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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjarne Reuter
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jedenfalls eine Verbindung. Eine Art Schleuse.«
    »Kann man dadurch zum Strand schwimmen?«
    »Ja, das kann man.«
    »Gut, gut, Johan, wir schwimmen hin, du und ich.« Bromsen sah sich um. »Ihr anderen bleibt hier. Johan und ich sehen uns die Schleuse an und sind dann gleich wieder da. Filip und Anders kümmern sich um JB.   Und Eva, könntest du Vanessa auf den Rücken nehmen? Oder was meinst du?«
    Eva nickte.
    »Ich bin ganz deiner Meinung. Das ist ein guter Plan. So machen wir’s. Und wir wissen ja, dass Johan ein Meisterschwimmer ist.«
    Eva zwinkerte dem vierschrötigen Jungen zu und legte den Arm um Vanessa.
    »Das wird schon alles gut gehen«, sagte sie.
     
    Sie brauchten eine Ewigkeit. So kam es den anderen jedenfalls vor, aber als Bromsen dann zurückkam, brachte er gute Nachrichten.
    »Da ist ein Loch«, stöhnte er. »Da ist ein Loch ins Meer. Es hat irgendwann wohl eine Art Luke gegeben, aber die ist vom Druck von außen weggerissen worden. Und das Wasser kommt aus dem Becken.«
    Bromsen zitterte am ganzen Leib, vor Erschöpfung,Kälte und Müdigkeit. Seine Lippen waren blau und seine stechenden Augen zeigten einen Hauch von Verzweiflung.
    Eva spürte Vanessas Gewicht auf ihrem Rücken und achtete nicht auf ihr Weinen, das der Geige galt.
    Filip und Anders traten Wasser und hielten Julius fest, während die anderen versuchten, nach besten Kräften zurechtzukommen.
    »Hört alle her«, rief Bromsen. »Johan ist vermutlich schon draußen am Strand, es ist nicht weit, es dauert höchstens eine Minute, aber im Keller ist es stockfinster, das Wasser geht bis zur Decke, ihr müsst euch also bis zur Schleuse zum Meer vortasten. Ihr spürt die Steine unter euren Füßen, wenn ihr so weit gekommen seid, aber ihr müsst mir versprechen, dass   …«
    Bromsens Stimme versagte. Sein Blick irrte umher. Er senkte den Kopf.
    Eva kam ihm zu Hilfe.
    »Wir haben alle schon unter Wasser geschwommen, und wir kommen hier weg, wenn ihr auf uns hört. Aber wir müssen die Zähne zusammenbeißen und tapfer sein. Und das sind wir doch auch, wir sind ausdauernd und tapfer. Sagt es zusammen, sagt es mit mir: Wir sind ausdauernd und tapfer.«
    Sie wiederholten es, in einem zögernden, leisen Chor.
    »Denn wir lassen uns das nicht gefallen«, sagte Eva dann. »Und wir kommen hier raus, weil wir rauswollen. Sind wir da einer Meinung?«
    Sie sah sie an: Vibe, Julius, Tineke und Gustav sowie Anders und Betty, die einander kleine Signale schickten, die sich nicht missverstehen ließen. Sie nahmen Abschied voneinander.
    Eva riss sich zusammen.
    »Wir bilden eine Kette«, sagte sie. »Eine starke Kette, und wir schwimmen gleich hintereinander. Filip, du zuerst, du schwimmst wie ein Delfin und du bist stark und mutig. Los mit dir! Geh zu deinem Bruder. Der wartet am Strand.«
    Eva sah, wie der Junge tief Luft holte, um dann in dem dunklen Wasser zu verschwinden.
    Für einen Moment ließ sie sich von der Last der Verantwortung überwältigen, die ihr befahl, das Unmögliche zu tun, nämlich sie loszuschicken, ohne zu ahnen, was sie erwartete. Aber was sie zu zerreißen drohte, war das Vertrauen der Kinder. Keins stellte Fragen, keins brachte Einwände vor, alle gehorchten, bissen die Zähne zusammen und taten, wie ihnen geheißen. Ohne zu murren.
    »Wir kommen raus«, flüsterte sie. »Wir kommen hier alle raus.«
    Sie senkte den Kopf und schloss die Augen, dachte an die Schatten unter den Kastanien, an das Läuten des Glockenturms und das ewige Gurren auf dem Dachfirst.
    Licht und Schatten. Markiert die Zeit, die uns noch bleibt.
    Vom Wasserhahn fallen die Tropfen mit einer Sekunde Zwischenraum.
    Aber jetzt tropft es nicht mehr.
    Es schäumt heraus.
    Sie packte Anders.
    »Bist du so weit, Anders?«
    »Ja, ich bin so weit. Und du?«
    »Ja, ich bin so weit. Thomas. Gustav, Franz und Betty, ihr folgt Anders. Ihr schwimmt dicht hintereinander, still und ruhig. Es wird alles gut gehen.«
    »Ich bleibe bei dir, Eva.«
    »Los, Betty. Tu, was ich sage.«
    »Aber Eva.«
    »Wir sehen uns gleich am Strand, Betty.«
    »Versprichst du das?« Eva starrte in die großen Pupillen des Mädchens.
    »Das verspreche ich«, flüsterte sie. »Das verspreche ich, Betty.«
     
    Sie verschwanden der Reihe nach. Verschwanden in dem schwarzen Wasser.
    Am Ende waren nur noch Eva, Vanessa, Bromsen und Julius Blumendorph übrig. JB saß schon auf Bromsens Rücken und hielt den Riemen seiner Kutte im Mund. »Wenn ich nach Hause komme, will ich mein

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