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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Meinungsverschiedenheiten«, sagte Jackson sarkastisch. »Ein Zerwürfnis.«
    »Dr.
    Lang, ich habe erfahren, dass Sie einige der von Dr. Jackson und Mark Augustine zum Ausdruck gebrachten Ansichten nicht teilen. Würden Sie bitte jetzt Ihren Standpunkt darlegen, damit wir uns ein Urteil bilden können?«
    Kaye blieb ein paar Sekunden lang wie betäubt sitzen. Dann gelang es ihr zu sagen: »Ich glaube nicht, dass hier eine faire Anhörung möglich ist, Sir. Offensichtlich bin ich in diesem Raum die einzige Person, deren Meinung von der offiziellen Erklärung abweicht, die Sie offenbar vorbereiten.«
    »Wir brauchen Solidarität, aber wir müssen auch fair sein«, erwiderte der wissenschaftliche Berater. »Ich habe Ihre Artikel über HERV gelesen, Ms. Lang. Ihre Arbeiten waren von grundsätzlicher Bedeutung und äußerst klug. Man könnte Sie durchaus für den Nobelpreis vorschlagen. Ihre abweichenden Ansichten verdienen zur Kenntnis genommen zu werden, und wir sind bereit, Sie anzuhören. Ich bedaure, dass niemand sich den Luxus erlauben und sich ausreichend Zeit nehmen kann. Es wäre schön, wenn wir das könnten.«
    Er bedeutete ihr mit einer Geste, nach vorn zu kommen. Kaye ging zum Rednerpult. Phillips trat zur Seite.
    »Ich habe meine Ansichten in zahlreichen Unterhaltungen mit Mr. Dicken sowie in einem Gespräch mit Ms. Cross und Dr. Jackson geäußert«, begann sie. »Heute Morgen habe ich einen Ordner mit Artikeln zusammengestellt, die dafür sprechen – darunter einige von mir selbst, andere mit Befunden aus dem HumanGenomProjekt, der Evolutionsbiologie und sogar der Paläontologie.« Sie öffnete ihren Aktenkoffer und reichte den Stapel mit Ordnern an Nilson weiter, die sie nach links herumgehen ließ.
    »Ich verfüge noch nicht über die schlüssige Klammer, die meine Theorien zusammenhält«, fuhr Kaye fort und nippte an einem Glas Wasser, das Augustine ihr gereicht hatte. »Die wissenschaftlichen Befunde über die Mumien von Innsbruck wurden der Öffentlichkeit noch nicht zugänglich gemacht.«
    Jackson rollte mit den Augen.
    »Aber ich besitze vorläufige Berichte über Befunde, die Dr. Dicken in der Türkei und der Republik Georgien gesammelt hat …«
    Sie redete zwanzig Minuten lang. Dabei konzentrierte sie sich auf einzelne Punkte sowie auf ihre Arbeiten mit transponierbaren Elementen und HERVDL3. Zu einem vagen Abschluss gelangte sie mit dem Bericht über ihre erfolgreiche Suche nach verschiedenen Versionen des LPC an jenem Tag, als Jackson sie über die Lokalisierung der SHEVAMutationen unterrichtet hatte. »Nach meiner Überzeugung ist SHEVAX eine Art Sicherungskopie oder Alternativreaktion, nachdem durch die anfängliche horizontale Übertragung keine lebensfähigen Kinder entstanden sind. Die von SHEVAX verursachten Sekundärschwangerschaften werden nicht mehr der Beeinträchtigung durch Herpes unterliegen. Aus ihnen werden gesunde, lebensfähige Kinder hervorgehen. Ich habe dafür keinen unmittelbaren Beleg; so weit mir bekannt ist, sind solche Kinder bisher nicht geboren worden. Aber ich bezweifle, dass wir noch lange warten müssen. Wir sollten uns darauf einstellen.«
    Kaye war selbst überrascht, dass sie einen so zusammenhängenden Vortrag gehalten hatte, aber gleichzeitig war sie sich nur allzu traurig bewusst, dass sie wahrscheinlich keine Wende herbeiführen würde. Augustine beobachtete sie genau – nach ihrem Eindruck mit einer gewissen Bewunderung – und schenkte ihr ein kurzes Lächeln.
    »Danke, Dr. Lang«, sagte Phillips. »Fragen?«
    Frank Shawbeck hob die Hand. »Unterstützt Dr. Dicken Ihre Schlussfolgerungen?«
    Dicken stand auf. »Ich habe es eine Zeit lang getan. Belege aus jüngster Zeit haben mich überzeugt, dass ich Unrecht hatte.«
    »Welche Belege?«, rief Jackson dazwischen. Augustine hob warnend den Finger, ließ die Frage aber zu.
    »Ich bin jetzt der Ansicht, dass SHEVA wie ein Krankheitserreger mutiert«, erwiderte Dicken. »Ich habe keinen Grund zu der Annahme, dass es nicht als Pathogen wirkt.«
    »Dr. Lang, stimmt es nicht, dass angeblich nichtinfektiöse Formen von HERV schon früher mit bestimmten Krebserkrankungen in Verbindung gebracht wurden?«, fragte Shawbeck.
    »Ja, Sir. Aber sie werden in nichtinfektiöser Form auch in vielen anderen Geweben einschließlich der Plazenta exprimiert. Erst jetzt haben wir die Möglichkeit, die vielen Funktionen dieser endogenen Retroviren zu verstehen.«
    »Bisher wissen wir also nicht, warum sie sich in unserem

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