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Das Echo der Vergangenheit

Das Echo der Vergangenheit

Titel: Das Echo der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Heitzmann
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ohne die Ironie auch nur zu bemerken.
    Sofie lächelte. Sie würde diese lärmende Szenerie vermissen. Alle diese Menschen mochte sie. Aber sie konnte nicht mehr hierbleiben. Mariana Diminos Worte hatten sie aufgeweckt. Sie hatte nur noch automatisch funktioniert, wie in einem Halbschlaf aus Zweifeln und Reue. Aber sie lebte und es bestand Hoffnung, dass sie sich aus dem Familienkokon schälen konnte, der sie in den letzten sechs Jahren abgeschirmt hatte, um kraftvoll ihre Flügel zu entfalten.
    Sie ging die Treppe zum ersten Stock hinauf. Mama war wach; das erkannte sie an dem Geruch nach Verbranntem, der in den Hausflur drang. Dies würde die erste Loslösung sein, das schwierigste Sichlosreißen. Sie klopfte an die Tür und ihr Vater ließ sie herein, als er die Tür öffnete, um zur Arbeit zu gehen. »Bis bald, Pop.«
    Im Vorbeigehen tätschelte er ihre Schulter. Es war besser, wenn Mama sich an den Gedanken gewöhnte, ohne dass Pop noch seine eigenen Sorgen darüberstülpte. Selbst vor Tonys Tod hatte Mama alles getan, um ihre Küken bei sich in der Nähe zu behalten. Nur Lance hatte das Nest verlassen und sein ruheloses Umherziehen war für die Frau, die gerade die mit Nippes zugestellte Arbeitsplatte abwischte, eine beständige Sorge.
    Das offene Fenster ließ den Rauch hinaus und die Kälte herein. Schwarze, durchweichte Krümel lagen in der Spüle, nachdem Mama die verbrannten Ränder vom Toast gekratzt hatte. Stückchen davon hingen wie Fliegen im Abfluss.
    »Keine Angst, Mama. Pop ist froh über einen vollen Magen.«
    »Meinst du, Lance würde das auch sagen?« Ihre Mutter schüttelte das Handtuch über der Spüle aus und hängte es an den Haken.
    Lance würde sich bemühen, gar nichts zu sagen, aber wenn eine Frau ihre Kinder durchschauen konnte, dann war das Doria Lo Vecchio Michelli. Lance und Nonna Antonia hatten jahrelang das Restaurant unten im Haus geführt und Köstlichkeiten für die Familie zubereitet. Beide waren wundervolle Köche und hatten Mamas Handicap, was das Kochen betraf, mit beachtlicher Zurückhaltung ertragen, aber sie kannte die Wahrheit.
    »Warum denkst du an Lance, Mama?«
    »Ich denke immer an Lance. Ich denke an euch alle. Ich mache mir Sorgen.« Energisch wischte sie ihre Hand an der Schürze ab, die um ihre gut geformte Taille gebunden war. Mama hatte durchaus ihre Vorzüge, Grazie a Dio . Pop wusste, was er an ihr hatte und was nicht.
    Sofie holte tief Luft. »Ich gehe.«
    »Du bist doch gerade erst gekommen.« Mama hielt den Lappen unter den Wasserhahn und drückte ihn aus.
    »Ich meine, ich gehe fort.«
    » Madonna mia .« Mama presste eine Hand auf ihr Herz und drehte sich um. »Fortgehen? Wie kannst du fortgehen?«
    Sofie seufzte. »Ich muss.«
    »Was ist mit dem Studium? Du hast schon so viel dafür gearbeitet!«
    »Meine Dissertation ist angenommen worden. Ich kann sie überall schreiben und telefonisch und per E-Mail in Kontakt bleiben.«
    »Aber …« Mamas Miene verdüsterte sich. Mit ihrer Hand fuhr sie sich an die Kehle. »Du hast sie gefunden.«
    Sofie schüttelte den Kopf. »Nein, Mama. Es hat nichts mit Eric zu tun.« Sie wussten beide, dass das eine Lüge war. In gewisser Weise hatte jeder Tag, jeder Augenblick, jede Entscheidung etwas mit ihm zu tun. »Ich brauche nur eine Veränderung. Ich kann nicht darauf warten, dass etwas geschieht, was nicht geschehen wird.«
    »Es hätte nie geschehen dürfen.«
    Sie widersprach nicht. Die Vernunft war auf Mamas Seite. Aber trotz des Schmerzes, der daraus entstanden war, konnte sie sich nicht wünschen, es wäre nicht geschehen. »Ich muss nach vorne blicken.«
    Mama rang die Hände, aber in diesem Punkt waren sie sich einig. »Dann geh zu Lance. Er wird auf dich aufpassen. Und du passt auf ihn auf.«
    Mit ihren dreißig Jahren sollte sie keinen kleinen Bruder brauchen, der auf sie aufpasste. Er war ja selbst gerade erst dabei, seinen Weg zu finden. Aber der Vorschlag war so gut wie jeder andere, und wenn sie auf der anderen Seite des Kontinents war, reichte die Entfernung vielleicht aus, um zu vergessen.

    * * *

    Ein Wunder. Ein anderes Wort gab es nicht dafür. In der Morgenstille hatte Lance die Hand ausgestreckt. Und Rese hatte seine Hand ergriffen, getaucht in das goldene Sonnenlicht in dem verschlafenen Garten in Sonoma.
    Nach ihrem Streit und der Enttäuschung fühlte diese kleine Verbindung sich riesig und außergewöhnlich an. Es war mehr, als er von Rese Barrett erwartet hatte – von der Frau, die ihn zur

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