Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Echo Labyrinth 05 - Einfache Zauberdinge

Titel: Das Echo Labyrinth 05 - Einfache Zauberdinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
Vom Netzwerk:
welcher Anblick mich am Wasser erwarten würde. Als ich nah genug gekommen war, um alle Details zu erkennen, stockte mir der Atem. Das ist zu viel für mich, dachte ich. Am Strand war alles versammelt, worauf ich je ohnmächtigen, mitunter nur flüchtigen und unerklärlichen, stets aber ermüdenden Hass verspürt hatte. Ich sah unfassbar dicke Matronen in grellen Badeanzügen, die sich sonnten und dabei aus Plastikbehältern Essen in sich hineinschaufelten. Ihre dünnbeinigen Begleiter tranken mit finsterer Miene warmes Flaschenbier. Ich sah krebsrote Mädchen in schlabbernden Bikinis, die sich Blätter auf die Nase gelegt hatten, um einen drohenden Sonnenbrand zu verhindern, und ihre x-beinigen Begleiter in zu engen Badehosen. Ich sah betrunkene Teenies, finster dreinblickende ältere Männer in Jogginghose und draufgängerische Rentnerinnen.
    Plötzlich erinnerte ich mich an einen Strandurlaub mit meinen Eltern. Ich war damals höchstens fünf. Das ist ein schreckliches Alter, denn man beginnt die absurde Abhängigkeit von den Erwachsenen zu erkennen, hat dagegen aber noch keine Partisanenstrategie. Tagsüber geschah nichts Besonderes. Am Abend kehrten wir in unser Ferienhaus zurück, und ich lief in die Vorratskammer und hüllte mich in einen nach Mottenpulver riechenden Mantel. »Ich will nicht erwachsen werden! Bringt mich sofort weg von hier!«, rief ich immer wieder unter Tränen. Ich wusste nicht, an wen ich mich wandte, aber mich ekelte der Gedanke, durch das Zusammensein mit den Erwachsenen zu werden wie sie. Ich würde einen Bauch und Falten bekommen und irgendwann sterben - was sonst? Damals wusste ich noch nichts von Magie und Lojso Pondochwa.
    »Das ist ja ausgezeichnet«, sagte ich leise zu mir. »Ich weiß zwar nicht, wer sich entschlossen hat, meine wunderbare Welt mit diesem Abschaum zu vermüllen, aber nun habe ich die Gelegenheit, die ganze Sippschaft auf einen Sitz zu töten.«
    Dann roch ich die mir bekannte Mischung von Stranddüften - Schweiß, Sonnencreme, warmes Bier und gekochte Eier - und verlor alles Menschliche. Das ist keine bloße Redewendung, sondern eine kühle Feststellung der Tatsachen. Wie hätte das Wesen, das nun über den Strand tobte, noch ein Mensch sein können? Es vernichtete alles, was ihm in die Hände geriet, und fand größten Gefallen daran.
    »Das ist meine Welt, ist das klar?«, rief ich. »Hier hat alles zu sein, wie ich es wünsche. Ich will euch nicht sehen. Verschwindet, ihr Missgeburten! In die Hölle, nach Antalya oder an die Costa Brava!«
    Als ich wieder zur Besinnung kam, war alles vorbei, und ich saß allein im nassen Sand. Träge Wellen leckten an meinen Schuhen. Ich war ganz ruhig und fühlte mich sehr einsam. Was passiert war, erschien mir wie ein wirrer, aber durchaus angenehmer Traum, der mich nicht weiter beschäftigte.
    »Du kannst ganz schön aggressiv werden«, hörte ich Sir Juffin hinter meinem Rücken belustigt sagen. »Schade nur, dass unser Schatzmeister Dondi Melichais dich nicht gesehen hat. Sonst würde er dein Gehalt bestimmt verdreifachen. Du bist doch sonst so ein netter Junge, Max -
    wie konntest du dich so verwandeln? Schämst du dich gar nicht?«
    «Sollte ich das?«, fragte ich gleichgültig.
    »Eigentlich nicht«, sagte mein Chef lächelnd und setzte sich neben mich. »Was du gerade getan hast, war für dich offenbar nur eine Kleinigkeit. Also kommst du selbst mit Dämonen zurecht. Es war geradezu eine Augenweide, dir dabei zuzusehen. Jetzt musst du nur noch lernen, die zu besiegen, die hinter den Dämonen stehen.«
    »Fangen wir doch sofort damit an«, meinte ich ungerührt.
    »Sofort? Du bist ja eine richtige Kampfmaschine geworden. Ich hoffe, du bist nach dieser Benefizvorstellung nicht völlig ausgepumpt. Was du eben erlebt hast, hast du übrigens unserem Freund Gugimagon zu verdanken.«
    »Ach, war das sein Werk?«, fragte ich teilnahmslos und staunte selbst, wie kalt mich diese Nachricht ließ. In diesem Moment hätte ich selbst Lonely-Lokley ein Vorbild sein können.
    »Ich jedenfalls habe dir diese Leute nicht auf den Hals geschickt«, sagte Juffin, nahm seinen Turban ab und zog mit dem listigen Lächeln eines Zauberers aus der Provinz einen Tonkrug daraus hervor. Genau solche Krüge gab es im Fressfass.
    »Ein Schlückchen Kamra dürfte dir nicht schaden. Sag aber bitte nicht, du bräuchtest zum Trinken eine Tasse. Ich kann nämlich kein Geschirr für dich herbeizaubern. Warum starrst du mich so an, Max? Hast du wirklich

Weitere Kostenlose Bücher