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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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denn die erlaubte Magie reicht völlig, um ein, zwei Nächte durchzumachen, ohne Gesundheit oder Beruf zu schaden.
    Danach landete ich auf dem Rechten Flussufer und gelangte ins Herz der Altstadt. Auf Wohnungssuche hatten mir die engen Gassen hier besser gefallen als die breiten Alleen der Neustadt, des pulsierenden Zentrums von Echo.
    Die Mosaikgehsteige in der Straße der alten Münzen hatten ihre Farbe fast verloren, doch ihre Steinchen gefielen mir besser als die leuchtenden Platten, die auf den neuen Straßen verlegt waren. Seit jüngstem wusste ich, dass Dinge Erinnerungen haben und davon erzählen können. Juffin hatte mir beigebracht, ihr Murmeln zu hören und - wichtiger noch - in Bilder zu übersetzen. Und Geschichten hatte ich immer gemocht. In meiner Freizeit würde ich genug damit zu tun haben zu ermitteln, wovon all die Gegenstände in der Altstadt redeten.
    Mein neues Haus freute sich, mich zu sehen. Noch vor kurzem hätte ich gedacht, ich fantasiere. Aber inzwischen wusste ich, dass obskure Vorahnungen genauso glaubhaft waren wie klare Tatsachen. Jedenfalls mochten wir uns - ich und mein neues Haus. Das Gebäude war also wieder bewohnt. Sein Besitzer hatte mir erzählt, der Vormieter sei vor etwa vierzig Jahren ausgezogen, und seither seien nur ab und an die Putzfrauen gekommen.
    Ich stieg aus dem A-Mobil und trug mein Zeug ins Wohnzimmer. Wie in Echo üblich, war es fast leer. Minimalistische Inneneinrichtungen haben mir immer gefallen, doch ich hatte meinen Geschmack bisher nirgendwo entfalten können. Das Zimmer enthielt nur einen kleinen Tisch, auf dem ich meinen im Fressfass bestellten Vorratskorb absetzte, ein paar bequeme Sessel, die denen im Wohnzimmer von Sir Juffin ähnelten, und ein paar Regale. Was brauchte man auch sonst?
    Zwei Stunden ordnete ich genüsslich Bücher und Nippes und ging dann ins Schlafzimmer. Die Hälfte des riesigen Raums bedeckte ein so flaumweicher Boden, dass es kein Risiko, sondern ein Vergnügen sein dürfte, hier aus dem Bett zu fallen. Ein paar Kissen und Felle lagen als verwaistes Häuflein in der Ecke. Weiter weg befand sich eine Garderobe, in die ich einen Haufen bunter Stoffe geworfen hatte: meine hiesige Kleidung. Jeans, Pulli und Weste - meine Erinnerungsstücke also - hatte ich nach ganz unten gepackt. Neben dem Schlafzimmer lag ein kleines Bad, das für die Morgentoilette ideal war. Die übrigen Sanitäranlagen befanden sich im Keller.
    Schon war ich umgezogen und wollte weder essen noch schlafen und hatte auch keine Lust, das Haus zu verlassen und spazieren zu gehen. Stattdessen hätte ich jedem Teufel für eine Schachtel Zigaretten sofort meine Seele verkauft.
    Ich saß im Wohnzimmer, stopfte ungeschickt meine Pfeife und machte mir trübe Gedanken über mein bitteres Schicksal. In meiner Trauer tröstete mich nur der Blick nach draußen, wo eine dreistöckige Villa mit kleinen dreieckigen Fenstern und spitzem Ziegeldach stand. Wie jeder, der immer in Neubauten gelebt hat, hatte ich großen Respekt vor Altbauten. Und in Echo konnte jeder Stein Geschichten über sein Haus erzählen.
    Nachdem ich mich an der Pracht des Hauses gegenüber sattgesehen hatte, nahm ich den dritten Band der Enzyklopädie von Sir Manga Melifaro zur Hand, in dem von meinen angeblichen Landsleuten die Rede war, von den Bewohnern der Grafschaft Wuk und der Leeren Länder also. Auch ein fiktives Vaterland soll man lieben - und vor allem erforschen. Dabei dachte ich zunächst an all die bohrenden Fragen, die mir Sir Lukfi Penz bestimmt bald stellen würde. Außerdem fand ich das Buch sehr interessant. Bei Seite hundert, wo es um Nomaden ging, die aus Zerstreutheit ihr minderjähriges Stammesoberhaupt in der Steppe verloren und sich dafür verflucht hatten, schlief ich ein. Im Traum sah ich meine Version der unglaublichen Geschichte, allerdings mit Happy End: Als Erwachsener wandte sich der Verlorene an unser Amt, und Sir Juffin und ich halfen ihm, sein armes Volk ausfindig zu machen. Und zum Abschied gab Sir Lonely-Lokley ihm ein paar kurze, aber gehaltvolle Benimmregeln mit, was sein Verhalten an seiner künftigen Arbeitsstelle anging.
    Ich erwachte für meine Verhältnisse sehr früh, nämlich schon vormittags, und beschloss, mich lange und sorgfältig herauszuputzen, da ich am Abend offiziell meinen Dienst antreten würde. Dazu ging ich nach unten und legte mich nacheinander in alle drei Badewannen. Drei sind besser als eine - da beißt die Maus keinen Faden ab! Und viel hübscher

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