Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
Landschaften anging, begegnete mir - vom doppelten Sonnenaufgang abgesehen - nichts Besonderes. Draußen herrschte balkendicke Dunkelheit. Das war für mein seelisches Gleichgewicht auch besser.
Die Idylle dauerte - nach meiner vorsichtigen Schätzung - drei, vier Tage. Aber vielleicht gingen die Uhren in meinem merkwürdigen Transportmittel ja auch anders. Der Hauptbeweis dafür, mich unter Einwirkung magischer Gesetze zu befinden, war, dass ich nicht auf die Toilette gehen musste, denn das - verzeihen Sie mir die Offenheit, liebe Leser! - widerspricht all meinen Erfahrungen mit dem menschlichen Stoffwechsel. Die ganze Fahrt über erwartete ich unruhig, dass Darm und Blase sich melden würden, und versuchte erfolglos, für diesen Fall eine Lösung zu finden. Aber nichts dergleichen geschah.
Mein endgültiges Aufwachen war ganz anders als die kurzen Schlafpausen, die ihm vorausgegangen waren. Schon dass ich nicht unter einer Decke, sondern unter einem Pelz erwachte, überraschte mich. Als ich die leidgeprüften Beine streckte und mich umsah, stellte ich fest, dass ich nicht auf einer Couch lag, sondern in einem weichen Bett, das in einem großen, halbdunklen, fast leeren Zimmer stand. In einer entfernten Ecke schnaufte es, und zwar - wie mir schien - ziemlich bedrohlich. Ich öffnete die Augen noch weiter und wälzte mich ein wenig herum. Dann schnellte ich plötzlich hoch und landete auf allen vieren vor dem Bett. Das Schnaufen verstummte, und nach ein paar Sekunden stieß mich etwas leicht an der Ferse. Bis heute begreife ich nicht, warum ich damals nicht losgebrüllt habe.
Stattdessen drehte ich mich blitzschnell um und ... stieß mit der Nase an eine andere Nase, die feucht und klein war. Eine unbekannte Zunge leckte mir über die Wange - entzückend! Vor mir stand ein bezauberndes Wesen: ein haariger Welpe mit der Schnauze einer Bulldogge. Später allerdings stellte sich heraus, dass Chuf kein Welpe war, sondern ein ausgewachsenes Tier. Seine Größe und entzückende Freundlichkeit hatten mich zunächst annehmen lassen, er müsse noch ganz jung sein.
Der kleine Hund bellte fröhlich. Gleich darauf materialisierte sich im halbdunklen Schlafzimmer eine nicht besonders große Gestalt in weit geschnittenem Umhang. Als ich sie mir genauer ansah, merkte ich, dass es sich nicht um den Bekannten aus meinen Träumen handelte. Hatte ich womöglich die Adresse verwechselt?
»Der Ehrwürdige Leiter erlaubt sich, heute erst spät in der Nacht nach Hause zu kommen. Bitte teilen Sie mir Ihre Wünsche mit, Sir«, sagte der Unbekannte feierlich. Er hatte ein faltiges Gesicht, strahlende Augen und sehr dünne Lippen und erwies sich bald als Kimpa, der Diener von Sir Juffin Halli.
Erst als Juffin Stunden später vor mir stand, wurde mir wirklich klar, dass die unbegreifliche Reise von einer bewohnten Welt in die andere tatsächlich passiert war.
So bin ich nach Echo gekommen und habe es bis jetzt nicht bereut - auch nicht an dummen Tagen wie dem heutigen.
Während ich meinen Erinnerungen nachhing, irrte das von Sir Juffin gelenkte Dienst-A-Mobil über eine halbe Stunde zwischen den wunderschönen Obstgärten des Linken Flussufers herum. Schließlich fuhren wir in eine Gasse, die mit Edelsteinen gepflastert schien. Zunächst konnte ich vor lauter Gestrüpp kein Haus erkennen. Sir Maba Kaloch ist offenbar ein Philosoph, und seine Philosophie verlangt die Verschmelzung mit der Natur - deshalb wohnt er in einem Garten ohne architektonischen Luxus, dachte ich belustigt, doch schon im nächsten Moment stieß ich mit der Nase an eine Hauswand, die fast unsichtbar war, weil der ganze Bau hinter einem dichten Pflanzenvorhang verborgen war.
»Gute Tarnung!«, rief ich begeistert.
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie recht du hast. Weißt du, Max, warum ich mich ans Steuer unseres Wagens gesetzt habe? Du wirst lachen: Ich habe schon ein paar Besuche bei Maba gemacht und sein Haus stets nur mit Glück gefunden. Es ist unmöglich, sich den Weg hierher zu merken. Es bleibt einem nur die Hoffnung, dass es nächstes Mal klappt. Maba Kaloch ist der unübertreffliche Meister der Tarnung.«
»Vor wem versteckt er sich denn?«
»Vor niemandem. Es ist nur schwierig, ihn zu entdecken. Man kann sich das nicht vornehmen - es geschieht von allein. Das ist auch so ein Aspekt der Beschäftigung mit Wirklicher Magie.«
»Wieso ist Ihr Haus eigentlich so leicht zu finden, Juffin? «
»Erstens hat jeder von uns seine Eigenheiten, und zweitens
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