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Das Dornröschen-Projekt - Krimi

Das Dornröschen-Projekt - Krimi

Titel: Das Dornröschen-Projekt - Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Dornröschen, ist sie immer noch so … müde?« Sie lachte wieder.
    Matti nickte und räusperte sich.
    »Und Twiggy …?« Lily formte mit den Händen eine Tonne.
    Matti grinste und nickte.
    »Aber ich fand sie beide schon immer schwer in Ordnung. Echt.«
    Matti überlegte. Das hatte er anders in Erinnerung. Nicht dass Lily damals über die Freunde hergezogen wäre, aber sie hatte kaum ein Wort über sie verloren oder mit ihnen gesprochen. »Hallo, wie geht’s?« Oder? Er konnte sich nicht erinnern, dass sie die beiden Freunde mal gepriesen hätte wie gerade. Aber damals war sie wohl befangen, auf eine andere Weise als er jetzt, und es galt als uncool, sich euphorisch zu geben.
    »Und politisch?«
    »Na, die Revolution wurde abgesagt. Weiß gar nicht, wann und von wem. Auf einmal war sie weg, und keiner hat’s gemerkt.«
    Lily lachte, er fand es etwas aufreizend, wie sie ihre makellosen Zähne zeigte. »Ich auch nicht. Und was heißt das?« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr sie fort. »Für mich hieß das, dass ich die Konsequenz daraus gezogen habe und Anwältin geworden bin, erst in einer kleinen Kanzlei in Charlottenburg, jetzt bei der großen am Ku’damm. Das musst du dir mal vorstellen, die kleine Lily bei Müller-Kronscheidt und Partnern, die Kanzlei in der Hauptstadt.«
    »Bist du schon … Partnerin oder wie das heißt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »So was dauert, und man muss Glück haben, vor allem sich aber den Allerwertesten aufreißen. Aber noch mal, was machst du, wenn du nicht Taxi fährst? Die Frage hast du noch nicht beantwortet.«
    Der Flaumbart brachte das Essen, lächelte eher desinteressiert und wünschte »Guten Appetit!«, bevor er zum Nachbartisch ging, wo eine dürre Schwarzhaarige schon eine Weile mit den Fingern schnippte wie in der Grundschule.
    Der Kotelettentyp trank und schien schrecklich gelangweilt. Kurz trafen sich ihre Blicke, aber der Typ schaute weg.
    Was mache ich, wenn ich nicht Taxi fahre? Matti dachte an die Freitagabende, die Ernte, das Schweigegelübde, das nur Robbi durchhielt, die Mau-Mau-Spiele, die Veranstaltungen, die sie besuchten, und dies nicht nur schweigend, die Demos, auf die sie immer noch gingen mit den paar Leuten, die bei der Stange geblieben waren, und er dachte an die Sache mit Norbi und an die alten Geschichten, die sie umwoben wie ein unsichtbarer Schleier. »Wir machen, was möglich ist«, sagte er endlich und schaute in Lilys wartende Augen. Sie ist nicht mehr so nervös wie früher. Sie weiß, was sie will. Aber was will sie?
    »Ihr bleibt, wie ihr immer wart«, sagte sie mild.
    »Nein, wir verändern uns«, erwiderte Matti. »Wir leisten Widerstand, auch wenn wir das große Ziel nicht mehr haben. Aber Widerstand muss sein, man kann ja nicht alles mit sich machen lassen wie diese Stinos.« Er erschrak ein bisschen, vielleicht wollte Lily auch nur noch stinknormal sein.
    Sie lachte aber nur. »Und Dornröschen zieht die Strippen …« Lily tat so, als würde sie gähnen. Warum mussten sich immer alle über Dornröschen lustig machen?, ärgerte sich Matti. Aber der Ärger verschwand so schnell, wie er gekommen war.
    Er zuckte mit den Achseln. Dann rollte er die erste Portion Spaghetti auf die Gabel.
    »Ich fand euch drei immer ziemlich … perfekt. Zusammen unschlagbar.« Sie lachte. »Twiggy der Bastler, Dornröschen das abgehobene Masterbrain, und du als der Einzige mit praktischem Verstand. Und viel intelligenter, als es auf den ersten Eindruck scheint.« Sie hob die Hände. »Nicht dass du blöd daherkommst. Siehst gut aus, das lenkt gewissermaßen ab, aber der große Redner bist du nicht. Du durchschaust das alles, auch deine Rolle, die du spielst, freiwillig natürlich. Die Verhältnisse in eurer WG haben sich zurechtgerückt, als Dornröschen auftauchte, davor warst du der helle Kopf, aber diesen Part hast du ihr überlassen. Vielleicht weil es sonst keine Rolle für sie gegeben hätte. Und weil es für dich bequem ist. Du bist nämlich ein fauler Sack.«
    Was will sie? Natürlich, so unrecht hat sie nicht. Aber was sie nicht versteht, ist, dass ich mich wohlfühle, so, wie es ist. Und dass Dornröschen der klügste Mensch ist, den ich kenne. »Warum sagst du das?« Die Befangenheit war spurlos verflogen, er war nun gereizt, sie rührte in Dingen herum, die niemanden etwas angingen. Warum?
    »Ich hab doch recht«, sagte Lily mit vollem Mund.
    »Selbst wenn«, erwiderte Matti. Er war wieder ruhig. Warum hatte er sich überhaupt

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