Das Dornröschen-Projekt - Krimi
Schmelzer von den anderen Bullen als Laufbursche betrachtet wurde, dem sie wichtige Fälle nicht zutrauten. Aus dem Entenmann-Fall jedenfalls hatten sie ihn hinausgedrängt, obwohl er für die Okerstraßen- WG zuständig war. Und die Okerstraßen- WG vermutete, dass Schmelzer unzufrieden war und es seinen Vorgesetzten und Kollegen heimzahlen wollte.
Schmelzer lächelte abfällig.
Die Wirtin kam, und Schmelzer schickte sie weg.
»Kommen wir zur Sache«, sagte er muffig.
Knapp zwei Stunden später waren sie zurück in der Wohnung. Twiggy war nicht mehr da. Die drei hatten die Haushaltskasse geplündert und ihn weggeschickt, damit er sich ein schickes Hotel suchte. Sie hatten vereinbart, dass Twiggy auf keinen Fall in die Wohnung zurückkehren würde, bevor Wennermann nicht klein beigegeben hatte. Wenn sie zusammenblieben, konnten die anderen glauben, sie hätten doch noch eine Chance. Aber solange sie Twiggy nicht kriegten, mussten sie mit dem Schlimmsten rechnen.
Matti fühlte Angst und Zuversicht in einem. Jetzt wussten sie endlich, wie der Hase lief. Jetzt waren sie es, die bestimmten, was geschah. Sie stellten die Bedingungen. Er malte sich aus, wie Panik ausbrach bei Schaleis, Entenmann, aber vor allem ganz oben, wo immer das war. Er spielte mit dem Babyfon, das er gekauft hatte, es funktionierte. Matti legte das Gerät zurück auf seinen Schreibtisch und verließ das Zimmer. Er klopfte bei Dornröschen und öffnete die Tür. Sie lag auf dem Bett und streichelte Robbi, der wie eine Wurst quer über ihrem Bauch hing, mit geschlossenen Augen und die Decke im Milchtritt. Er schnurrte laut. Dornröschen schaute ihn aus halb geschlossenen Augen an, und Matti glaubte für einen Augenblick, sie würde auch anfangen zu schnurren. Sie lächelte ihn an.
»Bist du unruhig?«, fragte sie.
»Ja. Bisher ist alles schiefgegangen. Und Lily …«
»Die wird ihnen verraten, was wir wissen und was wir noch nicht wissen. Das ist gut.«
»Warum ist das gut, wenn sie wissen, was wir nicht wissen?«
Sie lächelte, schien entspannt, angstfrei. »Diese Idee mit dem Internet verbreitet Angst und Schrecken. Irgendwo gibt es Kryptologen, die können diese Scheiß- DVD entschlüsseln. Keiner weiß, was die damit anfangen. Ich tippe darauf, dass es irgendeinen geben wird, der es einfach veröffentlicht. Dass irgendwann alles im Netz steht, was auf der DVD ist. Und Lily wird ihnen wahrheitsgemäß sagen, dass die Sache angelaufen ist. Dass sie vielleicht nicht mehr anzuhalten ist. Dass die VS ler und ihre Auftraggeber sich höllisch beeilen müssen, sich mit uns zu einigen. Wir stauben dabei nicht nur einen Sechserpack Pils ab.« Sie grinste, und Robbi blinzelte Matti an.
»Irgendwas versuchen die noch«, sagte Matti. Er lehnte am Türrahmen.
»Natürlich«, sagte Dornröschen. »Das müssen sie.«
»Was ist auf der DVD ? Was meinst du?«
»’ne Riesensauerei, was sonst?«
Matti nickte. »Eine Riesenriesensauerei.«
Sie gähnte.
»Hast du keinen Schiss?«, fragte Matti, und es war ihm merkwürdig im Magen zumute, als er es fragte.
»Doch«, sagte sie. »Aber vor allem bin ich froh, dass wir es doch nicht auf uns sitzen lassen. Dass wir die Kurve gekriegt haben. Dass wir sie doch noch versenken werden. Mit ein bisschen Glück.«
»Versenken, das ist schön.« Matti lächelte, aber er spürte die Angst. Die Warterei war nervig. Sie hätten ihn früher herbestellen sollen.
Wennermann war pünktlich. Als Matti die Tür öffnete, marschierte der VS -Präsident schnurstracks in die Küche. Dornröschen saß dort und legte die taz zur Seite. Sie deutete auf den Stuhl ihr gegenüber.
Matti hatte die Wohnungstür geschlossen und folgte Wennermann. Irgendetwas gefiel ihm nicht an diesem Mann. War es das selbstbewusste Auftreten, das Begrüßungslächeln, in das er Vorfreude hineinlas, war es die Zielstrebigkeit, mit der der Typ zeigte, dass er sich auskannte in der Wohnung?
Wennermann setzte sich, legte seine Hände auf den Tisch und sagte: »Wir haben, wie nennen Sie ihn, also diesen Twiggy.«
»Lassen Sie ihn laufen!«, schnauzte Matti.
Dornröschen beugte sich nach vorn. »Wenn ihm das Geringste geschieht, gehen Sie hoch. Jetzt erst recht. Wenn er in einer Viertelstunde nicht frei ist, dann ist das Gespräch beendet. Verstanden?« Sie war äußerlich eiskalt.
»Gut, ich denke darüber nach.« Er schaute ganz ruhig auf seine Uhr. »Ein paar Minuten haben wir ja noch.«
»In denen könnten Sie uns erklären, warum Sie Konrad
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