Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
wimmelte, dann sollten wir vielleicht unsere Schlafgewohnheiten anpassen, damit wir in der Dunkelheit nicht so verwundbar waren.
Nach ungefähr einer halben Stunde hatten wir die Klamm erreicht. Ich hätte lieber einen anderen Weg hinunter gewählt, falls sie uns aufzulauern versuchten, aber wir hatten einfach nicht die Zeit, uns zu vergewissern, dass die Böschung auch jenseits des Pfads sicher genug war. Also holte ich tief Luft und machte mich vorsichtig, Schritt für Schritt, an den Abstieg und stach mit einem toten Ast in den Schnee vor mir. Farne und Ranken unter der kalten Decke machten die rutschige Strecke doppelt gefährlich.
Ich war sicher, dass ich allen potenziellen Fallen aus dem Weg gehen konnte, doch ohne Vorwarnung verfing sich mein Fuß in einem Brombeerspross, und ich segelte mit dem Gesicht voran in den Schnee, kullerte gute drei Meter abwärts und wurde unsanft von einem Baum gebremst.
»Alles okay?« Kaylin kam den Hang hinabgestolpert und sank neben mir auf die Knie.
»Fuck.« Ich verzog das Gesicht und hievte mich in eine sitzende Position. »Das hat weh getan. Aber der Schnee hat verhindert, dass die Dornen mir die Haut aufschrammen.« Während er mich hochzog, überprüfte ich, ob auch wirklich nichts gebrochen war, und klopfte mir die Jeans ab.
»Achtung – Feind im Anmarsch!« Leos Stimme zerriss die kalte Winterluft.
Ich fuhr herum und entdeckte einen Indigo-Feenmann, der hinter einem Baum hervortrat. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war gequält, der Blick irre. Mit einem Satz sprang er auf Rhiannon zu, packte sie von hinten um die Taille und drückte ihren Kopf zur Seite. Schon fletschte er die Zähne und zielte auf ihren Hals. Rhiannon schrie, als Leo den Feenmann packte. Dieser drehte sich und schlug mit dem Handrücken zu, und Leo segelte in den Schnee, als sei er ein Staubkörnchen. Verdammt, ist der stark!
Ich krabbelte hastig den Hang hinauf, aber Kaylin war schneller. Er zog die Dolche hervor und schleuderte sie mit tödlicher Präzision, und beide versenkten sich in die Seite des Angreifers.
Der Schattenjäger ließ Rhiannon los und wirbelte herum. Der Schmerz schien ihn noch wilder zu machen. Er stieß ein Zischen aus und warf sich nach links. Obwohl ihm das Blut aus der Seite sprudelte, bewegte er sich doppelt so schnell wie Kaylin, und als er eine Hand hob, sank Kaylin wie betäubt auf die Knie. Herrgott noch mal, das Wesen setzte magische Kräfte ein.
Der Feenmann drehte sich nun zu mir um, den Mund weit aufgerissen, die Lippen scheußlich straff gespannt, und die Reißzähne leuchteten blendend weiß im nadelspitzen Gebiss. Er begann sich zu verformen, und sein Körper zuckte und bäumte sich auf, als seine Gestalt sich in ein hässliches hundeartiges Wesen verwandelte. Ich erschrak bei diesem Anblick, denn das hatte ich noch nie gesehen. Dann war der Prozess abgeschlossen, und das Vieh sprang Kaylin an die Kehle.
Ohne nachzudenken, klappte ich den Fächer auf und schlug einmal in seine Richtung. »Sturm erwache«, flüsterte ich. Sofort erhob sich eine gigantische Bö, raste auf das Wesen zu und riss es um, während ich durch den Rückstoß auf dem Hintern landete.
Leo packte seinen Schlagstock und zog ihn der Kreatur über den Schädel, während Rhiannon ihr die Hände entgegenstieß und etwas flüsterte.
Ein Flammenstoß versengte die Haut des scheußlichen Wesens und riss es aus der Tiergestalt. Es schrie gellend auf und verwandelte sich in Sekundenschnelle wieder zurück in seine normale Gestalt – zumindest hielt ich das für die normale Gestalt. Stöhnend rollte der Feenmann sich auf dem Boden, um die Flammen zu ersticken.
Kaylin erwachte aus seiner Trance, sprang auf, riss zwei seiner Wurfsterne heraus und schleuderte sie dem Vampirwesen in die Kehle. Es schauderte ein letztes Mal, dann lag es still.
Ich kroch vorsichtig zu ihm und blickte hinab in das reglose Gesicht. Selbst im Tod mit den erstarrten Zügen und den glasigen Augen, deren Sterne erloschen waren, sah er gut und seltsam anziehend aus.
»Meine Güte, das war harte Arbeit«, meinte Kaylin und holte seine Dolche zurück. Er wischte sie im Schnee ab und trocknete sie mit einem Hemdzipfel. »Und er hatte Schmerzen. Hast du seine Miene gesehen?«
»Ich fand, er sah durchgeknallt aus – und ja, als hätte er Schmerzen.« Noch immer starrte ich den Feenmann an. Ich hatte noch nie jemanden getötet oder auch nur dabei geholfen. Es war ein seltsames Gefühl. Ich horchte in meinem Inneren
Weitere Kostenlose Bücher