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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Kopulation verweigern. Es ist gefragt, und zwar auf einem Markt, auf dem die Nachfrage größer ist als das Angebot. Das liegt daran, daß es als Morgengabe ein großes, nährstoffreiches Ei mitbringt. Ein Männchen, dem es gelingt, sich mit dem Weibchen zu paaren, gewinnt eine wertvolle Nahrungsreserve für seine Nachkommen. Das Weibchen ist potentiell in einer Position, die es ihm erlaubt, seine Interessen rücksichtslos durchzusetzen, bevor es kopuliert. Hat es jedoch erst einmal kopuliert, so hat es sein As ausgespielt – es hat sein Ei dem Männchen zur Verfügung gestellt. Nun ist es natürlich recht einfach, vom rücksichtslosen Durchsetzen von Interessen zu sprechen, aber wir wissen sehr gut, daß es nicht wirklich so ist. Gibt es irgendeine realistische Möglichkeit, wie sich durch die natürliche Auslese etwas entwickeln könnte, das dem rücksichtslosen Vertreten der eigenen Interessen entspricht? Ich werde zwei Hauptmöglichkeiten untersuchen, die Strategie der „trauten Häuslichkeit“ (domestic bliss)   und die des „Supermannes“.
    Die einfachste Version der Strategie der Häuslichkeit sieht so aus: Das Weibchen mustert die Männchen sorgfältig und versucht im voraus, Anzeichen von Treue und Häuslichkeit zu entdecken. Es muß in der männlichen Population Unterschiede in der Veranlagung zum treuen Ehemann geben. Wenn die Weibchen solche Eigenschaften im voraus entdecken könnten, könnten sie sich einen Vorteil sichern, indem sie Männchen auswählten, die diese Eigenschaften besitzen. Eine Möglichkeit, wie ein Weibchen dies tun kann, besteht darin, sich eine lange Zeit hindurch schwer erobern zu lassen, also spröde zu sein.
    Ein Männchen, das nicht genügend Geduld aufbringt, um zu warten, bis das Weibchen endlich zur Paarung bereit ist, ist wahrscheinlich kein guter Kandidat für einen treuen Ehemann. Dadurch, daß ein Weibchen auf einer langen Verlobungszeit besteht, sondert es flatterhafte Freier aus und paart sich schließlich mit einem Männchen, das seine Qualitäten an Treue und Beharrlichkeit im voraus unter Beweis gestellt hat.
    Weibliche Zurückhaltung ist in der Tat in der Tierwelt weit verbreitet, ebenso wie lange Werbe- oder Brautzeiten. Wie wir bereits gesehen haben, kann eine lange Verlobung auch für ein Männchen vorteilhaft sein, wenn die Gefahr besteht, daß es dazu verleitet wird, für die Nachkommenschaft eines anderen Männchens zu sorgen.
    Die Werbungsrituale erfordern häufig eine beträchtliche Investition durch das Männchen, die es vor der Paarung zu leisten hat. Das Weibchen verweigert beispielsweise die Kopulation, bis das Männchen ihm ein Nest gebaut hat, oder das Männchen muß es erst mit recht beachtlichen Futtermengen versorgen. Dies ist natürlich von großem unmittelbarem Vorteil für das Weibchen, aber es läßt darüber hinaus noch an eine andere mögliche Version der Strategie der Häuslichkeit denken: Könnte es sein, daß die Weibchen, bevor   sie die Kopulation gestatten, die Männchen zwingen, derart viel in ihre Nachkommen zu investieren, daß es sich für sie nicht mehr lohnt, sich nach   der Kopulation aus dem Staub zu machen? Das ist ein reizvoller Gedanke. Ein Männchen, das darauf wartet, daß sich ein abweisendes Weibchen schließlich mit ihm paart, zahlt einen Preis: Es verzichtet auf die Chance, sich mit anderen Weibchen zu paaren, und es verwendet eine Menge Zeit und Energie darauf, seiner Braut den Hof zu machen. Bis es schließlich mit einem bestimmten Weibchen kopulieren darf, wird es diesem unweigerlich stark „verbunden“ sein. Es wird kaum in Versuchung kommen, es zu verlassen, wenn es weiß, daß jedes Weibchen, dem es sich in Zukunft nähern mag, ebenfalls in der gleichen Weise zögern wird, bevor es zur Sache kommt.
    Wie ich in einem Aufsatz gezeigt habe, enthält Trivers’ Gedankengang hier einen Fehler. Er ist der Meinung, die vorausgehende Investition als solche verpflichte ein Individuum auch zu zukünftiger Investition. Das ist wirtschaftlich nicht richtig gedacht. Ein Geschäftsmann sollte niemals sagen: „Ich habe bereits so viel in die Concorde (zum Beispiel) investiert, daß ich es mir jetzt nicht leisten kann, sie zu verschrotten.“ Er sollte sich statt dessen immer fragen, ob es sich für ihn in Zukunft   auszahlen würde, seine Verluste zu mindern, indem er das Projekt jetzt aufgibt, auch wenn er bereits viel in es investiert hat. Ähnlich hat es keinen Zweck, wenn ein Weibchen seinen Bewerber zwingt, stark

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