Das dunkle Universum 04 - Evolution der Leere
Schaden zu nehmen. Sie starrte auf die Kabinentür, damit rechnend, dass er jeden Moment durch sie hindurchbrechen würde, seine Waffenenrichments aktiviert. Doch das tat er nicht. Es folgten noch ein paar weitere trotzige Schreie, dann ein Winseln wie von einem beschwichtigten Tier, bevor schließlich wieder Stille Besitz von dem Raumschiff ergriff.
Corrie-Lyn stieß langsam die Luft aus, mehr als nur ein bisschen erschrocken darüber, wie groß die Gefahr tatsächlich war, dass Aaron vollkommen durchdrehte. Sie war schweißgebadet. Mit zittrigen Fingern befreite sie sich aus dem Knäuel von Schlafdecken und schlich zu der kleinen Waschnische hinüber. Leise, sodass sie Inigo nicht weckte, nahm sie sich einen Schwamm und wusch sich mit einer leicht parfümierten Seife ab. Sie hinterließ ein angenehm kühles Gefühl auf der Haut, und ganz allmählich begann sie, sich wieder etwas besser zu fühlen. Gegen das unangenehme Gefühl unter ihrer Haut vermochte sie allerdings wenig zu tun - die Nachwirkungen eines Albtraums.
Wenn es denn einer war.
Es war alles eine Winzigkeit zu kohärent gewesen. Das war nicht die Art, in der ein Gehirn aufgestaute Erfahrungen in Form emotionaler Höhepunkte auf geordnete Weise verarbeitete. Nicht annähernd so, wie Menschen ihre Alltagserfahrungen verarbeiten sollten. Nein, dieser Traum war zerstörten Erinnerungen gleichgekommen, die aus irgendeinem dunklen Seelenverlies an die Oberfläche geschwemmt worden waren.
»Was zum Honious haben sie mit dir gemacht, Aaron?«, murmelte sie in die finstere Kabine.
Am nächsten Morgen waren die Servicebots mit den Kleidern fertig, die Corrie-Lyn ihnen zur Umänderung gegeben hatte. »Nicht schlecht«, sagte Inigo bewundernd, als sie in die Navy-Jacke mit den gekürzten Ärmeln schlüpfte. Mit kokettem Lächeln zwängte sie sich in ein Paar Uniformhosen. Sie spannten sich hauteng um ihre Hüften. »Wirklich nicht schlecht.«
»Ich brauche erst mal was zum Frühstück«, bremste sie seinen Enthusiasmus aus. Der große - und einzige - Vorteil ihrer bizarren Gefangenschaft war, dass sie jede Menge Zeit hatten, um ihren Rückstand miteinander wieder aufzuholen.
Hand in Hand begaben sie sich in den Aufenthaltsbereich. Dort ließ Inigo sich von der Kücheneinheit selbstredend Rührei mit geräuchertem Schellfisch zubereiten, während sie sich eingehend mit dem Sortiment an Luxusvorräten befasste, die die Crew an Bord gebunkert hatte. Das Einzige, was sie sich aus der Produktion der Einheit gerade noch zumuten konnte, waren die Getränke, und die waren mehr oder weniger auf Tee und Tomatensaft beschränkt - keines von beiden ihr besonderer Favorit. Also verleibte sie sich eine Kombination aus Toffee-Bananenkuchen und getrockneten Mortabeeren ein und stürzte den Tee so schnell hinunter, dass sie sich einreden konnte, er würde wie Earl Grey schmecken. Earl Grey mit Milch und Erdbeerkonfitüre ...
Aaron tauchte auf und genehmigte sich sein übliches pochiertes Ei mit Räucherlachs. Ohne ein Wort schlurfte er damit hinüber zu seinem kaputten Stuhl fast am anderen Ende des Aufenthaltsbereichs.
»Wer ist sie?«, fragte ihn Corrie-Lyn.
»Wie bitte?«
»Die Hohepriesterin oder was immer sie war. Die mit dem ganzen Blut. Die, wegen der Sie sich so ins Hemd gemacht haben.«
Eine kleine Ewigkeit lang starrte Aaron sie einfach nur an. Ausnahmsweise ließ sich Corrie-Lyn dadurch nicht einschüchtern. »Tja«, sagte sie. »Ihre Gaiamotes waren letzte Nacht etwas undicht.«
Es war keine Verlegenheit, Corrie-Lyn schätzte, dass er dazu überhaupt nicht imstande war, aber er senkte den Blick. »Weiß nicht«, sagte er schließlich.
»Naja, Sie müssen -« Sie unterbrach sich und holte Luft. »Hören Sie, ich hab' wirklich nicht vor, Ihnen auf die Nerven zu gehen. Aber Sie müssen verstehen, dass ich mir Sorgen mache.«
»Um mich? Nicht nötig.«
»Kein Mensch kann Nacht für Nacht so eine Belastung aushalten, ohne dass das irgendwelche Auswirkungen auf ihn hat. Ist mir egal, was für Anreicherungen und Veredlungene und Sequenzialisierungen Sie in jeder Zelle haben. Dieser Mist ist Gift.«
»Und trotzdem bin ich jeden Morgen hier und funktioniere perfekt.«
»Und was war vor siebzehn Stunden?«, sagte Inigo.
»Was?«
»Sie hätten auf der Brücke das Schiff kontrollieren sollen. Stattdessen sind Sie mit den Gedanken ganz woanders gewesen. Ich hab's gespürt.«
»Meine Einsatzfähigkeit ist vollkommen unbeeinträchtigt.«
»Sie ist geschwächt«,
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