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Das Echo dunkler Tage

Das Echo dunkler Tage

Titel: Das Echo dunkler Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dolores Redondo
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Brust und hielt sich dann den Lauf an die Stirn. Sein Blick war so leer wie der eines Toten.
    »Fermín, nicht!«, schrie Amaia, so laut sie konnte.
    In diesem Augenblick packte Iriarte ihn von hinten unter den Achseln, riss ihn einen Meter zurück und schlug ihm die Waffe aus der Hand, die auf dem Boden landete. Amaia eilte ihrem Kollegen zu Hilfe, aber es war schon vorbei: Montes wehrte sich nicht, sondern kippte um wie ein vom Blitz getroffener Baum. Dann lag er einfach da, zwischen den Pfützen, das Gesicht in den Boden gedrückt, und weinte wie ein Kind. Amaia kniete sich neben ihn. Als er genügend Kraft hatte, um den Blick zu heben, sah er zu Iriarte, der sichtlich berührt war und ihm aufmunternd zunickte. Aber er sah auch, dass Floras Mercedes nicht mehr da war.
    »Verdammt!«, fluchte Amaia und stand auf. »Bleiben Sie bitte bei ihm, Iriarte. Lassen Sie ihn auf keinen Fall allein!«
    Iriarte nickte und legte beruhigend eine Hand auf Montes’ Kopf.
    »Gehen Sie nur. Ich kümmere mich um ihn.«
    Amaia bückte sich, hob Montes’ Waffe auf und steckte sie sich in den Hosenbund. Dann stieg sie in den Micra und raste nach Elizondo. Sie nahm die Muniartea-Straße, bog in die Braulio-Iriarte-Straße ab und hielt schließlich vor der Backstube. Als sie aus dem Wagen stieg, klingelte ihr Handy. Es war Zabalza.
    »Inspectora Salazar, ich habe Neuigkeiten. Der Bruder von Ainhoa Arbizu hat letzten Sommer in einer Großgärtnerei gearbeitet, Viveros Celayeta, und hilft auch jetzt noch ab und zu am Wochenende aus. Ich habe überprüft, welche Autos auf die Gärtnerei zugelassen sind, und bingo: Sie haben drei weiße Renault Kangoo. Also habe ich angerufen und erfahren, dass der Junge seit einem Jahr den Führerschein hat und öfter mit den Autos gefahren ist. Und jetzt halten Sie sich fest: Manchmal leiht die Gärtnerei auch ihren Stammkunden einen Lieferwagen. Weil die Arbizus gerade ihren Garten umbauen, hat der Vater darauf zurückgegriffen, um kleine Bäume und Materialien zu transportieren. Wie oft genau, konnte das Mädchen am Telefon nicht sagen, aber zweimal mindestens.«
    Während sie Zabalza zuhörte, versuchte sie sich daran zu erinnern, in welchem Zusammenhang ihr schon einmal ein weißer Lieferwagen untergekommen war. Plötzlich fiel ihr etwas ein, das ihr schon die ganze Zeit durch den Kopf gegangen war.
    »Zabalza, ich rufe Sie gleich wieder an.«
    Bevor sie auflegte, hörte sie noch, wie er enttäuscht seufzte. Sie wählte die Nummer von Ros.
    »Ros, ihr hattet doch mal einen weißen Lieferwagen für die Backstube, oder? Was ist mit dem passiert?«
    »Oh, das ist schon eine ganze Weile her. Vermutlich hat Flora ihn dem Händler überlassen, als wir den neuen gekauft haben.«
    Amaia legte auf und rief wieder im Kommissariat an.
    »Zabalza, sehen Sie bitte mal im Zulassungsregister nach, welche Autos auf den Namen Flora Salazar Iturzaeta angemeldet sind.«
    Sie wartete. Während sie Zabalza tippen hörte, sah sie zu dem kleinen Fenster unter dem Dach, das immer offen stand. Es war kein Licht zu sehen, aber da Floras Büro im hinteren Teil lag, musste das nichts heißen.
    »Inspectora«, meldete sich Zabalza zurück, dessen Stimme Unbehagen verriet. »Auf Flora Salazar Iturzaeta sind drei Autos zugelassen: ein silberner Mercedes seit letztem Jahr, ein roter Citroën Berlingo seit 2009 und ein weißer Renault Terra seit 1996. Was soll ich jetzt tun?«
    »Rufen Sie Iriarte und Etxaide an! Ich brauche einen Untersuchungsbeschluss für den Renault Terra, für Floras Wohnung und für die Backstube Salazar.« Sie strich sich mit der Hand übers Gesicht wie vorhin Flora, eine Geste tiefer Scham. »Und dann kommen Sie bitte alle zur Backstube. Ich bin bereits hier.« Als Zabalza aufgelegt hatte, fügte sie noch flüsternd hinzu: »Zu Hause.«
    Sie stieg aus, ging zur Tür, horchte. Nichts. Dann nahm sie den Schlüssel, den sie um den Hals trug. Bevor sie öffnete, tastete sie instinktiv nach ihrer Pistole. Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, dass es die von Montes war.
    »Mist!«
    Sie erinnerte sich daran, dass sie James versprochen hatte, ihre Waffe nicht zu tragen. Lächerlich, dachte sie, und im Grunde hielt sie ja Wort, es war ja nicht ihre Pistole. Sie öffnete die Tür und machte das Licht an. Drinnen war alles sauber und ordentlich. Sie verscheuchte die alten Gespenster, die in den dunklen Ecken lauerten, und ging an dem alten Backtrog und dem großen Tisch vorbei in Floras Büro. Sie war nicht da. Auch

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