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Das Dunkle Muster

Das Dunkle Muster

Titel: Das Dunkle Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
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Parolando nur einen Menschen gab, der über das Jahr 1983 hinaus gelebt hatte, war sie zuversichtlich gewesen und hatte sich um eventuell auftauchende Piloten aus dieser Zeit keine Sorgen gemacht. Nach dem, was Firebrass ihr erzählt hatte, waren Zeppeline in diesen Jahren sowieso nicht sonderlich verbreitet gewesen – deswegen war die Wahrscheinlichkeit, daß einer dieser Leute hier auftauchte, denkbar gering.
    Und nun hatte das Schicksal ihnen ausgerechnet eine Frau namens Obrenowa geschickt, die nicht nur mehr Flugstunden aufzuweisen hatte als Jill, sondern auch noch Kommandantin eines sowjetischen Großluftschiffes gewesen war.
    Bis jetzt stand die Reihenfolge der Schiffsoffiziere noch nicht fest. Aber das war gleichgültig, denn Jill wußte, daß die kleine Blondine den Posten erhalten würde, der sie zur Stellvertreterin des Kapitäns machte. Es war nur realistisch, wenn Firebrass sie zum Ersten Offizier machte; selbst Jill hätte – wäre sie an seiner Stelle gewesen – nicht anders gehandelt.
    Andererseits war der Termin zum Aufbruch der großen Reise in die Polarzone auf ein Datum in zwei Monaten festgesetzt. Es war mithin fraglich, ob es der Russin gelingen würde, in dieser kurzen Zeit das gesamte Trainingsprogamm nachzuholen. Sie mußte nach vierunddreißig Jahren des Auf-dem-Boden-Lebens eingerostet sein und sich erst einmal vier Wochen lang mit der Minerva vertraut machen. Erst dann konnte sie zu dem Trainigsmonat zugelassen werden, den auch die anderen auf der Parseval zu absolvieren hatten.
    Würde sie das schaffen? Natürlich würde sie das. Selbst Jill schloß das nicht aus.
    Sie war zusammen mit den anderen Offizierskandidaten im Konferenzraum gewesen, als Agatha die Neue angekündigt hatte, und noch bevor Jill ihr Auge in Auge gegenüberstand, war ihr klargeworden, was jetzt auf sie zukam. Agatha hatte die Identität der Russin noch nicht gelüftet, als auch Jills Herz zu klopfen begann wie ein überlasteter Motor.
    Anna Obrenowa war zwar klein und schlank, aber gleichzeitig auch langbeinig und vollbusig. Sie hatte langes, leuchtendblondes Haar, dunkelblaue Augen, ein herzförmiges Gesicht, hohe Wangenknochen, einen sinnlichen Mund und war tiefgebräunt. Sie stellte, um einen anderen Zeitungsartikel, der sich mit ihr beschäftigte, zu zitieren, »eine wirkliche Schönheit« dar.
    Sie war aufregend weiblich und schön, und das war im höchsten Grade unfair, denn sie stellte genau jenen Typ Frau dar, den Männer gleichzeitig beschützen und ins nächste Bett schleppen möchten.
    Firebrass sprang auf und ging auf sie zu. Sein Gesicht leuchtete auf und seine Augen schienen im gleichen Moment literweise männliche Hormone abzusondern.
    Aber es war noch mehr Thorns Reaktion, die Jill überraschte. Als er Anna Obrenowa sah, zischte er wie eine Rakete aus seinem Stuhl, öffnete den Mund, schloß ihn, öffnete ihn erneut und schloß ihn zum zweitenmal. Dann wurde er blaß.
    »Sie kennen sie?« fragte Jill leise.
    Thorn setzte sich wieder hin und bedeckte einen Moment lang sein Gesicht mit beiden Händen.
    Als er sie wieder wegnahm, sagte er: »Nein! Eine Sekunde lang glaubte ich es! Sie sieht genauso aus wie meine erste Frau! Ich kann es kaum glauben.«
    Während die anderen sofort eine Gruppe um die Neue bildeten, blieb Thorn zitternd auf seinem Stuhl sitzen. Erst als die Männer sich der Russin vorgestellt hatten, stand er auf und gab ihr ebenfalls die Hand und sagte ihr, wie sehr sie ihn an seine Frau erinnere. Anna Obrenowa lächelte strahlend und sagte dann in stark akzentuiertem Englisch:
    »Liebten Sie Ihre Frau?«
    Es war für Thorn offenbar nicht leicht, darüber zu reden. Er machte einen Schritt zurück und sagte schließlich: »Ja, sehr. Aber sie hat mich verlassen.«
    »Das tut mir leid«, sagte Anna Obrenowa. Für den Rest der Zeit, die sie im Konferenzraum zubrachten, wechselten sie kein Wort mehr miteinander.
    Firebrass nahm wieder Platz und bot der Neuen einen Imbiß, Zigaretten und Likör an. Das erste Angebot nahm sie dankbar an, den Rest lehnte sie jedoch ab.
    »Soll das etwa heißen, daß Sie keinerlei Laster haben?« erkundigte sich Firebrass. »Ich habe gehofft, Sie hätten zumindest eines.«
    Anna Obrenowa ignorierte diese Bemerkung. Schließlich zuckte Firebrass die Achseln und begann sie auszufragen, und je mehr die Russin über sich und ihre Erfahrungen erzählte, desto depressiver wurde Jill. Anna, 1970 in Smolensk geboren, war als Flugzeugingenieurin ausgebildet worden und

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