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Das Dunkle Muster

Das Dunkle Muster

Titel: Das Dunkle Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
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mußte unter diesen Umständen natürlich sinken. Zumindest innerlich hatte sie gehofft, Thorn möge sich in irgendeiner Beziehung als Aufschneider herausstellen. Nun wußte sie, daß er aus genau dem Stoff gemacht war, aus dem Kapitäne zu bestehen hatten.
    Dennoch erwies Thorn sich als seltsamer Mann. Er schien sich gegenüber den anderen durchaus zwanglos zu verhalten und konnte sogar über sich selbst lachen. Dennoch kam er nie auf die Idee, einen anderen aufzuziehen oder sich, wenn seine Pflichten erfüllt waren, mit den Kollegen zusammenzusetzen. Obwohl man ihn in eine Hütte eingewiesen hatte, die nur zwanzig Meter von der Jills entfernt lag, tauchte er niemals bei ihr auf oder machte den Versuch, sie zu sich einzuladen. In gewisser Weise war sie natürlich glücklich darüber, da die rein beruflichen Kontakte sie ihm gegenüber zu nichts verpflichteten, aber die Tatsache, daß er keine Anstrengungen unternahm, eine Frau in sein Heim zu locken, konnte andererseits nur bedeuten, daß er homosexuell war. Aber auch das schien nicht zuzutreffen: Thorn schien, was die Sexualität anging, an keinem Geschlecht interessiert zu sein. Er war ein Einzelgänger, der allerdings, wenn er sich Mühe gab, durchaus offen und sehr charmant sein konnte. Dann wieder verwandelte sich seine Persönlichkeit ganz plötzlich ins Gegenteil, und er verschloß sich wie eine Faust, wurde zu einem blassen Neutrum und wirkte beinahe wie eine lebende Statue.
    Aber nicht nur er, sondern auch die gesamte restliche potentielle Besatzung der Minerva stand unter ständiger Beobachtung.
    Jeder einzelne mußte sich starken psychologischen Härtetests unterwerfen. Thorn schien das keine Schwierigkeiten zu bereiten. Er bestand sowohl die Beobachtungsprüfung wie auch die Tests – als hätte er sie selbst erfunden.
    »Daß er sich in seinem sozialen Verhalten ein wenig komisch benimmt«, sagte Firebrass, »muß ja nicht zwangsweise bedeuten, daß er kein erstklassiger Aeronaut ist. Für mich zählt nur das, was ein Mann tut, wenn er hoch oben in der Luft rumschwirrt.«
    Auch Firebrass und de Bergerac dürsteten danach, Luftschiffpiloten zu werden. Was den Amerikaner betraf, war das wenig überraschend, verfügte er doch über die Erfahrung vieler tausend Flugstunden auf Düsenjägern, Hubschraubern und Raumschiffen. Der Franzose entstammte allerdings einer Zeitepoche, die noch nicht einmal Ballons besessen und deren komplizierteste mechanische Gerätschaften aus Musketen und Steinschloßpistolen bestanden hatte. Er war nicht einmal in der Lage, mit einer gewöhnlichen Uhr umzugehen, die ihrem Besitzer nicht mehr abverlangte, als gelegentlich aufgezogen zu werden.
    All diesen Widrigkeiten zum Trotz absorbierte Cyrano de Bergerac mit ungeheurer Schnelligkeit die Grundbegriffe der Luftschifffahrt und hatte nicht einmal Schwierigkeiten mit der Mathematik.
    Vom Firebrass konnte man sagen, daß er ein sehr guter Pilot wurde – aber der beste von allen war der Franzose, wie Jill sich neidlos eingestehen mußte. Die Reaktionen Cyranos waren ebenso wie seine Lagebeurteilungen fast so schnell wie die eines Computers.
    Ein weiterer überraschender Kandidat war John de Greystock. Der mittelalterliche Baron hatte sich freiwillig jener Mannschaft zugesellt, die von der halbstarren Minerva aus die Rex angreifen wollte. Jill war zwar zunächst skeptisch gewesen, ob der Mann den Belastungen eines Luftschiffers standhalten würde, aber drei Monate harten Ringens brachten es mit sich, daß er schließlich in die Reihen derjenigen eingeordnet werden konnte, die das Zeug hatten, die Minerva eines Tages zu kommandieren. De Greystock war kampferfahren, unbarmherzig und entschieden furchtlos. Und er haßte König John. Seit dessen Leute ihn während der Meuterei auf der Nicht vermietbar verwundet über Bord geworfen hatten, schrie in seinem Inneren alles nach Rache.
    Jill war gegen Ende des Monats, den man hier Dektria (was >der Dreizehnte< bedeutete) nannte, in Parolando angekommen. Da der gesamte Planet weder Monde besaß, noch Jahreszeiten unterworfen war, hatte man sich auf einen dreizehnmonatigen Kalender geeinigt. Natürlich gab es, abgesehen von einer gewissen Sentimentalität, keinen triftigen Grund, das Jahr in 365 Tage einzuteilen, aber Sentimentalität genügte den Menschen in diesem Landstrich auch, um bei dieser Zahl zu bleiben. Jeder einzelne Monat bestand aus vier siebentägigen Wochen. Da zwölf dieser Monate allerdings erst 336 Tage erbrachten, hatte man

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