Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
etwas Unheiligem ähnelt – eine Katze mit sechs Zehen – er sieht Vorboten des Untergangs, wo immer er hinschaut.
»Und du weißt, was das bedeutet. Du weißt, was von dir erwartet wird.«
Ich nicke erneut. Mein gesamtes Leben habe ich damit zugebracht, mich auf die Letzten Tage vorzubereiten, wenn auch nur, um meinen Schwestern diese Aufgabe zu ersparen.
»Dein Opfer ist hart, aber es dient dem Wohl des größeren Ganzen. Du wirst als Retterin verehrt werden – als Heilige !« Er singt es mit glänzenden Augen, versunken in die falsche Herrlichkeit seines salbungsvollen Gefasels. Nie kommt er darauf, mich zu fragen, warum es mich kümmern sollte, wie man sich nach meinem Tod an mich erinnert. Er dreht sich um und fixiert meine Augen. »Warum ist dein Make-up verschmiert ? Hast du geweint ?« Seine Stimme hebt sich empört und veranlasst mich, hektisch an meinen Augenlidern und Wangen herumzureiben. »Du hörst sofort damit auf ! Hast du mich verstanden ?«
Er wirft mir einen warnenden Blick zu und konzentriert sich erst dann wieder aufs Fahren, als er sicher ist, dass ich mich gehorsam zeige. Für den Rest der Fahrt verfällt er in willkommenes Schweigen, bis er vor dem kleinen, verlassenen Trailer parkt, den er als unser Zuhause bezeichnet.
»Ich will, dass der Junge bis Silvester tot ist«, sagt er. »Lange bevor die Uhr Mitternacht schlägt. Dace – Cade – egal, welcher. Soweit ich es überblicke, sind sie ein und dieselbe Person. Beherrscht von Finsternis. Der absolute Inbegriff des Bösen. Wenn du deine Arbeit richtig machst und das Opfer bringst, für das du auf diese Welt gekommen bist, werden die Letzten Tage von den Leuchtenden Tagen der Herrlichkeit gefolgt werden, die ich schon lange prophezeit habe.« Er blickt in den Rückspiegel und rückt das Revers seines Anzugs zurecht – des Anzugs, den er für Feiertage, Sonntage und seine heiß geliebten Weltuntergangsmomente reserviert hat.
»Jetzt schau dir das mal an !« Seine Stimme klingt auf einmal hell und heiter, als er auf seine billige Uhr mit ihrem abgewetzten Lederband schaut. »Es ist schon Mitternacht vorbei. Fröhliche Weihnachten«, sagt er.
»Fröhliche Weihnachten«, wiederhole ich dumpf.
Ich rutsche aus dem Auto und halte das Gesicht gen Himmel. Gesalbt vom Schnee, der kurz auf meinen Wangen liegen bleibt, bevor er schmilzt und die Tränen verbirgt, die ich nicht weinen darf.
Xotichl
H a lt das Auto an !«
Auden tritt heftig auf die Bremse und legt gleichzeitig den Arm um mich, damit ich nicht gegen das Armaturenbrett knalle, aber ich habe bereits die Tür aufgerissen und bin hinausgesprungen.
Nur mühsam finde ich Halt auf der glatten, nassen Straße, ehe ich mich mitten auf den Asphalt stelle und das Gesicht gen Himmel drehe, sodass mir dicke Schneeflocken auf die Wangen fallen.
»Was machst du da ? Was treibt sie ?«, kreischt Lita, bevor sie ebenfalls die Tür aufreißt und mir nachrennt. »Nein«, ruft sie, und ihr Tonfall schlägt von vorwurfsvoll zu begeistert um. »Wahnsinn ! Das gibt’s doch nicht !« Sie läuft zu mir herüber, während Auden an meine andere Seite eilt. »Zeit, deine Wettschulden zu begleichen, Auden !«, schreit sie jubilierend, schlingt die Arme um mich und führt ein kleines Tänzchen auf, zu dem sie mich vorsichtig mitdreht. »Offenbar hat Xotichl recht gehabt – es ist wirklich die Zeit der Wunder !« Sie schiebt mich zu Auden hinüber, macht sich los und hüpft die Straße rauf und runter. Oder zumindest glaube ich, dass sie das tut, nach dem Aufwallen ihrer Energie und dem Schleifen ihrer Füße zu urteilen.
»Hey, Liebste, jetzt hast du doch noch deinen Weihnachtswunsch erfüllt bekommen. Ich verspreche, ich werde nie wieder an dir zweifeln.« Auden drückt seine Lippen auf meine, und sein Kuss ist andächtig und süß. Schließlich macht er sich los. »Warum weinst du dann ?«
Ich presse mich fest in seine Arme und vergrabe den Kopf an seiner Halskuhle. Suche Trost in seiner Kraft, seinem Duft – ich will die Worte nicht laut aussprechen, sie dadurch noch realer machen, als sie es in meinem Kopf bereits sind.
Will die schreckliche Wahrheit nicht aussprechen, die tief in meinem Inneren wohnt.
Das ist kein ganz gewöhnlicher Schneefall.
Das ist keine meteorologische Selbstverständlichkeit.
Nicht, wenn der Schnee singt wie der Wind – und doch wärmt wie die Sonne.
Er fällt in einem Regenbogen von Farben vom Himmel – begleitet von den anschwellenden Klängen der reinsten und
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