die meisten Frauen werden vermutlich lieber abtreiben als das Risiko einzugehen. Deshalb empfehlen sie demnächst die Pille für den Morgen danach. Wenn es Probleme mit dem Impfstoff gibt, können sie es damit immer noch aufhalten.«
Mitch verzog das Gesicht, als mache ihm das Thema zu schaffen. »Können wir das nicht eine Zeit lang vergessen?«
»Nein«, sagte Kaye. »Ich halte es nicht mehr aus. Wir werden alle Erstgeborenen hinmetzeln wie der Pharao in Ägypten. Wenn wir dabei bleiben, werden wir nie wissen, wie die nächste Generation aussieht. Sie werden alle tot sein. Willst du das?«
»Nein«, erwiderte Mitch, »aber das heißt nicht, dass ich weniger Angst hätte als jeder andere.« Er schüttelte den Kopf. »Ich frage mich, was ich wohl getan hätte, wenn ich der Mann gewesen wäre, damals vor fünfzehntausend Jahren. Sie wurden sicher aus dem Stamm ausgeschlossen. Vielleicht sind sie auch weggelaufen. Oder sie sind einfach nur spazieren gegangen, und sie wurde verwundet, als eine Horde die beiden überfiel.«
»Glaubst du das?«
»Nein. Ich weiß es wirklich nicht. Ich bin kein Mensch, der übersinnliche Wahrnehmungen oder telepathische Fähigkeiten hat.«
»Ich verderbe dir die Laune, stimmt’s?«
»Mmmh hmmm«, erwiderte er.
»Unser Leben gehört uns nicht«, sagte Kaye. Sie ließ einen Finger um seine Brustwarzen kreisen und strich durch die steifen Haare auf seiner Brust. »Aber wir können uns für kurze Zeit mit einer Schutzmauer umgeben. Bleibst du heute Nacht hier?«
Mitch küsste sie auf die Stirn, dann auf die Nase und die Wangen. »Die Unterbringung ist hier viel angenehmer als im YMCA.«
»Komm näher«, sagte Kaye.
»Viel näher geht nicht mehr.«
»Versuchs mal.«
Zitternd lag Kaye Lang im Dunkeln. Sie war sicher, dass Mitch schlief, aber um sich zu überzeugen, tippte sie ihm leicht auf den Rücken. Er bewegte sich, reagierte aber nicht. Er fühlte sich wohl.
Wohl bei ihr.
Ein solches Risiko war sie noch nie eingegangen; seit ihren ersten Jungenfreundschaften hatte sie immer auf Zuverlässigkeit und – so hoffte sie – Sicherheit geachtet; sie hatte sich einen sicheren Hafen schaffen wollen, einen Hafen, in dem sie ihrer Arbeit nachgehen und ihren eigenen Ideen folgen konnte, ohne dass die Außenwelt ihr mehr als irgend nötig in die Quere kam.
Ihre größte Errungenschaft war die Ehe mit Saul gewesen. Alles sprach für ihn: Alter, Erfahrung, Geld, Geschäftstüchtigkeit – das jedenfalls hatte sie geglaubt. Dass sie jetzt derart ins andere Extrem verfiel, war ganz
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