In nur einer Nacht (Gay-Romance) (German Edition)
London. Heilig Abend 2009.
Pünktlich wie ein Uhrwerk tauchte Nathan Gabriel Bennett auf der Schwelle zu seiner luxuriösen Penthousewohnung auf. Sie lag im sechsten Stock, mitten in der Londoner Innenstadt. Er hatte sich für sein neues Leben eine noble Wohngegend ausgesucht. Ein Viertel, in dem nur die Reichen und Schönen verkehrten. Auch er war sehr vermögend und nach dem Tod seiner Eltern vor drei Jahren zudem der Alleinerbe und Eigentümer einer gut gehenden Kreditfirma. Sein Geschäft gewährte auch sozialschwachen Familien Kredite, und das zu sehr niedrigen Zinsen. Damit hob sich seine Firma von den allgemeinen Angeboten und den oft viel zu hohen Zinsen der Banken deutlich ab. Diese Idee stammte von Nathan Bennett persönlich, der darauf äußerst stolz war. Immerhin verdiente er an den weniger betuchten Familien weitaus mehr, als je ein anderer vor ihm. Bei der derzeitig schlechten Weltwirtschaftslage benötigten diese immer Geld. Sie alle lebten im einundzwanzigsten Jahrhundert und Fortschritt hieß die Devise. Genau danach handelte der stets gut gekleidete Geschäftsmann immer und überall.
Mit seinen neunundzwanzig Jahren gehörte er zu den Topverdienern Großbritanniens und war darüber hinaus der begehrteste Junggeselle in ganz London. Seit sechs Monaten berichteten die Zeitungen mindestens einmal pro Woche über ihn und er genoss die Aufregung um seine Person in vollen Zügen. Das war auch einer der Gründe, warum er kurzerhand aus dem Herrenhaus seiner Familie ausgezogen war und seitdem im Luxus der Londoner High Society schwelgte. Diesen Schritt hatte Nathan bislang keine einzige Sekunde bereut. Er wurde auf alle großen und bedeutenden Partys und Veranstaltungen eingeladen, die er selbstverständlich alle annahm. In der Öffentlichkeit konnte er sich kaum vor Frauen retten, die ihn – den attraktiven Blonden mit den stahlblauen Augen – wie einen hormongesteuerten Bienenschwarm anhimmelten.
Doch er sah in Frauen nicht mehr als ein Mittel zum Zweck. Im Privaten bevorzugte er lieber das männliche Geschlecht. Davon hatten in der Vergangenheit auch bereits einige Männer profitiert, bis er sie von einen auf den anderen Tag einfach auf die Straße warf. Denn so klug, geschäftig und anziehend Nathan Bennett auch war, so grausam und hässlich war sein Charakter. An erster Stelle zählte er selbst, dann kam lange nichts. Anschließend folgten die Firma und das Geld. Auf seine Mitmenschen achtete er kaum, außer sie brachten ihm Vorteile und Ansehen. Genauso behandelte er auch seine Angestellten, die er mindestens einmal am Tag gründlich kontrollierte. Machte einer von ihnen einen Fehler, bekam er sofort eine Gehaltskürzung oder wurde im schlimmsten Fall ersetzt; was in den letzten Monaten mehrmals vorgekommen war.
Vor einer Stunde hatte Nathan wieder hart durchgreifen müssen. Sein fähigster Mitarbeiter Aaron Livsey verlangte über die Feiertage tatsächlich eine Lohnvorauszahlung und zusätzlich zwei Stunden früher Feierabend. Diese Unverschämtheit hatte er ihm ordentlich ausgetrieben. Da nutzte nicht einmal das Argument, dass sie früher einmal das gleiche Internat und dieselbe Klasse besucht hatten. Bis nach Weihnachten hatte er von ihm eine genaue Aufstellung der diesjährigen Bilanzen gefordert, was seinem Mitarbeiter mindestens zwei, wenn nicht sogar drei oder vier Überstunden abverlangte.
Nathan grinste breit von einem Ohr zum anderen, wenn er nur an die Gewinne des letzten Halbjahres zurückdachte. Diese waren besser als jemals zuvor. Aber jetzt erwartete ihn erst einmal sein wohlverdienter Feierabend. Er wollte den Abend genießen und das am besten mit einer Flasche gekühltem Champagner und einem guten Essen. Patric, so hieß sein neuster Liebhaber, könnte ihn sicherlich auch auf die eine oder andere Art entspannen, und die Vorfreude ließ ihn schwungvoll die Haustür öffnen.
„Patric … Pat … ich bin da!“, rief er von der Tür in die Wohnung hinein und zog seinen Wintermantel aus, welchen er mit einer geschickten Handbewegung an die Garderobe beförderte.
„Hey Pat, wo bist du? Ich habe Hunger.“ Mit großen Schritten marschierte er schnurstracks ins geräumige Wohnzimmer, von wo aus man durch die komplett verglaste Außenwand einen wunderschönen Blick auf die Themse hatte. Aber der Raum war leer. Kein Mensch weit und breit, lediglich das weiße Ledersofa begrüßte ihn mit seinem verlockend bequemen Polster und genau darauf ließ er sich ärgerlich fallen. Kaum
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