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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjarne Reuter
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Lieblingsessen«, sagte er.
    Eva legte ihm die Hand an die Wange.
    »Du bist ein Glückspilz«, flüsterte sie.
    »Lammkoteletts«, seufzte Julius. »Meine Mutter macht die besten Lammkoteletts auf der Welt.«
    Bromsen räusperte sich.
    »Okay, du hältst dich an mir fest, Blumendorph, und wenn ich es sage, dann füllst du deine Lunge mit Luft und dann tauchen wir, und du lässt nicht los, du hältst dich fest, egal, was passiert. Ist das abgemacht?«
    »Ja, das ist abgemacht.«
    »Gut, Julius, gut, mein Freund.«
    Bromsen sah Eva an.
    »Wir sehen uns am Strand«, sagte er.
    »Natürlich tun wir das. Viel Glück, Julius.«
    JB schloss die Augen halb.
    »Aloha«, sagte er.
    Eva zwinkerte ihm zu.
    »Aloha«, flüsterte sie.
    Und weg waren sie: Lars Bromsen und der dicke Blumendorph.
    Vanessa klammerte sich noch immer an Evas Rücken, sagte aber, sie könne durchaus die Beine benutzen.
    »Ich weiß nur nicht, wie viel Luft ich habe.«
    »Du hast, was du brauchst. Wenn Julius das kann, dann kannst du das auch.«
    Eva packte Vanessas Hände.
    »Du brauchst keine Angst zu haben.«
    »Aber das habe ich. Alle anderen sind weg.«
    »Sie sind nicht weg, Vanessa. Sie sind draußen am Strand. Sie sind durch die Schleuse geschwommen und sie stehen vor dem Haus am Strand.«
    »Ich glaube, sie sind ertrunken. Anders und Betty, ichhabe gesehen, wie sie sich voneinander verabschiedet haben.«
    »Sie sind nicht ertrunken, Vanessa. Sie stehen zusammen mit Bromsen und allen anderen am Strand. Sie warten nur auf dich. Und jetzt schwimmen wir   …«
    »Eva   …«
    »Ja?«
    »Kannst du uns verzeihen? Das, was wir mit Frau Wagner gemacht haben?«
    Eva senkte den Kopf.
    »Ja«, sagte sie. »Das kann ich.«
    »Du hast keine Ahnung, wie viel mir das bedeutet. Ich habe so oft gedacht, dass wir keine anständigen Menschen werden können, weil wir das getan haben.«
    Eva griff nach dem Handgelenk des Mädchens.
    »Wenn dir das etwas bedeutet, Vanessa, dann habe ich dir verziehen, und du bist ein anständiger Mensch, aber jetzt   … jetzt schwimmen wir beide, mit allen Kräften. Okay? Wir sind als Einzige noch hier, alle anderen sind schon draußen am Strand. Halt dich fest, Vanessa. Halt dich fest, Herzchen.«
     
    Rasch sind sie unten im Keller, der sich in ein Becken voll schwarzem Wasser verwandelt hat. Eva orientiert sich am Geräusch der Blasen. Vanessa macht Schwimmbewegungen mit den Beinen, es geht schneller als erwartet, und als Eva den siebten Schwimmzug macht, knallt sie gegen den Beckenrand und wird in den Behälter gesaugt,wo sie sich umdreht, Vanessa verliert ihr bleiches Gesicht und ihren perlmuttweißen Mund, sieht Eva, stößt sich mit dem Fuß ab und greift nach ihrer Hand, spürt den Druck in der Lunge und das Gewicht ihres Körpers. Ihre Arme schlagen verzweifelt um sich, während ihre Beine nach Halt suchen, sie starrt hinaus in das schwarze Wasser und entdeckt ein längliches Gesicht, das mit blinden Augen vorübergleitet: Max Savannahs Totenmaske hat sich von der Truhe losgerissen und treibt durch das Wasser, wie eine Qualle auf dem Weg zum Meer. Eva wirbelt um ihre eigene Achse und sieht für einen Moment Vanessa, die mit offenen Augen umhergeworfen wird. Eva streckt die Hand aus, erreicht Vanessas Finger, muss sie aber loslassen, sie krümmt sich zusammen, die Dunkelheit schließt sich um sie, ein Chor von Stimmen schreit in ihrem Ohr auf, vor ihren Augen setzt ein Flimmern ein, das zu einer blutroten Farborgie explodiert, ihr Mund öffnete sich und füllt sich mit Wasser. Sie fährt am Wasser entlang. Erreicht die Mühlen. Hört die Kinder auf dem Rücksitz singen. Sieht das Auto vor sich. Es rollt hinaus auf die Kreuzung. Die Blenden springen auf. Das Wasser schäumt herein. Das Haus füllt sich mit den toten Möwen. Am nougatbraunen Himmel sind drei rote Drachen zu sehen. Für jedes Kind einer. Zusammenstoß. Das Klirren von zerspringendem Glas. Der Duft von Gewürznelken. Der Geschmack von Blut.
    Im Mund.
    Der sich öffnet.
    Für das Wasser.
    Ein fester Griff in den Haaren.
    Ein Wirbel aus neonblauen Blasen in dem schwarzen Meer.
    Sie keucht auf und lässt die Luft ein, und die dehnt den Brustkasten, der den Schmerzen nachgibt.
    Sie öffnet die Augen und starrt Johan an, der ihre Haare losgelassen hat. Er zittert am ganzen Leib und sieht aus wie ein Schatten seiner selbst.
    Eva setzt sich in das seichte Wasser und legt den Kopf in den Nacken. Der Himmel ist aschgrau, helle Spalten künden vom nächsten

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