Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
blinzelte. Nahm die Zigarrenkiste in die andere Hand. Versuchte mir ein Lächeln abzuringen.
»Sei lieb zu deiner Mutter. Sie kann nichts dafür, dass sie morgens immer so unausstehlich ist. Und sag ihr nicht , dass ich das gesagt habe!«
»Tschau, Daddy!«
Und dann war Michelle wieder dran. »Jetzt steig schon ein, sonst kannst du was …« Ich hörte eine Autotür knallen. »Katie hat nächste Woche Geburtstag.«
»Rebecca hat heute Geburtstag.«
»Nein.«
»Michelle, sie ist –«
»Ich rede nicht darüber, Ash. Du hast versprochen, dass du dich um den Saal kümmern wirst, und –«
»Fünf Jahre.«
»Nicht mal einen lausigen Zettel hat sie hinterlassen! Wie undankbar muss man sein …« Eine Pause; ich hörte, wie sie die Luft zischend durch die zusammengebissenen Zähne einsog. »Warum müssen wir uns das jedes Jahr aufs Neue antun? Wir sind Rebecca völlig egal, Ash. Fünf Jahre und nicht mal ein einziger Anruf. Also, hast du nun einen Saal für Katies Party organisiert oder nicht?«
»Es ist alles geregelt, okay? Alles reserviert und bezahlt.« Na ja, fast …
»Montag, Ash: Ihr Geburtstag ist am Montag. Heute in einer Woche.«
»Ich sagte doch, es ist reserviert .« Ich sah auf meine Uhr. »Du kommst zu spät.«
» Montag. « Sie legte grußlos auf.
Ich steckte das Handy wieder in die Tasche.
Wäre es wirklich so schlimm, einfach nur über Rebecca zu reden ? Sich daran zu erinnern, wie sie gewesen war, bevor … Bevor das mit den Geburtstagskarten anfing.
Oben schob ich die Zigarrenkiste in ihr Versteck zurück – unter einer losen Bodendiele im Schlafzimmer –, dann tappte ich hinunter ins Wohnzimmer und stieß den hoffnungslosen Fall auf der Couch an. » Maximal zwei Tramadol alle vier Stunden, verstanden? Wenn ich heimkomme und deine modernde Leiche auf meinem Sofa finde, weil du eine Überdosis eingeworfen hast, dann bring ich dich um, ich schwör’s!«
»… verlautete aus dem Umkreis der Ermittlungen, dass die Polizei die Leiche einer zweiten jungen Frau freigelegt hat. Es folgen Lokalnachrichten. Die Tayside Police verweigerte jeglichen Kommentar zu Behauptungen, wonach die Eltern des vermissten Teenagers Helen McMillan eine Karte von einem Serienmörder erhalten hätten, der als der ›Gratulator‹ bekannt ist …«
»Was? Nein, du musst lauter reden.« Ich klemmte das Handy zwischen Ohr und Schulter, während ich meinen altersschwachen Renault durch den Kreisverkehr bugsierte. Dundee präsentierte sich als düsteres Grau in Grau unter einem lehmfarbenen Himmel. Der Regen klatschte an die Frontscheibe, hochgeschleudert in zwei Fontänen von den Reifen des Audi vor mir. »Hallo?«
»Hallo?« DCI Weber war durch das Dröhnen des Motors, das Quietschen der Scheibenwischer und das Knacken und Rauschen des Radios kaum zu verstehen. »Wie lange, habe ich gefragt?«
»… wo Assistant Chief Constable Eric Montgomery das folgende Statement abgab.«
Der ACC von Dundee klang, als hätte er sich beide Daumen in die Nase gesteckt . »Wir bitten alle Personen, die Helen am Tag ihres Verschwindens im November vergangenen Jahres oder danach gesehen zu haben glauben, sich mit der nächsten Polizeidienststelle in Verbindung zu setzen …«
Ich drehte das Radio leiser, bis es nur noch ein dumpfes Hintergrundsummen war. »Woher soll ich das wissen?« Die vierspurige Schnellstraße war ein Band aus roten Rücklichtern, das sich bis zur Kreuzung mit dem Kingsway zog. Ein Schild blinkte auf: » STRASSENBAUARBEITEN – RECHNEN SIE MIT VERZÖGERUNGEN. « Was ihr nicht sagt. Ich trat auf die Bremse. Trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. »Könnte Wochen dauern.«
»Das ist doch zum … Was soll ich denn dem Chief erzählen?«
»Das Übliche: Wir ermitteln in verschiedene Richtungen, und –«
»Seh ich aus, als wär ich erst letzte Woche aus dem Loch Ness aufgetaucht? Wir brauchen einen Verdächtigen, wir brauchen einen Erfolg, und wir brauchen ihn jetzt. Da unten am Empfang hat sich die halbe Medienmeute von Schottland versammelt und wartet auf ein Statement, und die andere Hälfte belagert die McDermid Avenue –«
Der Verkehr kam kaum voran – ein paar Meter im Schritttempo, dann Stillstand, dann wieder ein paar Meter. Warum konnte keine Sau mehr anständig Auto fahren?
»– hörst du mir überhaupt zu?«
»Was?« Ich blinzelte. »Doch … aber was können wir da schon großartig machen?« In der anderen Spur tat sich eine Lücke auf, und ich trat das Gaspedal durch, doch der
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