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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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ihres abgestoßenen Fetus. In der anderen waren zwei luftdicht verschlossene Plastikbeutel mit mumifiziertem Haut- und Muskelgewebe, ein Geschenk des diensthabenden Kommandanten der erweiterten UN-Friedensmission in der Republik Georgien, Colonel Nicholas Beck.
    Das Gewebe aus den Gräbern bei Gordi war ein Schuss ins Dunkle, aber in Dickens Kopf fügte sich langsam eins zum anderen – eine verblüffende, beunruhigende Gesetzmäßigkeit kristallisierte sich heraus. Drei Jahre hatte er darauf verwendet, in der Welt der Viren das Gegenstück zum Höllenhund zu finden – eine sexuell übertragbare Krankheit, die ausschließlich schwangere Frauen befiel und unausweichlich zur Fehlgeburt führte. Es war eine Zeitbombe, genau das, was Dicken nach Augustines Auftrag finden sollte: etwas so Entsetzliches, so Aufwühlendes, dass die CDC garantiert Finanzmittel dafür auftreiben konnten.
    Während dieser Jahre war Dicken immer wieder in der Ukraine, Georgien und der Türkei gewesen, jedes Mal in der Hoffnung, Proben zu sammeln und eine epidemiologische Kartierung vorzunehmen. Und immer wieder hatten die staatlichen Gesundheitsbehörden aller drei Länder ihn gegen eine Wand laufen lassen.
    Dafür hatten sie ihre Gründe. Dicken hatte von mindestens drei, vielleicht sogar sieben Massengräbern mit den Leichen von Männern und Frauen erfahren, die man angeblich getötet hatte, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Gewebeproben von örtlichen Krankenhäusern zu beschaffen, hatte sich als äußerst schwierig erwiesen, obwohl die betreffenden Staaten offizielle Abkommen mit den CDC und der Weltgesundheitsorganisation geschlossen hatten. Man hatte ihm einzig die Besichtigung des Grabes bei Gordi gestattet, und auch das nur deshalb, weil es sich um eine UN-Untersuchung handelte. Eine Stunde nachdem Kaye Lang dort gewesen war, hatte er den Opfern die Gewebeproben entnommen.
    Mit einer Verschwörung zur Vertuschung einer Krankheit hatte Dicken es noch nie zu tun gehabt.
    Alle seine Arbeiten waren sicher wichtig und genau das, was Augustine brauchte, aber etwas anderes sollte sie in den Schatten stellen und geradezu lächerlich erscheinen lassen. Während Dicken in Europa war, hatte das verfolgte Wild sich im Heimatrevier der CDC gezeigt. Am Medical Center der University of California in Los Angeles hatte ein junger Wissenschaftler bei mehreren abgestoßenen Feten nach Gemeinsamkeiten gesucht und dabei ein bislang unbekanntes Virus entdeckt. Entsprechende Materialproben hatte er an Epidemiologen geschickt, die in San Francisco mit Forschungsgeldern der CDC arbeiteten. Diese hatten das genetische Material des Virus kopiert und sequenziert. Die Befunde hatten sie sofort an Mark Augustine weitergeleitet.
    Und Augustine hatte Dicken zu Hause angerufen. Mittlerweile machten schon Gerüchte die Runde, man habe das erste infektiöse humane endogene Retrovirus oder HERV entdeckt. Außerdem waren in den Medien vereinzelte Berichte über ein Virus erschienen, das Fehlgeburten verursachte. Bisher hatte niemand außerhalb der CDC hier einen Zusammenhang hergestellt. Auf dem Flug von London hatte Dicken eine teure halbe Stunde lang im Internet gesurft und wichtige fachspezifische Seiten und Newsgroups besucht; eine genaue Beschreibung der Entdeckung hatte er nirgendwo gefunden, aber überall war er erwartungsgemäß auf brennende Neugier gestoßen. Kein Wunder. Am Ende würde irgendjemand dafür womöglich den Nobelpreis bekommen – und Dicken hätte darauf wetten mögen, dass dieser Jemand Kaye Lang war.
    Als professioneller Virusjäger war Dicken schon lange von den HERVs fasziniert, jenen genetischen Fossilien uralter Krankheiten. Auf Lang war er erstmals vor zwei Jahren aufmerksam geworden, als sie in drei Fachaufsätzen einige Stellen auf den Chromosomen 14 und 17 des menschlichen Genoms beschrieb, wo sich Teile möglicherweise vollständiger, infektiöser HERVs befanden.
    Ihr genauester Bericht war in dem Fachblatt Virology erschienen und trug den Titel »Ein Modell für Expression, Zusammenbau und horizontale Übertragung chromosomal verteilter env-, pol- und gag- Gene: lebensfähige, alte Retroviruselemente bei Menschen und Affen«.
    Art und mögliches Ausmaß der Epidemie waren derzeit ein gut gehütetes Geheimnis, aber ein paar Insider an den CDC wussten immerhin so viel: Die bei den Feten gefundenen Retroviren waren genetisch mit den HERVs identisch und gehörten zum menschlichen Genom, seit sich in der Evolution die

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