Das Dorn-Projekt: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 3
wäre sie nicht sie selbst, dachte sie über das nach, was seine Worte implizierten. Es machte sie nur noch entschlossener, diejenigen zu vernichten, die ihr das mit großer Wahrscheinlichkeit angetan hatten. Ihr undjemand anderem und einer Zukunft, die nun niemals wahr werden würde.
Sie blickte ihn aus dem Bett heraus mit Augen an, die in Tränen schwammen, und fragte leise und mit einer Stimme, so angespannt wie Durastahl kurz vor dem Bersten: »Hat man feststellen können, wie lange ich schon schwanger bin?«
5
Ist offensichtlich eine nette kleine Welt, dachte Elkannah Skettle bei sich, als Botha und er entspannt am Ufer des City Lake entlangschlenderten. Neue Spazierwege waren überall angelegt worden, um die Flut der erwarteten Gäste aufzunehmen. Durchsichtige Stege stießen weit in den See vor, sodass Kinder unter den Besuchern sich fantasiebegabt einbilden konnten, auf dem Wasser spazieren zu gehen, um dabei vergnügt die einheimischen und ausgewilderten Fische und Wassertiere, die gleich unter ihren Füßen schwammen, bei ihren Kunststückchen zu beobachten. Eine Vielzahl bunt gefiederter vogelartiger Wesen stieß auf die schimmernde Wasserfläche hinab und schoss wieder gen Himmel, tauchte furchtlos in die Tiefe, um sich zappelnde kleine Geschöpfe aus dem Wasser zu pflücken. Sie füllten die Luft mit ihren unerwartet klangvollen Rufen und tolerierten überraschenderweise die anwachsende Zahl von Besuchern, die sich noch vor der offiziellen Eröffnung der Messe am Seeufer zu drängen begannen.
Zu schade, dass das ganze herrliche Bild ruiniert wurde durch die Anwesenheit von Thranx.
Skettle hatte in den letzten Jahrzehnten viel Energie darauf verwendet, die sich intensivierende Beziehung zwischen der Menschheit und den Insektoiden herabzuwürdigen, um so seine Weltanschauung zu festigen. Trotzdem hatte er erst ein paar Thranx von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden. Sie mittels 3-D zu studieren, war schließlich kein Problem mehr. Diese widerlichen Kreaturen sah man überall in den Medien. Heutzutage war es richtig schwierig, in den Tausenden von verfügbaren Massenmedien nicht immer wieder auf sie zu stoßen; nichts als hervorquellende Facettenaugen, zappelnde Antennen und eine ekelige Masse von Mundwerkzeugen. Wenn überhaupt, war es noch schlimmer, direkt auf sie zu treffen.
Skettle konnte dieselbe heftige Abscheu in dem kleineren, dunkleren Mann spüren, der sich seinem Schritt anpasste, jedem, den er tat. Botha war nicht besonders gesprächig; er fühlte sich unbehaglich, selbst beim zwanglosen Zusammensein mit seinesgleichen. Aber seine größte Abneigung galt den Insektenviechern. Da er nun mal über nur wenig soziale Kompetenz verfügte, musste man ihn unbedingt und ohne Unterbrechung im Auge behalten, damit sich seine tief empfundenen Emotionen nicht in einer Art und Weise äußerten, die für seine Mitstreiter wie für ihn gefährlich werden konnten. Skettle hatte diesmal selbst diese Aufgabe übernommen, weshalb der Ingenieur heute ihm zugeteilt war. Hass sei gesund, hatte er Botha zu mehr als einer Gelegenheit versichert. Aber Hass musste immer durch den Verstand gezügelt werden. Und, um wirklich effektiv zu sein, musste Skrupellosigkeit zum richtigen Zeitpunkt zum Einsatz kommen.
Als Skettle und Botha an einem Pärchen dieser Kreaturen vorbeigingen, beide mit perlmutt- und aquamarinblau schimmernden Exoskeletten, die einen atmenberaubenden Duft verströmten, verlagerte Skettle sein Gewicht gerade genug, um Botha zur Seite zu stoßen. Beleidigt und konsterniert starrte der untersetzte Ingenieur Skettle an.
»Was soll das, Elkannah?«
»Geh einfach weiter! Sieh dir die Tierwelt da auf dem See an! Das ist besser!« Als er sich sicher war, außer Hörweite jedes anderen Besuchers zu sein, und nachgeprüft hatte, dass sein persönliches Abschirmfeld auf Höchstlast lief, hob Skettle die Hand vors Gesicht, damit niemand aus der Entfernung von seinen Lippen lesen konnte. »Wie oft muss ich dich noch ermahnen, mein Freund Botha, deine wahren Gefühle für die Schaben für dich zu behalten?«
Der Gesichtsausdruck des kleineren Mannes zeigte ehrliche Überraschung. »Hab ich doch! Oder nicht?«
»Dein Gesicht ist wie ein offenes Buch, Piet.« Skettle, der ältere der beiden, strich sich über den Bart. »Ich kann mich wenigstens darauf verlassen, dass mein langer grauer Bart die Emotionen verdeckt, die mich sonst womöglich verraten würden. Solange du aber auf einer
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