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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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befand sich auch ein kleiner Holzpflock aus Holunderholz, den er aus einem der Bohrlöcher auf dem »Grauen Wolf« gezogen hatte. Er blies die Locken von seiner flach ausgestreckten Hand und betrachtete den Dübel. Holunderholz. Es konnte nichts Ungeeigneteres als Dübelmaterial geben als brüchigen Holunder mit frischem Mark. Am besten wußten das die Männer, die berufsmäßig mit Holz zu tun hatten. Und allmählich formte sich in Folke eine Vorstellung davon, wie Sven vorgegangen war, als er den »Grauen Wolf« versenkt hatte. Gerade wollte er den anderen nachsetzen, als er Hrolf und Bolli schwer beladen die Dorfstraße herunterkommen sah. Sie beachteten die wütenden Bauern nicht, und diese machten ihnen schweigend Platz trotz der Drohungen, die sie noch vor kurzem ausgestoßen hatten. Folke wartete auf die beiden Männer. Zuerst dachte er, Hrolf sehe ihn nicht, weil der mit dem Sack auf dem Rücken an ihm vorbeimarschierte, ungeachtet der Tatsache, daß Bolli ihn freundlich ansprach.
    »Ich dachte, du wärst bereits bis Birka und noch weiter«, knurrte Hrolf, als Folke an seine Seite sprang. »Ich an deiner Stelle würde mit meinem Leben nicht so spielen. Auch wenn es nicht viel wert ist!«
    »Was?« stammelte Folke, bis ihm einfiel, was Aslak erzählt hatte. »Ich glaube, du denkst noch allen Ernstes, daß ich den >Grauen Wolf< versenkt habe!«
    »Denken?« fragte Hrolf höhnisch, ohne Folke einen Blick zu gönnen. »Wissen! Du bist der einzige, der täglich mit einem Bohrer umgeht und, vor allem, einen hat. Und ist das alles nicht erst passiert, seitdem du an Bord gekommen bist?«
    »Einen Augenblick!« sagte Bolli und warf seine Last ab. Die Arme in die Seiten gestemmt, breitbeinig auf dem spärlich bewachsenen Weg stehend, sah er von Hrolf zu Folke. »Willst du behaupten, dieser stoppelbärtige Jüngling, den wir freundlich aufgenommen haben.?«
    Hrolf nickte.
    »Dann soll er ertränkt werden«, entschied Bolli und machte sich mit ausgebreiteten Armen daran, Folke einzufangen wie ein Schaf auf der Weide.
    »Welchen Grund hätte ich denn?« schrie Folke, denn jetzt ging es um sein Leben. Gegen den kräftigen Bolli würde er nicht ankommen. »Ohne meine Hilfe hätte Hjalti euer Schiff bereits bei Stexvig in Grund und Boden gesegelt!«
    Bolli schob seine Wollkappe zurück und blinzelte verwirrt. »Das stimmt.«
    Folke wich dennoch vor ihm zurück. Bolli war trotz seiner Schwergewichtigkeit schnell, und wenn er sich plötzlich anders besann ... Ohne ihn aus den Augen zu lassen, zog Folke den Holunderdübel aus der Tasche. Er warf ihn Hrolf vor die Füße. »Sieh dir den an. Damit waren die Bohrlöcher in den Planken verstopft worden. Dieser hier war zu dick und wurde nicht herausgeschwemmt, wie Sven es geplant hatte.«
    »Sven!« stieß Hrolf aus, bückte sich und hob das Holzstückchen auf. Dann ließ er sich auf die Steine fallen. Bolli setzte sich mit neugierigem Gesicht neben ihn. Folke traute dem Frieden noch nicht ganz und hielt sich in angemessener Entfernung. »Sven hat zu der Zeit gebohrt, in der Alf die Wache versäumte, und dann die Löcher mit Holunder verschlossen, damit der >Graue Wolf< nicht bereits im Hafen versank. Die meisten Dübel wurden herausgedrückt, und wo nicht, drang genug Wasser durch das Mark. Und wenn kein einziger Dübel herausgeschwemmt worden wäre, hätte es eben länger gedauert.« Das alles sprudelte Folke in großer Hast hinaus, um die beiden Männer zu überzeugen.
    Hrolf drehte und wendete den Dübel zwischen den Fingern und sagte kein Wort. Auch Bolli war sprachlos. Endlich kniete sich Folke vor Hrolf in den Sand. »Sechs Bohrlöcher habe ich allein im Vorschiff gezählt, aber es werden im übrigen Rumpf noch mehr gewesen sein. Erinnerst du dich, wie du sagtest, wir hätten Muscheln angesetzt?« fragte er und wartete kaum Hrolfs Nicken ab, um die Erklärung zu liefern, auf die er gekommen war: »Wahrscheinlich hatte Sven da bereits ein paar Löcher gemacht. Auf der Insel mit dem Wachtturm war er allein auf dem Schiff. Auch ich merkte, daß wir nicht soviel
    Fahrt machten, wie wir eigentlich hätten sollen.«
    »Was du alles weißt«, stellte Bolli mit großer Bewunderung fest.
    »Einer der alles weiß, übersieht manchmal das Wichtigste.« Hrolf schmetterte den Dübel so heftig in den Sand, daß er verschwand, und sah Folke ins Gesicht. »All das trifft zu, das glaube ich dir. Aber Sven hat kaum Verstand genug, um zu begreifen, wie er das Ruder bedienen muß. Glaubst du,

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