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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Beamten von zentraler Bedeutung war, wie er oder sie mit dem Trio infernale klarkam.
    Mit großem Interesse hatte sie stillschweigend beobachtet, wie ihre männlichen Kollegen auf die drei reagierten. Dalziel jagte allen einen Heidenrespekt ein. Sein Zorn rollte über einen hinweg wie ein Panzer. Andererseits ist einem Infanteristen beim Zug in die Schlacht nichts lieber, als hinter einem Panzer herzumarschieren.
    Pascoe galt als ganz in Ordnung. Kümmerte sich sehr ums Fußvolk. Seinen anfänglichen Nachteil als Studierter hatte er mittlerweile abgesessen. Eigentlich würden die meisten ohne Dalziels gelegentliche Frotzeleien gar nicht weiter darüber nachdenken.
    Und Wield war … Wield. Unergründlich wie ein chinesisches Lexikon, aber über alles informiert, was ein guter Polizist wissen mußte. Es gab Gerüchte über sein Privatleben, die einen anderen die Stellung gekostet hätten. Aber an ihm, dem Felsen in der Brandung, zerschellten sie wie Treibgut und verschwanden wieder im Meer.
    Der gute Rat war: wenn Dalziel spricht, gehorche; wenn Pascoe spricht, dann höre; und wenn Wield spricht, dann mach dir Notizen.
    Doch Novello sah die drei inzwischen ganz anders.
    Die Gerüchte über Wield ignorierte sie. Für sie war er so offensichtlich schwul, daß sie diesen Hang zum Flüstern nicht verstehen konnte. Er war ein guter Polizist, und sie konnte viel von ihm lernen. Aber vermutlich war er auch ein Polizist, der sich ganz bewußt dafür entschieden hatte, lieber Sergeant zu bleiben, als die exponierte Position eines höheren Ranges zu riskieren. Obwohl sie das verstehen konnte, hatte sie nicht die Absicht, Wield diesbezüglich zum Vorbild zu nehmen.
    Pascoe. Zuerst hatte sie ihn gemocht. Er hatte sie freundlich und hilfsbereit aufgenommen und ihr zur Seite gestanden, als sie dem Dezernat beitrat. Das tat er immer noch. Aber Maggie Burroughs, die ihr beim Wechsel zur Kriminalpolizei sehr geholfen hatte, gab ihr einmal den Rat: »Nimm dich in acht vor den Freundlichen. Manchmal sind das die Schlimmsten.« Und als wenige Minuten nach dem Beginn der Schülerbefragung Pascoe seinen Kopf durch die Tür streckte und um ein paar Worte mit Mrs. Shimmings bat, verriet ihr sein entschuldigendes Lächeln lediglich, daß er seine Arbeit für undenkbar wichtiger hielt als ihre.
    Blieb noch Dalziel. Ein Panzer war nur eine Maschine, aber eine Maschine braucht jemanden, der sie in Gang bringt. Einen Mechaniker. Oder einen Gott. Es wurden Witze über die Heilige Dreifaltigkeit gerissen, üblicherweise mit Pascoe als Sohn und Wield als Heiligem Geist. Novello als annähernd gute Katholikin bevorzugte Pascoe als Heiligen Geist. Aber der dicke Andy Dalziel war unbestritten der Allmächtige. Wenn man ihn verärgerte, konnte man nur hoffen, daß einen sein Wutschnauben schnell außer Reichweite blies. Es war ein kleiner Trost zu wissen, daß niemand verschont blieb. Selbst der heilige Peter Pascoe bekam sein Fett weg. Der erste und letzte Satz des kriminalpolizeilichen Glaubensbekenntnisses hieß folglich:
Ich glaube an Andy Dalziel.
Aber Glaube ohne gute Taten brachten einen nicht in den Himmel, und obwohl der fette Prophet vorausgesagt hatte, daß die Befragung der Kinder reine Zeitverschwendung sei, würde er vermutlich trotzdem irgendein positives Ergebnis erwarten.
    Deshalb war sie sehr erleichtert, als sie in der Zentrale nur Wield vorfand. Er brütete über einer dicken Akte. In der Hand hielt er eine Dose Mineralwasser.
    Er sagte: »Der Kühlschrank ist gekommen. Bedienen Sie sich.«
    Dankbar nahm sie eine Dose Limonade. Sie hätte sie gern unter ihr T-Shirt geschoben und hin und her gerollt, aber sie vermied instinktiv alles, was ihre männlichen Kollegen allzu deutlich auf ihr Geschlecht aufmerksam machte. Selbst bei Wield.
    Vielleicht, dachte sie, haben wir vieles gemeinsam.
    »Und? Glück gehabt?« fragte er ohne aufzusehen.
    »Nicht viel. Anscheinend hat Lorraine ein geheimes Versteck oben am Ligg Beck, aber keiner weiß, wo.«
    »Das ist ja wohl klar, wenn es geheim ist«, erwiderte Wield mit kindlicher Logik. Er schloß die Akte. Verkehrtherum las sie DENDALE .
    »Nichts vom Suchtrupp bisher, Chef?«
    »Nichts.«
    »Dann könnte es sein, daß sie längst weg ist.«
    »Der Superintendent scheint anzunehmen, daß sie immer noch hier in der Gegend sind.«
    Sie bemerkte den Plural. Er merkte, daß sie es bemerkt hatte, korrigierte sich aber nicht.
    »Was meinen
Sie
denn, Chef?« wollte Novello wissen.
    Er sah sie

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