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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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ist sein Sohn tot. Es gefiel mir nicht besonders, es war wirklich unheimlich, aber ich mußte einfach zuhören.
    Arne sah mich in der Tür stehen und hörte plötzlich auf und sagte: »Nein, das klingt nicht. Irgendwas stimmt hier nicht, vielleicht ist es die Akustik, vielleicht hast du das Klavier noch nicht richtig gestimmt. Ich muß jetzt zum Haus zurück. Warum spielst du deine Tonleitern nicht der kleinen Betsy vor? Ich glaube, sie hat ein besseres Gehör als wir beide zusammen. Soll sie dir sagen, was nicht stimmt!«
    Ich kann mich noch genau an seine Worte erinnern. Er sah mich direkt an, als er sprach, und lächelte irgendwie. Er hatte diese leuchtenden blauen Augen, wie der Himmel an einem eiskalten Wintertag, an dem die Sonne scheint, aber die Kälte nicht aus der Luft weicht.
    Er hob mich hoch und setzte mich auf seine Schulter und trug mich den Gang hinauf. Ich weiß noch, wie kalt es in der Kirche war nach der warmen Sonne draußen. Und ich dachte an das eine Mal, wo Dad mich auf dem Heuschober auf die Schultern genommen hatte.
    Arne setzte mich in der Bank vor dem Pfarrer ab und wuschelte mir durchs Haar – das bißchen, das ich hatte. Dann sagte er: »Bis nachher« und lächelte Inger zu, aber sie lächelte nicht zurück, sondern sah ihn wieder nur komisch an und spielte eine Tonleiter, während er hinausging. Hin und wieder sah sie mich an. Manchmal nickte ich, manchmal schüttelte ich den Kopf. Ich weiß auch nicht, wie ich merke, ob etwas richtig ist oder nicht. Ich merke es einfach.
    Wir müssen da noch eine halbe Stunde oder länger gesessen haben. Schließlich war sie zufrieden, und wir sagten dem Pfarrer auf Wiedersehen. Er wollte sich noch unterhalten, aber ich merkte, daß Inger keine Lust dazu hatte, und wir gingen raus. Nach der kalten Kirche war es, wie wenn man in eine heiße Badewanne steigt, und das helle Licht blendete mich.
    Dann fiel mir Mary ein.
    Ich rief nach ihr. Nichts. Es war wieder so wie in Madges Garten.
    Inger rief sie auch, und Reverend Disjohn kam aus der Kirche und fragte, was los wäre.
    »Ach, nichts«, sagte Inger. »Ich glaube, Mary ist schon mit Arne nach Hause gegangen.«
    Sie sagte es ganz beiläufig, aber an dem Blick, den sie und der Pfarrer sich zuwarfen, konnte ich sehen, daß sie sich entsetzliche Sorgen machten.
    Mir war auch entsetzlich zumute, aber nicht vor Sorge. Sorgen macht man sich, wenn man etwas nicht weiß. Und ich wußte, daß Mary verschwunden war.
    Wir liefen zum Heck-Hof zurück. Arne war da und Tante Chloe. Ich dachte, sie würde vor unseren Augen sterben, als wir fragten, ob Mary zurück wäre. Ich hatte schon oft gehört, wie Leute sagten, jemand wird weiß wie eine Wand, aber jetzt kapierte ich zum ersten Mal, was das heißt.
    Der Pfarrer war auf dem Weg durch das Dorf in die Gemeindehalle gegangen, und nun kam auch gleich die Polizei hinterher.
    Ich habe alles erzählt, was ich wußte. »Bist du sicher, daß es Benny Lightfoot war?« fragten sie mich immer wieder, und ich sagte immer wieder: »Ich glaube, ja.« Dann sagte Arne: »Ich glaube, das ist genug für die junge Dame, oder?« Und er legte seinen Arm um mich, führte mich raus und brachte mich nach Hause.
    Sie suchten wieder den Neb ab, mit Hunden und allem, wie letztes Mal. Und wie letztes Mal kamen sie mit nix zurück.
    Und sie suchten wieder nach Benny, aber auch den fanden sie wieder nicht.
    Seine Oma sagte, er wäre den ganzen Nachmittag bei ihr gewesen, bis er die Polizeiwagen den Weg raufkommen sah. Da wäre er dann weggelaufen, weil er die Fragerei nicht mehr ertragen konnte. Niemand glaubte ihr, zumindest nicht, daß er den ganzen Nachmittag bei ihr gewesen war.
    Dann kam Mr. Wulfstan nach Hause. Er drehte vollkommen durch. Er kam zu uns und fragte mich aus, was passiert ist. Zuerst versuchte er, nett und freundlich zu sein, aber nach einer Weile wurde seine Stimme immer lauter und er klang so böse, daß ich weinen mußte. »Was soll das heißen, du weißt nicht, wo sie sich versteckt hat? Was soll das heißen, du glaubst, du hast Benny gesehen? Was soll das heißen, du hast aufgehört zu spielen und hast in der Kirche der Musik zugehört?«
    Inzwischen hatte er mich gepackt, und ich heulte mir die Augen aus. Dann kam Mam wieder ins Zimmer, die rausgegangen war, um Tee zu kochen, und fragte ihn, was zum Teufel er da macht. Ich hatte sie vorher noch nie fluchen gehört. Mr. Wulfstan beruhigte sich etwas und sagte, es täte ihm leid, was aber nicht so klang, als ob das

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