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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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Stadtmauer aufragenden Festung gehörte. Es war recht ruhig dort, junge Menschen gingen hinein oder kamen heraus, einige allein, andere plaudernd in Grüppchen, manche mit großen Mappen unter dem Arm.
    » Wir sind da. Ich lasse dich jetzt allein und nutze den Spaziergang, um mit ein paar Freunden, die in der Suica leben, ein Gläschen Wein zu trinken. In letzter Zeit komme ich kaum noch vor die Tür, deshalb sollte sich mein Ausflug lohnen.«
    » Und wie komme ich wieder zurück?«, fragte ich verunsichert. Ich hatte überhaupt nicht darauf geachtet, wo wir links oder rechts gegangen waren, da ich gedacht hatte, Don Anselmo würde mich auch auf dem Rückweg begleiten.
    » Mach dir keine Gedanken, jeder der Burschen da drinnen wird dir mit Freuden helfen. Viel Glück mit deinen Zeichnungen. Du wirst mir ja später erzählen, wie es dir ergangen ist.«
    Ich dankte ihm für seine Begleitung, schritt die Eingangsstufen hinauf und betrat das Gebäude. Mit einem Mal spürte ich von allen Seiten Blicke auf mir ruhen. Vermutlich war es in jener Zeit nicht gerade alltäglich, dass Frauen wie ich sich dort sehen ließen. Mitten in der Eingangshalle blieb ich stehen. Ich fühlte mich unbehaglich, verloren, wusste weder, was ich nun tun, noch, wen ich fragen sollte. Doch ehe ich mir den nächsten Schritt überlegen konnte, vernahm ich hinter mir eine Stimme.
    » Na, so was, meine schöne Nachbarin!«
    Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wer mich so ansprechen könnte, und als ich mich umdrehte, stand vor mir der junge Mann, der mit seiner Mutter in der Wohnung gegenüber lebte. In voller Lebensgröße, dieses Mal aber allein. Mit etlichen Kilo Übergewicht und wesentlich weniger Haaren, als seinem Alter entsprochen hätte, denn er war vermutlich noch keine dreißig. Ich dankte ihm und hätte nicht gewusst, was ich weiter sagen sollte, doch er ließ mich ohnehin nicht zu Wort kommen.
    » Sie sehen ein bisschen verloren aus. Kann ich Ihnen helfen?«
    Es war das erste Mal, dass er mich ansprach. Wir waren uns zwar seit meinem Einzug mehrere Male begegnet, doch befand er sich stets in Begleitung seiner Mutter. Und bei diesen Gelegenheiten war keinem von uns dreien mehr über die Lippen gekommen als ein höflich hingemurmeltes » Guten Tag«. Ich kannte ihre Stimmen jedoch auch von einer anderen, wesentlich unfreundlicheren Seite: Fast jeden Abend hörte ich, wie Mutter und Sohn sich bis spät in die Nacht heftige und lautstarke Diskussionen lieferten. Ich beschloss, ehrlich zu ihm zu sein. Weder hatte ich eine Ausrede parat, noch wäre mir auf die Schnelle eine eingefallen.
    » Ich suche jemanden, der mir ein paar Zeichnungen anfertigt.«
    » Darf man wissen, welcher Art?«
    Sein Ton war nicht anmaßend, nur neugierig. Neugierig, direkt und ein bisschen manieriert. Allein wirkte er wesentlich lockerer als in Gegenwart seiner Mutter.
    » Ich habe ein paar Fotografien, die schon einige Jahre alt sind, und von der Kleidung bräuchte ich eine Modezeichnung. Wie Sie sicher schon wissen, bin ich Schneiderin. Sie sind für ein Modell gedacht, das ich für eine Kundin anfertigen soll. Zuvor muss ich ihr aber den Entwurf zeigen und sie fragen, ob sie damit einverstanden ist.«
    » Haben Sie die Fotografien dabei?«
    Ich nickte zustimmend.
    » Darf ich einen Blick darauf werfen? Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
    Ich sah mich um. Es waren nicht allzu viele Leute in der Nähe, aber doch genug, dass mir nicht wohl dabei war, die herausgeschnittenen Zeitungsseiten in aller Öffentlichkeit herzuzeigen. Ich musste gar nichts sagen, er spürte wohl meine Befangenheit.
    » Wollen wir hinausgehen?«
    Als wir auf der Straße standen, zog ich die vergilbten Seiten aus meiner Handtasche. Ich hielt sie ihm wortlos hin, und er betrachtete sie aufmerksam.
    » Schiaparelli, die Muse der Surrealisten, wie interessant. Ich bin fasziniert vom Surrealismus, Sie nicht?«
    Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wovon er sprach, und außerdem brannte mir mein Problem auf den Nägeln, sodass ich gar nicht auf seine Frage einging, sondern wieder auf die Zeichnungen zu sprechen kam.
    » Wissen Sie jemanden, der mir so etwas anfertigen könnte?«
    Er sah mich mit seinen kurzsichtigen Augen hinter den dicken Brillengläsern an und verzog den Mund zu einem Lächeln.
    » Ich denke, ich kann Ihnen helfen.«
    Noch am selben Abend brachte er mir die Entwurfszeichnungen. Ich hatte nicht erwartet, dass er sie so schnell machen würde. Ich war bereits im Begriff, den Tag zu

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